Immobilien

Nachrage extrem hoch, Angebotsseite im Eimer Mehr Wohnungsbau? Im Gegenteil – die Lage verdüstert sich

Sehen wir mehr Wohnungsbau aufgrund der explodierenden Nachfrage? Das Gegenteil ist der Fall- die Lage verdüstert sich.

Kräne am Bau

Die EZB erhöht die Zinsen immer weiter (letzte Woche +0,50 %), und wird sie noch weiter anheben. Deswegen könnten die Bauzinsen noch weiter klettern, von 1 % Anfang 2022 auf aktuell 3,79 %, noch deutlich über 4 %? Gut möglich. Damit werden neue Projekte im Wohnungsbau für Projektentwickler noch unrentabler. Hohe Finanzierungskosten, hohe Inflation, sehr hohe Baukosten, und nun noch die Aussicht auf immer striktere staatliche Umweltauflagen, die das Bauen immer weiter verteuern. Dass der Wohnungsbau unter diesen Bedingungen eher rückläufig ist statt zu wachsen, ist gut nachvollziehbar.

Mehrere Faktoren sorgen für massiven Bedarf an mehr Wohnungsbau

Deutschland bräuchte eigentlich eine gigantische Kraftanstrengung im Wohnungsbau. Denn viele Ukraine-Flüchtlinge und Einwanderer aus anderen Ländern kommen ins Land, und jeder möchte natürlich eine Wohnung haben, verständlich. Damit wächst die Zahl der Nachfrager dramatisch schnell an, und die Mietpreise explodieren weiter! Dazu kommt noch: Häuslebauer, die eigentlich fest eingeplant hatten in ihr eigenes neues Häuschen zu ziehen, mussten zuletzt in großer Zahl den Hausbau absagen wegen untragbar hoher Zinsen – sie müssen auch erstmal nach einer Mietwohnung suchen. Dies erhöht die Anzahl der Nachfrager am Mietwohnungsmarkt umso mehr. Also: Der Wohnungsbau müsste eigentlich massiv zulegen.

Deutlich sinkender Auftragseingang im Baugewerbe

Aber es geschieht derzeit genau das Gegenteil. Heute vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Zahlen zeigen: Der reale (preisbereinigte) Auftragseingang im Bauhauptgewerbe ist im Januar 2023 gegenüber Dezember 2022 kalender- und saisonbereinigt um 5,8 % gesunken. Im Vergleich zum Vorjahresmonat Januar 2022 fiel der reale, kalenderbereinigte Auftragseingang am Bau sogar um 21,0 %. Einen größeren Rückgang zum Jahresbeginn hatte es zuletzt im Januar 2009 gegeben (-21,8 % gegenüber Januar 2008). Der nominale (nicht preisbereinigte) Auftragseingang im Baugewerbe lag im Januar 2023 mit einem Volumen von 6,6 Milliarden Euro um 5,5 % unter dem Vorjahresniveau. In der Grafik sehen wir seit 2010 die Entwicklung des Auftragseingangs im Baugewerbe. Zuletzt sehen wir den klaren Absturz.

Stimmungsindex von ZIA und IW: „Talfahrt beim Wohnungsbau geht weiter“

Der Immobilienverband ZIA und das Institut der Deutschen Wirtschaft melden heute früh als Aussage in ihrem Stimmungsindex unter anderem: „Die Signale verheißen nichts Gutes: Es wird genau das passieren, was wir verhindern wollten – beim Wohnungsbau geht es noch weiter bergab, wenn die politischen Entscheiderinnen und Entscheider nicht bald reingrätschen“. Binnen zwei Jahren werde sich ohne politische Kurskorrekturen die Zahl fehlender Wohnungen auf 1,4 Millionen erhöhen. Es brauche den Mut, die inzwischen enorme Staatsquote auf dem Gut Wohnen zu verringern.

Im Bereich Wohnen werden laut ZIA Lage und Erwartungen geringfügig besser eingeschätzt als im Winter. Das Wohnklima bleibt dabei aber mit -8,0 (+4,9) negativ, was an den weiter negativen Erwartungen liegt (-19,4). Insbesondere die zunehmenden energetischen Auflagen plus stetig steigende Baukosten sowie schwindende Zahlungsfähigkeit der Mieterinnen und Mieter würden die Ertragserwartungen belasten. Hinzu kämen Probleme in Zeiten hoher Inflation, die auf die Gewinnmargen drücken und neue Projekte unwirtschaftlich werden lassen.

Die Projektentwickler leiden laut ZIA weiterhin am stärksten unter der aktuellen Marktsituation. Die Geschäftslage wird mit -25,6 und dem vierten Rückgang in Folge so schlecht eingeschätzt wie noch nie. Ausgehend von der aktuell schlechten Ausgangslage überwiege aber der Optimismus (Erwartungen steigen um 45,6 auf 17,9 Punkte), dass sich in diesem Jahr der Markt an das neue Zinsniveau gewöhnen könnte und eine sinkende Inflation plus stabilere Rahmenbedingungen dazu führen, dass die Nachfrage nach neuen Projekten wieder zurückkommt.

FMW: Selbst wenn sich die Lage im Wohnungsbau ein wenig bessert in diesem Jahr: Es bräuchte eine gigantische Kraftanstrengung, um neue Projekte im Wohnungsbau in Einklang zu bringen mit der deutlich höheren Nachfrage nach Wohnraum. Dazu schreibt der ZIA aktuell, dass die Sonderfrage der Frühjahrserhebung diesmal den geplanten Investitionen in Neubau und Modernisierungen galt. 45,7 Prozent der Immobilienunternehmen wollen demnach im laufenden Jahr weniger, 26,2 Prozent wollen mehr als im Jahr 2022 investieren. Und wie kann das schwache Investitionsklima beim Wohnungsbau verbessert werden? Die Unternehmen glauben laut ZIA, dass dies am besten durch Beschleunigen von Planungs- und Genehmigungsverfahren (29,5 Prozent) und Aufstocken bestehender Bundesförderprogramme (25,7 Prozent) gelingen kann. Gerade diese Signale belegen laut ZIA: „Der Staat sitzt am Hebel, wenn es darum geht, endlich wieder Schwung in den Immobilienmarkt zu bringen“.

FMW: Aber man sieht ja: Die grüne Welle (Thema Heizungen, Isolierung von Häusern etc) dürfte die Kosten am Immobilienmarkt weiter deutlich erhöhen, und das Investitionsklima zusätzlich belasten. Wie soll da die große Euphorie beim Wohnungsbau ausbrechen, zumal die EZB die Zinsen noch weiter anheben will (Leitzins jetzt 3,5 %), und angekündigt hat sie dann erstmal einige Zeit auf hohem Niveau zu belassen?



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4 Kommentare

  1. Wie wäre es denn mit einem „Dreifachwumms“ und weitere hunderte von Milliarden „Sondervermögen“ aus der Zukunft leihen?
    Dann könnten die zukünftigen Deutschen doch gleich in eine zumindest der Grundsicherung entsprechenden Wohnung einziehen, könnten ihre Familie nachholen, und müssten nicht in provisorische Unterkünfte am Dorfrand hausen.
    Wer diese bunte Welt möchte, muss auch für die notwendigen Wohnungen sorgen.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  2. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Die Wohnungswirtschaft klagt doch immer über einen angeblichen Fachkräfte- Mangel. Wenn jetzt die Bauwirtschaft massiv in Insolvenz geht, wird doch viel Personal freigesetzt.

    So geht Marktwirtschaft! Marktwirtschaft ist nicht,ständig mit 0 – Zinsen ,eine völlig aufgeblähte Wirtschaft zu betreiben( Zombie- Wirtschaft!) ,sondern zu marktgerechten Zinsen, oberhalb von 5 Prozent auch noch ein auskömmlich zu arbeiten, so wie früher, da ging’s ja auch!
    Eine längst überfällige Marktbereinigung tut Not !

  3. Eine Aufstockung der Bundesförderungsprogramme, die nur einen sehr geringen Teil der Baukosten abdecken, ist blanke Ilusion. Die Bau- und Grundkosten sind durch unsere unfähigen und ideologisierten Politiker künstlich in die Höhe geschraubt worden.
    Bei der Bauplanung und Ausweisung von Bauland mischen mit: über 10 000 Bundesbaugesetze und – Verordnungen, die Landesregierung, die Bezirksregierung, das Landratsamt, der Stadt- oder Gemeinderat, der Bund Naturschutz, Wasserschutzbehörden, Vogelschutzverbände, grüne NGOs zur Verkehrsverhinderung, Bürgerproteste – die Anwohner wollen nicht gestört werden. Dass sich alle selber ins Knie schießen zur Freude der Immobilienbesitzer, hat sich noch nicht herumgesprochen.

    1. @Dagoberti: Das hat sich schon herum gesprochen, ist aber in einem dichtbesiedelten Land nicht ohne ernste qualitative Einschränkung änderbar. Letztendlich dienen die Regeln der Einhaltung von Schutzzielen, also Vermeidung von langfristigen Schäden. Das die Ziele oft konträr zueinander liegen, braucht nicht extra erwähnt zu werden. Leider wurde nicht erwähnt, dass sich das Thema zu einem echten Wettbewerbsnachteil entwickeln wird. In einer stark vernetzten Welt wird der Standort unwichtiger oder ist einfacher austauschbar.

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