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Zinsen: Warum auch wir jetzt in der Japan-Falle sitzen

Doch diese Zahlen stammen aus der Zeit vor Corona. Allein für die USA wird von den Analysten der Deutschen Bank Global Research mit einem Staatsdefizit für das Fiskaljahr 2019/2020 in Höhe von 13 Prozent gerechnet. Damit explodiert die Staatsverschuldung von aktuell 106,8 Prozent in Richtung 120 Prozent. Das laufende US-Fiskaljahr endet bereits am 30. September 2020. Wie hoch die Staatsverschuldungen in Italien, Spanien oder Frankreich steigen werden, darüber liegen noch keine Schätzungen vor. Aber es ist davon auszugehen, dass durch Mehrausgaben für Stützungsprogramme, Mindereinnahmen aus Steuern und das rückläufige BIP die Schuldenquoten ebenfalls binnen kürzester Zeit im zweistelligen Bereich nach oben schießen werden.

Steigende Zinsen erst wieder nach der Auflösung der Euro-Zone

Damit sind für die Eurozone die Null- und Negativzinsen bis auf Weiteres zementiert. Deutschland steht mit einer aktuellen Schuldenquote von 62 Prozent im internationalen und europäischen Vergleich sehr gut da. Auch wenn die Verschuldung gemessen am deutschen BIP nach der Krise wegen teurer Hilfsprogramme, wegbrechender Einnahmen und eines geringere BIP auf ca. 80 Prozent ansteigen sollte. Doch auch Deutschland hat sich mit der Immobilienblase in seinen Ballungszentren, wie München, Frankfurt, Hamburg und Berlin abhängig gemacht von extrem niedrigen Refinanzierungskosten. Da die EZB ihre Zinspolitik ohnehin an der gesamten überschuldeten Eurozone ausrichten muss und damit am schwächsten Glied der Kette, dürfen Sparer hierzulande nicht auf wieder steigende Zinsen hoffen, solange die Eurozone mit ihrer Gemeinschaftswährung existiert.

Fazit

Japan schafft es seit dem Beginn der neunziger Jahre, sich mit Zinsen um und unter null trotz Weltrekordschulden durchzulavieren. Nur in den Boomjahren 2000 und 2006/2007 hat man kleine Zinswenden versucht, die aber nie über das Niveau von 0,5 Prozent hinauskamen. Aktuell liegt der japanische Leitzins wie in der Eurozone bei -0,1 Prozent, in den USA bei effektiv 0,05 Prozent. Daran wird sich auch nach dem Ende der Corona-Pandemie nach oben nichts ändern, ebenso wenig wie 30 Jahre nach dem Platzen der Immobilienblase in Japan. Bevor Sparer in Deutschland wieder von Zinsen jenseits der Inflationsrate träumen dürfen, steht noch eine unschöne Zäsur ins Haus: die Auflösung der Eurozone mit all ihren ökonomischen, gesellschaftlichen und sozialen Verwerfungen.



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5 Kommentare

  1. Warum kann das Japanische Modell nicht auch bei uns funktionieren? Den Menschen dort geht es gut, die Inflation hält sich in Grenzen und alle sind happy, oder?

    1. Ja genau! Das Einkommen hat sich in den letzten 30 Jahren massiv reduziert, die Jungen bekommen keine Kinder weil sie es sich nicht leisten können, das japanische Volk ist das Älteste weltweit und man betreibt auf diesem Weg einen Genozid an der eigenen Bevölkerung.
      Tolle Entwicklung und sehr zur Nachahmung empfohlen!

    2. „Kritisch in Fire“ erwähnt das korrekt. Das japanische Modell funktioniert eben nicht. Die Realeinkommen fallen dort seit 20 Jahren um etwa 1% pro Jahr, was bedeutet das die Haushalte dort bereits ein Fünftel ihres Einkommens verloren haben.
      Rente existiert dort faktisch nicht mehr, so dass die Alten so lange arbeiten müssen wie es irgendwie noch geht. Hier kann man einer Volkswirtschaft beim eigenen Untergang in Zeitlupe zuschauen.

      1. Na gut, vielleicht geht es nicht allen gut. Aber immerhin wird das bestehende System am Leben erhalten. Sprich: das System funktioniert. Das ist ja das, worauf unsere Entscheidungsträger vermutlich auch hinauswollen. Ob das für die breite Masse nun gut ist oder nicht, steht ja gar nicht zur Debatte. Unsere „Spezialisten“ (Krall, Müller, Friedrich, etc.) sehen ja alle in absehbarer Zeit das Ende des jetzigen Systems voraus. In Japan sieht man, wie lange der Kollaps noch hinausgezögert werden kann, ganz ohne Revolution. Die Bevölkerung nimmt diese allmählichen kleinen Veränderungen nicht wahr und wird deshalb auch nicht auf die Straße gehen.

  2. Der grosse Unterschied, Japan ist zum grossen Teil im eigenen Land in eigener Währung verschuldet.
    Das wäre wie wenn die Jungen bei ihren Eltern Schulden hätten, bleibt also in der Familie. Habe das schon mehrmals gelesen u.eben wieder im Radio gehört. Der FMW – Spezialist W. Müller könnte das sicher mit Fakten belegen.
    Und trotzdem, die Japser-Börse hat nie mehr annähernd den 1990 er Stand erreicht.

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