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Zahlungsverzögerungen nehmen zu – und Gastro kämpft ums Überleben

Zahlungsverzögerungen in der Gastronomie dürften stark zunehmen

Die Zahlungsverzögerungen zwischen Unternehmen nehmen zu. Zwar nur ganz leicht, aber sie nehmen zu. Laut der Wirtschaftsauskunftei Creditreform lag die durchschnittliche Verzugsdauer der untersuchten 3,5 Millionen Rechnungsbelege im 1. Halbjahr 2020 bei 10,82 Tagen. Das ist ein Plus von 0,13 Tagen im Vergleich zum 2. Halbjahr 2019. Stark betroffen seien Chemieindustrie und die Grundstoffbranche. Das Logistikgewerbe hat die Gläubiger dagegen weniger belastet und weist geringere Zahlungsverzögerungen auf.

Man darf annehmen, dass diese zunehmenden Zahlungsverzögerungen nur der Anfang sind. Denn viele Unternehmen haben zum Anfang der Coronakrise Zuschüsse erhalten, und auch zinsgünstige Kredite. Aber viele ahnen wohl, dass man davon nicht mehr ewig leben kann, und dass die nun wieder ansteigenden Umsätze die finanziellen Probleme nicht wirklich lösen werden. Also dehnt man die Abstände zwischen Rechnungserhalt und Überweisung aus?

Und noch ein zweiter Grund dürfte zu nennen sein, warum die Zahlungsverzögerungen bei Unternehmen zunehmen, und wohl noch weiter zunehmen werden. Denn bis Ende September ist die Pflicht für kaputte Unternehmen Insolvenz anmelden zu müssen, ausgesetzt. Der Gesetzgeber wird diese Aussetzung höchstwahrscheinlich bald bis März 2021 verlängern – oder wenn es nach der CDU geht, wohl bis Ende Dezember 2020. Was auf den ersten Blick eine gute Sache im Sinne der Unternehmen ist, die sich durch die Coronakrise retten wollen, erweist sich bei genauerem Hinsehen als zunehmend großes Problem. Denn immer wenn der Staat etwas (im guten Glauben) künstlich verzerrt, entstehen Probleme. Auf dem Papier noch nicht insolvente Kunden zögern Zahlungen wohl immer weiter hinaus.

Und der Lieferant kann immer schwieriger einschätzen, welcher Kunde eigentlich noch gesund ist, und welcher eigentlich schon längst insolvent ist. Denn dank der Aussetzung der Insolvenzpflicht kann man derzeit ja nicht erkennen, ob ein Betrieb längst am Ende ist. Also wird die Vorsicht der Lieferanten wohl weiter zunehmen. Das erklärt auch folgende Aussage der Creditreform. Zitat:

Die durchschnittliche Forderungslaufzeit lag in den ersten sechs Monaten (42,88 Tage) leicht unter dem Vorjahreswert (43,11 Tage). Diese Zahl verdeutlicht, dass im Schnitt rund 1,5 Monate vergehen, bis der Erbringer einer Leistung sein Geld erhält. Sie setzt sich aus dem Zahlungsziel und einem eventuellen Zahlungsverzug zusammen. In den zurückliegenden Monaten hat die Kürzung der Zahlungsziele durch die Lieferanten von 32,33 (1. Halbjahr 2019) auf 32,06 Tage (1. Halbjahr 2020) einen Anstieg der Außenstandsdauer verhindert.

Gastronomie vor dem Kollaps

Dass die Zahlungsverzögerungen stark zunehmen werden, das darf erwartet werden. Denn man schaue dazu nur auf die ganz frische Meldung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA). Demnach kämpfe das Gastgewerbe in Deutschland ums Überleben. Auch hier kann man sagen: Es gab Zuschüsse und Kredite, das reichte einige Monate um gerade noch liquide zu bleiben. Aber jetzt? Fast 60 Prozent der vom DEHOGA befragten Betriebe sehen sich in ihrer Existenz gefährdet. Hier auszugsweise Aussagen des DEHOGA im Wortlaut:

Um Arbeitsplätze und Betriebe zu retten und eine Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes zu verhindern, fordert der DEHOGA eine Verlängerung der Kurzarbeitergeld-Regelung, die Entfristung der Mehrwertsteuersenkung mit Einbeziehung der Getränke, eine Verlängerung der Überbrückungshilfen sowie eine gesetzliche Regelung zur coronabedingten Pachtminderung. „Denn die Krise ist noch längst nicht vorbei“, so Guido Zöllick. „Die Angst vor dem Winter ist groß.“

Von Januar bis Juli beklagen die Betriebe laut der aktuellen DEHOGA-Umfrage durchschnittliche Umsatzverluste in Höhe von 60,1 Prozent. Dabei betrugen die Einbußen im März bereits 63,0 Prozent, im April dramatische 86,8 Prozent, im Mai 73,7 Prozent, im Juni 52,2 Prozent und im Juli 43,2 Prozent. Bezogen auf das Gesamtjahr rechnen die Betriebe mit einem Umsatzrückgang im Schnitt von mindestens 51,0 Prozent. Ein Grund für die Umsatzverluste sind auch die coronabedingten Vorschriften. Aufgrund der Abstandsgebote ist die Kapazität der Betriebe um durchschnittlich 42,0 Prozent eingeschränkt.



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