Temu, die chinesische E-Commerce-Plattform, hat sich mit günstigen Preisen und aggressivem Marketing in Rekordzeit einen Platz auf dem globalen Markt erobert. Doch der Aufstieg des Online-Riesen stößt zunehmend auf Widerstand. Die G7-Staaten diskutieren Maßnahmen gegen Temus Nutzung von De-Minimis-Regeln, während Südkorea die Plattform mit einer saftigen Strafe wegen Datenschutzverstößen belegt hat. Für Temu wird der internationale Markt zum Minenfeld, und die Frage ist, ob das Geschäftsmodell des Billiganbieters diesen Prüfungen standhält.
G7 nimmt Temu ins Visier: De-Minimis-Regel auf dem Prüfstand
Die Finanzminister der G7 diskutieren über gemeinsame Tarife auf niedrigpreisige chinesische Importe, die über De-Minimis-Regeln in ihre Märkte gelangen. Diese Regeln erlauben es, Waren unter einem bestimmten Wert zollfrei einzuführen, was Temu nutzt, um günstige Produkte direkt an Verbraucher zu liefern, ohne die üblichen Einfuhrzölle zu zahlen. Kanadas Finanzminister François-Philippe Champagne betonte: „Wir müssen gleiche Wettbewerbsbedingungen für unsere Unternehmen und Arbeitnehmer sicherstellen.“
Im Rahmen des Zollmemorandums zwischen Washington und Peking wurden die Zölle für De-Minimis-Lieferungen aus China zwar auf 30 Prozent gesenkt, aber gleichzeitig gelten weiterhin strenge Regeln: Nicht-postale E-Commerce-Pakete unterliegen einem Zoll von 30 Prozent sowie zusätzlichen Zollkontrollen, während Postpakete mit einem Tarif von 54 Prozent oder einer Pauschale von 100 US-Dollar (etwa 81 Euro) belegt werden. Das 90-tägige Moratorium im Zollstreit zwischen den USA und China, der diese Änderungen brachte, zeigt jedoch bereits Auswirkungen: Die Luftfrachtnachfrage zwischen China und den USA sank in der ersten vollen Woche nach dem Ende der De-Minimis-Befreiung für chinesische E-Commerce-Pakete. Daten von WorldACD für die Woche bis 11. Mai zeigen, dass die Luftfrachtvolumen von China und Hongkong in die USA um 10 Prozent im Vergleich zur Vorwoche zurückgingen, nach einem Rückgang von 14 Prozent in der Woche davor. Im Jahresvergleich lagen die Volumina nach Nordamerika in Woche 19 sogar 27 Prozent unter dem Vorjahr, der vierte wöchentliche Rückgang im zweistelligen Bereich in Folge.
China exportierte 2024 Waren im Wert von 240 Milliarden US-Dollar (194 Milliarden Euro) über De-Minimis-Regeln, was 7 Prozent von Chinas gesamten Exporten ausmacht und 1,3 Prozent des BIP entspricht. Temu profitiert massiv von diesem Mechanismus, da die Plattform auf schnelle Lieferungen von günstigen Produkten spezialisiert ist. Doch die G7-Staaten, darunter auch die EU, die ähnliche Maßnahmen prüft, wollen diesen Vorteil beschneiden. Der Druck auf Temu wächst, denn höhere Tarife könnten die Preise steigen lassen und den Wettbewerbsvorteil schmälern. Für Verbraucher in den G7-Ländern mag das fairer erscheinen, doch für Temu bedeutet es eine Bedrohung des Kerngeschäftsmodells, das auf niedrigen Kosten und schnellen Lieferungen basiert.
Südkorea verhängt Rekordstrafe gegen Temu
Während die G7 über Handelspolitik debattiert, hat Südkorea Temu einen empfindlichen Schlag versetzt, der als Vorbild für die EU sein kann. Die Plattform wurde von der südkoreanischen Datenschutzbehörde (PIPC) mit einer Strafe von 1,369 Milliarden Won (900.000 Euro) belegt. Der Vorwurf: Temu hat persönliche Daten südkoreanischer Nutzer ohne Zustimmung nach China, Singapur, Japan und anderen Ländern übertragen. Zudem hat das Unternehmen keine ausreichende Transparenz über die Datenverarbeitung geschaffen und keinen lokalen Vertreter ernannt, wie es das südkoreanische Datenschutzgesetz (PIPA) vorschreibt. Temu hat auch die Löschung von Konten unnötig erschwert, was die Nutzerrechte weiter einschränkt.
Täglich nutzen etwa 2,9 Millionen Südkoreaner Temu, und bis April wurde die App über 42 Millionen Mal heruntergeladen, mehr als die von Amazon. Doch dieser Erfolg hat seinen Preis. Die PIPC stellte fest, dass Temu personenbezogene Daten wie Registrierungsnummern ohne rechtliche Grundlage weitergegeben hat. Südkorea ist nicht das erste Land, das Temu wegen Datenschutzverstößen ins Visier nimmt: Bereits 2024 verhängte die Behörde eine Strafe von 1,978 Milliarden Won (1,3 Millionen Euro) gegen Temus Konkurrenten AliExpress für ähnliche Verstöße.
Damit setzt Südkorea einen Präzedenzfall für andere Märkte, in denen ebenfalls Untersuchungen gegen Temu laufen, etwa in der EU, wo 2024 eine Untersuchung wegen möglicher Verstöße gegen den Digital Services Act (DSA) eingeleitet wurde. Der Fall zeigt: Datenschutz wird für Temu zu einem wachsenden Risiko, das nicht nur das Vertrauen der Nutzer, sondern auch die Expansion in regulierten Märkten wie Europa oder den USA gefährdet.
Widerstand gegen Temu: Internationale Märkte schützen sich gegen Billigprodukte
Temu sieht sich gleich an mehreren Fronten unter Druck. Die G7-Maßnahmen gegen De-Minimis-Regeln bedrohen die Kostenstruktur, während Datenschutzskandale wie in Südkorea das Vertrauen der Nutzer untergraben. Beide Entwicklungen sind miteinander verknüpft: Temus Strategie, Daten zu sammeln und zu nutzen, um personalisierte Angebote zu erstellen, ist ein Kernbestandteil seines Erfolgs. Doch genau diese Praxis bringt die Plattform in Konflikt mit internationalen Regulierungen.
Die finanziellen Auswirkungen der G7-Tarife würden erheblich sein. Wenn die EU und andere G7-Staaten den USA folgen und De-Minimis-Regeln verschärfen, könnten Temus Margen weiter schrumpfen. Gleichzeitig zwingen Datenschutzstrafen und mögliche neue Auflagen das Unternehmen, in Compliance und lokale Strukturen zu investieren, Kosten, die ein Billiganbieter wie Temu nur schwer stemmen kann, ohne die Preise zu erhöhen. Für Verbraucher mag das bedeuten, dass die Tage der extrem günstigen Angebote gezählt sind. Für Temu bedeutet es, dass der globale Markt härter wird.
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Skandal! Die Leute kaufen bei Temu ein, anstatt brav in die leeren Innenstädte zu pilgern, um dort für das Vierfache dasselbe Produkt zu bekommen – mit freundlichem Grinsen vom gestressten Azubi hinter der Kasse. Und jetzt sollen also Verbote helfen? Vielleicht mal was ganz Verrücktes versuchen: Wie wär’s mit niedrigeren Steuern, weniger Bürokratie und fairen Strompreisen – damit der lokale Händler überhaupt eine Chance hat? Aber nein, lieber empören wir uns darüber, dass der Bürger nicht freiwillig den Vollpreis für das Gefühl zahlt, „die Wirtschaft zu unterstützen“. Selber schuld, wer keine 39 € für einen Teelöffel im Manufakturladen zahlen will. Wirklich unsolidarisch, dieses Volk.