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Zinspolitik: Betriebsrenten geraten unter Wasser

Betriebsrenten sind ein wichtiger Baustein der Altersvorsorge

Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zu diesem Ergebnis im Stresstest bei den Betriebsrenten kommen würde. Schließlich dauert die Niedrigzinsphase jetzt schon mehrere Jahre und der Anleihemarkt ist nun mal aus gesetzlichen Bestimmungen das Hauptanlagevehikel der betrieblichen Altersvorsorge. Es drohen empfindliche Einbußen – so die Botschaft der Europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA nach dem letzten Stresstest.

Ergebnisse des jüngsten Stresstests – ein Problem für Betriebsrenten

Die Experten der Versicherungsaufsicht haben berechnet, wie die Portfolien der Pensionsfonds und Pensionskassen auf einen Zinsschock oder plötzliche Schwankungen an den Aktienmärkten reagieren würden. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass bei starken Schwankungen in den 176 größten Betriebsrenten-Portfolios (in Europa) bis zu 216 Milliarden Euro fehlen könnten. Nach Berechnungen der EIOPA würde ein Marktschock in den Töpfen Werte von 270 Milliarden Euro und damit fast ein Viertel der kompletten Kapitalanlagen auslöschen.

Immerhin hat auch jeder zweite Angestellte in Deutschland eine Betriebsrente, die man zwar nicht so einfach kürzen könnte, aber bei freiwilligen Leistungen drohen dennoch erhebliche Einbußen. Die Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die Pensionsansprüche gewährt haben, müssten im Falle von Marktstress zudem viele Milliarden Euro frisches Geld nachschießen, was sie selbst in Schwierigkeiten bringen könne, so die EIOPA.

Der Schock im Jahr 2018

Die Träger der betrieblichen Altersvorsorge sind insbesondere in langfristigen festverzinslichen und sicheren Wertpapieren investiert, aber auch in schwankenden Aktienanlagen. Das gerade durchgespielte Stress-Szenario hatte im Vorjahr schon eine Vorlage. Im letzten Quartal 2018 wurden die Portfolios der Rentenkassen richtig in Mitleidenschaft gezogen. Damals gab es nicht nur den heftigen Aktieneinbruch, auch an den Anleihemärkten kam es gleichzeitig zu einem kräftigen Zinsanstieg mit fallenden Kursen bei den Festverzinslichen. Folge: Von den rund 130 Pensionskassen im Land stehen 31 unter intensivierter Aufsicht der Bafin.

Langfristeffekte der Niedrigzinsen für die Betriebsrenten

Die Träger der Betriebsrenten investieren, wie viele der Versicherer, in langfristige festverzinsliche Wertpapiere. So stecken drei Viertel der Vorsorgemilliarden in Anleihen, die kaum mehr Rendite bringen. Die Aktienquote liegt bei niedrigen elf Prozent, bedingt auch durch strenge Regularien. Damit werden die Betriebsrenten für die Unternehmen von zwei Entwicklungen in die Zange genommen: Da ist zum einen das niedrige Zinsniveau, welches wahrscheinlich noch für Jahre für sehr geringe Renditen sorgen wird – und zum anderen werden die Menschen immer älter und beziehen länger ihre Rente. Was folgt daraus? Die Firmen werden entweder die freiwilligen Zusagen an ihre Mitarbeiter kürzen oder aber in Zukunft mehr Geld für die Betriebsrenten einzahlen müssen.

Die Kapitallücken der Dax-Unternehmen

Zu welchen Problemen dies führen kann, zeigt eine Übersicht über die Rentenlücke bei unseren Dax-Konzernen, bei denen sich eine Rentenlücke von 111 Milliarden Euro auftut. Weit an der Spitze steht ausgerechnet der Konzern Volkswagen, der mit seinem Dieselskandal schon 30 Milliarden Euro in den „Sand gesetzt hat“, mit einem Loch von 33 Milliarden Euro an ungedeckten Pensionsverpflichtungen. Dahinter folgen:

Allianz mit 8,9 Milliarden Euro
Bayer 8,4 Milliarden Euro
BASF 7,4 Milliarden Euro
Siemens 7,2 Milliarden Euro

Schlussfolgerung der EIOPA

EIOPA-Chef Gabriel Bernardino sprach in seiner wichtigsten Schlussfolgerungen aus dem Stresstest von der Notwendigkeit einer größeren Diversifikation der Kapitalanlagen bei den Pensionsfonds. Zur Vermeidung von Branchenrisiken oder auch aus geographischer Sicht. Kommt es doch irgendwann zu einer Änderung der Anlagerichtlinien, wie es Börsenurgestein Gottfried Heller schon ins Spiel gebracht hat – durch eine Erhöhung der Aktienquote, wie es auch schon der norwegische Staatsfonds gemacht hat? Ein schrecklicher Gedanke für so manchen Aktiengegner. Derzeit noch nicht vorstellbar, denn wir haben einen Finanzminister, der seine Ersparnisse aus seinem Staatsgehalt nach eigenen Bekundungen im Geldmarkt anlegt, gleichzeitig die Aktienanlage – vornehmlich für den kleinen Aktiensparer – mittels einer Transaktionssteuer unattraktiver machen will.

Fazit

Wie schon öfters angedeutet: Nicht nur der kleine Sparer leidet unter den nicht mehr vorhandenen Sparzinsen, auch das ganze Vorsorge – wie auch Versicherungssystem gerät in heftige Schwierigkeiten. Unsere Marktwirtschaft verträgt auf Dauer keine Negativzinsen. Das hat man in Schweden jüngst erkannt, wann reagiert die EZB?

Wobei insgesamt betrachtet das System schon in eine prekäre Lage manövriert wurde. Die Kapitalsammelstellen, die sich auf Festverzinsliche stützen müssen, brauchen höhere Zinsen für Neuanlagen, leiden aber gleichzeitig bei einem Zinsanstieg unter den Kursverlusten der letzten Niedrigzinsanlagen. Die vielen „Zombiefirmen“ hingegen, würden allergisch (oder toxisch) auf höhere Zinsen und damit höhere Kapitalkosten reagieren. Es ist schon ein kleines Dilemma entstanden, durch die so genannte „finanzielle Repression“, die die Staatsfinanzen (vieler EU-Länder) sanieren sollte, aber gleichzeitig erhebliche Nebenwirkungen auf den Vorsorgemärkten zeitigt.



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8 Kommentare

  1. Und da wird immer über die Crash-Propheten gelästert. Unser Finanzsystem steht unverkennbar vor dem Zusammenbruch. Die Grundlagen unseres gesamten Altersversorgungssystems sind ausgehebelt und es wird kollabieren. Die Notenbanken können hier nichts ausrichten. Alle die glauben, es wird schon irgendwie werden, sind wirklich sehr naiv.

    1. @Hesterberg

      Was heißt „vor dem Zusammenbruch“? 3…20…100 Jahre vor…? Auch 2000 Jahre ist vor…
      Etwas genauer wäre schön.
      Nichts für ungut, aber irgendwie erinnern Sie mich an das Orakel von Delphi.
      Dagegen sind die ausgewogenen Analysen von @Wolfgang Müller eine Wohltat, für mich wenigstens.

      1. @Columbo
        Wollten Sie nicht andere Teilnehmer hier mit Ihren Unterkommentaren beglücken und mich in Ruhe lassen? Sie laufen mir ja nach wie ein Hündchen.

      2. Es ist nicht sinnvoll, mit unseriös herausgekitzelten Termindaten – welche vorab niemand wissen kann – jemanden direkt an die Wand pinnen zu wollen. Bekanntermaßen eine leider mittlerweile onimöse Gesprächstaktik.

        1. @joah
          Vor allem, wenn der Deal überhaupt nicht zu Stande kommt!

          1. @joah und an den Troll !
            Dieser Satz ist nicht von mir. Aber zielt vom Troll auf meine Haltung zum Deal ab.
            @Troll ! Hast Du keine eigene Meinung ?? Echt schwach 🤮

          2. @Dorinella, das macht er mit jedem so: Name klauen oder leicht abändern, dämliche Kurz-Kommentare ohne tieferen Sinn absetzen. Am besten ignorieren und/oder an Herrn Fugmann melden, die Mailadresse hat er Ihnen ja bereits mitgeteilt…

          3. Ein einsamer und verzweifelter Geist treibt in den Tiefen digitaler Ozeane sein Unwesen. Noch nicht einmal den ersten Weihnachtsfeiertag konnte er in seiner Verzweiflung überstehen, ohne Freude in der Provokation anderer zu finden. Ein Nichts ist er, sich seines Nihilismus und seiner existenziellen Sinnlosigkeit sowohl bewusst, wie auch zugleich erfolgreich leugnend. Ihm ein schlechtes und erfolgloses neues Trolljahr und einen Funken Verstand in 2020 🤯

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