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Zölle – richtig spannend wird es am Sonntag

Am Ende dieser Woche wird sich entscheiden, ob die Trump-Administration die US-Wirtschaft endgültig vom Wachstumspfad durch eine weitere Anhebung der Zölle stößt oder sich gezwungen sieht, in Sachen Handelskrieg mit China zumindest teilweise zu kapitulieren.

Die totale Verwirrung bei den Zöllen

Für die Märkte kristallisiert sich gerade eine klassische Coinflip Situation heraus mit signifikantem Volatilitätsrisiko. Setzt die Trump-Administration tatsächlich am Sonntag, den 1. September die in einem wütenden Tweet vom US-Präsidenten angekündigten neuen Zölle in Kraft?

Vor allem fragt sich der Markt, was denn in Sachen Zölle nun gilt? Vor dem letzten Freitag war der Stand der Dinge, dass am kommenden Sonntag zusätzliche Strafzölle gegen China in Höhe von 10 Prozent auf ein jährliches Importvolumen von ca. 200 Mrd. US$ erhoben werden. Die Zölle auf die restlichen 100 Mrd. US$ Importvolumen sollten mit Rücksicht auf das US-Weihnachtsgeschäft für bestimmte Konsumgütergruppen, wie z. B. Smartphones, auf den 15. Dezember verschoben werden.

Nun aber twitterte Trump am vergangenen Freitag als Reaktion auf Gegenzölle Chinas etwas ganz anderes: Ab Sonntag sollen die gesamten noch ausstehenden 300 Mrd. US$ chinesischer Importe verzollt werden, und zwar mit 15 statt bisher geplanten 10 Prozent. Zusätzlich sollen ab 1. Oktober chinesische Importe im Volumen von 250 Mrd. US$ mit 30 statt bisher 25 Prozent verzollt werden.

War das nur eine wütende Spontanreaktion Trumps auf die Reaktion der Chinesen? Die kündigten nämlich am Morgen des Freitags Rachezölle in Höhe von zunächst 5 Prozent auf insgesamt 5.000 US-Produkte zum 1. September an (u. a. Sojabohnen, Rohöl, Kleinflugzeuge, Autos und Autoteile). Betroffen sein wird dabei ein Gesamtvolumen von 75 Mrd. US$ jährlicher US-Importe sowie zusätzlich eine Anhebung der Zölle auf Autos und Autoteile auf 25 Prozent ab 15. Dezember.

Die Konfusion an den Märkten ist perfekt und keiner weiß so richtig, was kommt? Ist die Verschiebung der Strafzölle auf besonders für das Weihnachtsgeschäft so wichtige Konsumgüter aus China damit obsolet? Hat sich Trump schlicht vertwittert? Oder hat er schon vergessen, dass er auf Druck der US-Einzelhändler wie Walmart & Co. einen Teil der Zölle verschoben hat? Immerhin kommen laut Schätzungen von Experten zwischen 70 bis 90 Prozent der bei US-Einzelhändlern angebotenen Waren des Non-Food-Sektors aus China. Das Weiße Haus hat sich zur Klärung dieses enorm wichtigen Sachverhalts noch nicht geäußert. Die Verwirrung und Unwägbarkeiten sind damit groß.

All-In oder Fold

Bereits jetzt bedeuten die Zölle auf chinesische Importe eine Mehrbelastung von ca. 1.200 US$ pro Familie in den USA. Aber die geplanten Zölle ab September betreffen auch die bisher bewusst ausgesparten Konsumgüter. Damit würde das Rückgrat der US-Wirtschaft angegriffen. Es wirkt, als wäre Trump emotional übers Ziel hinausgeschossen. Im Pokerjargon spricht man von Blow-Up, bei dem der Spieler in einem hyperaggressiven Spielzug einen aussichtslosen All-In-Bluff platziert.

Kommt noch vor dem Wochenende der Rückzieher, dann explodieren die Aktienmärkte. Zieht Trump hingegen den Bluff durch, dann dürfte der September seinem Ruf als Crash-Monat erneut gerecht werden, wenn sich die Fed weigert zu helfen.

Fazit

Eines lehrt die Erfahrung im aktuellen Handelskrieg: Sind Zölle vonseiten der Trump-Administration erst einmal etabliert, bleiben sie auch in Kraft. Zwar wurde im Laufe der Auseinandersetzung schon mehrfach aus taktischen Überlegungen heraus die Einführung oder Aufstockung von Zöllen verschoben, aber alle bisher eingeführten Strafzölle sind nach wie vor in Kraft (so viel zum Thema Waffenstillstand).

Wirtschaftlich wäre eine nochmalige tatsächliche Eskalation für die USA der sichere Weg in den Abschwung. Die brüchige Säule Konsum, gestemmt durch einen ohnehin schon schuldengestressten Verbraucher, würde dann sukzessive wegbrechen. Es bleibt enorm spannend.

Werden die Zölle am 01.September erhöht?



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