Devisen

Yen-Carry-Trade vor Comeback: Takaichi verändert jetzt alles

Yen-Carry-Trade vor Comeback: Takaichi verändert jetzt alles
Japanische Banknoten. Fotograf: Akio Kon/Bloomberg

Der Yen-Carry-Trade erlebt ein Comeback – befeuert durch den Wahlsieg von Sanae Takaichi, die mit ihrer stimulierungsfreundlichen Haltung die Märkte in Aufruhr versetzt. Während die Bank of Japan (BOJ) unter Druck steht, ihren Kurs der geldpolitischen Straffung zu überdenken, wetten Anleger auf eine langsamere Zinserhöhung – und auf eine neue Ära lukrativer Geschäfte mit dem schwächelnden Yen.

Yen-Carry-Trade vor Comeback

Der sogenannte Yen-Carry-Trade steht wieder im Fokus, nachdem der Wahlsieg von Takaichi die Finanzmärkte durchgeschüttelt hat. Laut einem Bloomberg-Bericht erlebt der einst beliebte Währungshandel gegen den Yen möglicherweise ein Comeback, da die fast sichere Ernennung von Sanae Takaichi zur japanischen Premierministerin die Aussicht auf langsamere Zinserhöhungen erhöht.

Die japanische Währung verlor am Montag gegenüber allen wichtigen Währungen an Wert. Grund dafür war die Erwartung der Anleger, dass Takaichis stimulierungsfreundliche Haltung zu einer langsameren Straffung der Geldpolitik durch die Bank of Japan führen würde. Damit steht auch eine Ausweitung der Schuldenblase im Raum, was den Goldpreis am Montag abermals auf ein Rekordhoch trieb.

Verzögerte Zinserhöhungen könnten Händler dazu verleiten, zu einer Strategie zurückzukehren, die als Carry Trade bekannt ist: Sie leihen sich den niedrig verzinslichen Yen und kaufen Währungen wie den brasilianischen Real oder den australischen Dollar, die höhere Renditen bieten.

„Der Markt dürfte zu dem Schluss kommen, dass der Yen-Carry-Trade kurzfristig wieder aktuell ist”, sagte Jane Foley, Leiterin der Devisenstrategie bei der Rabobank.

Yen fällt nach Sieg von Takaichi

Langsamere Zinserhöhung

Das Wahlergebnis ließ den Yen am Montag gegenüber dem Dollar um bis zu 2 % einbrechen, während Anleihen aufgrund der Befürchtung, Takaichi könnte die Staatsausgaben erhöhen und die Inflation anheizen, ebenfalls einbrachen. Zudem haben viele Marktteilnehmer darauf hingewiesen, dass Takaichi die Zinserhöhungen der BOJ zuvor kritisiert hat und sich nach ihrem Amtsantritt für eine langsamere Straffung der Geldpolitik einsetzen könnte.

Etsuro Honda, der Takaichi in wirtschaftspolitischen Fragen berät, sagte am Montag, dass eine Zinserhöhung durch die BOJ in diesem Monat wahrscheinlich zu früh nach der Regierungsbildung käme und besser im Dezember erfolgen sollte.

All dies hat die Händler dazu veranlasst, ihre Wetten auf eine Straffung der Geldpolitik zu reduzieren: Swaps sehen nun eine Wahrscheinlichkeit von 19 % für eine Zinserhöhung bei der Sitzung der BOJ am 30. Oktober – im Vorfeld der Führungswahl waren es noch etwa 57 %. Sollte die BOJ beschließen, die Anhebung des Leitzinses von 0,5 %, der bereits zu den niedrigsten weltweit zählt, langsamer anzugehen, würde dies potenzielle Carry-Trader darin bestärken, dass der Yen eine günstige Finanzierungsquelle bleibt.

Yen unter Druck

Masayuki Nakajima, Senior-Währungsstratege bei der Mizuho Bank in London, gehört zu denen, die eine gute Chance sehen, dass sich der Verkauf des Yen beschleunigen wird. Die Währung könnte durchaus in Richtung 180 pro Euro fallen, nachdem sie am Montag ein Rekordtief erreicht hat. Auch gegenüber anderen asiatischen Währungen könnte sie unter Druck geraten, so Nakajima.

„Wenn Takaichi weiterhin argumentiert, dass ein schwacher Yen keine negativen Auswirkungen auf die japanische Wirtschaft haben wird, und an ihrer Position festhält, dass die BOJ die Zinsen nicht anheben sollte, könnte der Carry Trade wieder aufgenommen werden und der Yen könnte insgesamt schwächer werden”, sagte Nakajima.

Die Strategen der Deutschen Bank AG gaben bekannt, dass sie beschlossen haben, ihre bullische Yen-Position zu schließen, da „angesichts der politischen Überraschung derzeit positive Katalysatoren zu fehlen scheinen”.

Die Strategen von Bloomberg sagen: „Die diesjährige Situation erinnert an das Umfeld Mitte der 2000er Jahre, ein goldenes Zeitalter des FX-Carry.“ – Cameron Crise, Stratege bei Markets Live

Die letzten Wochen waren für Carry-Trader profitabel, da sie von der geringen Volatilität an den Devisenmärkten profitierten. Aber Carry-Trades mit Yen-Finanzierung haben sich laut Bloomberg-Daten als besonders lukrativ erwiesen. Wer beispielsweise den Yen gegen den kolumbianischen Peso verkauft hat, hätte im letzten Monat Gewinne von mehr als 5 % erzielt, verglichen mit etwas mehr als 3 % für den Schweizer Franken – eine weitere beliebte Finanzierungswährung.

Bank of Japan im Fokus

Die implizite Volatilität des Dollar-Yen-Kurses ist innerhalb eines Monats um über 40 % gefallen und erreichte im September den niedrigsten Stand seit über einem Jahr.

In den kommenden Wochen werden die Händler die Reden der Zinsentscheider der BOJ aufmerksam verfolgen, um Hinweise auf eine Verlangsamung des Kurses der geldpolitischen Straffung zu erhalten. Erik Nelson, Makrostratege bei der Wells Fargo Bank in London, hält es jedoch für unwahrscheinlich, dass die BOJ ihren Kurs ändern wird.

„Die BOJ wusste, dass diese Wahl bevorstand, und gab dennoch eine recht entschlossene Prognose ab, dass weitere Zinserhöhungen bevorstehen, und zwar bald“, sagte Nelson. „Wenn sie in den bevorstehenden Reden ihrer Vertreter nur sehr zurückhaltende Prognosen abgibt, würde dies angesichts der nach wie vor attraktiven Carry-Trades die JPY-Shorts ermutigen. Aber ich bin skeptisch, dass die BOJ ihre Haltung so schnell ändern wird.“

Die implizite Volatilität des Yen bleibt deutlich unter den bisherigen Höchstständen

Investoren haben bereits in der Vergangenheit unter Yen-Carry-Trades gelitten. Ein aktuelles Beispiel ist der Juli 2024, als die BOJ ihren Leitzins angehoben und Pläne zur Halbierung der Anleihekäufe bekannt gegeben hat. Als der Yen in die Höhe schoss, gingen Schockwellen um die Welt, die höher verzinsliche Währungen und Aktien trafen. Der Nikkei 225 brach an diesem Tag um knapp zehn Prozent ein.

Vorerst dürfte jedoch die Schwäche des Yen ausreichen, um die Attraktivität von Carry-Trades aufrechtzuerhalten.

„Der Yen-Carry-Trade bleibt vorerst attraktiv“, sagte Shusuke Yamada, Chefstratege für Devisen und Zinsen bei BofA Securities, in einem Interview mit Bloomberg TV. „Wir gehen davon aus, dass der Dollar-Yen bis zum Jahresende auf 155 steigen wird. Der Markt muss noch stärker die politische Haltung von Takaichi berücksichtigen.“

FMW/Bloomberg



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage