Die Zölle von Trump wirbeln Handelsrouten durcheinander: Lieferketten verschieben sich, Reeder und Exporteure stehen unter Druck. Ein Ende ist nicht in Sicht.
Die „reziproken“ Maßnahmen verändern bereits jetzt weltweite Ströme. Trumps Zölle treiben eine neue Handelsordnung voran – mit spürbaren Folgen für globale Lieferketten. Da jedoch unklar bleibt, wie es im Zollstreit zwischen Trump und dem Rest der Welt weitergeht, lässt sich die Richtung kaum absehen.
Trump-Zölle treiben Frachtraten: Containerpreise steigen kurzzeitig
Im März entwickeln sich die US-Containerimportmengen positiv und belaufen sich auf insgesamt 2,4 Millionen TEU (20-Fuß-Container-Äquivalent), was einem Anstieg von 6,3 Prozent gegenüber Februar entspricht.
Abb. 1: US-amerikanisches Container Importvolumen. Quelle: Descartes
Im Vergleich zu März des vergangenen Jahres verzeichnen die Importe im März 2025 einen Anstieg von 11 Prozent. In den ersten drei Monaten dieses Jahres liegen die Gesamtmengen 8,4 Prozent höher als im gleichen Zeitraum des Jahres 2024. Allerdings gehen im März die US-Importe aus China um 12,6 Prozent gegenüber Februar auf 872.779 TEU zurück. Hier zeigt sich der Einfluss des chinesischen Frühlingsfestes. Trotz des monatlichen Rückgangs steigen die Volumina im Jahresvergleich um 9,4 Prozent auf 697.375 TEU, was die anhaltende Nachfrage nach chinesischen Waren zeigt. Diese Veränderung wird teilweise durch den kombinierten Zoll von 20 Prozent auf chinesische Importe im Februar und März bedingt, der die Häfen an der Westküste unverhältnismäßig stark betrifft, da diese den größten Teil des Containerverkehrs zwischen den USA und Asien abwickeln.
Die starken Importzahlen, die ein Vorzieheffekt auf die für April angekündigte Verkündigung der Zölle sind, spiegeln sich in den Frachtraten wider. Ende März steigen die Spot-Preise für Container-Frachtraten auf Nordamerika-Routen kurzfristig an, während sie für den Rest der Welt nur leicht zulegen. Ursache ist die Verknappung der Tonnage.
Reeder reagieren gelassen: Ausfälle bei Fahrplänen sinken
Seit dem 2. April verändert sich die Welt des Handels drastisch, und es ist schwierig, eine Prognose zu stellen. Für die Reeder kommt dieser abrupte Umbruch zur Unzeit, da der April traditionell der Monat ist, in dem neue Transportverträge ausgehandelt werden. Die Branche befindet sich ohnehin im Umbruch, da neue Allianzen gebildet werden. Das führt dazu, dass die Reeder derzeit damit beschäftigt sind, ihre Liniendienste umzustellen.
Blank Sailings, also gestrichene Linienfahrten, geben einen guten Eindruck, wie stark die Logistikketten belastet sind. Die Lage bleibt relativ entspannt. Im Vergleich zur Vorwoche sinkt die Rate der Blank Sailings von zwölf Prozent auf zehn Prozent. Drewry erwartet, dass in den nächsten Wochen 90 Prozent der Abfahrten wie geplant stattfinden, 2 Prozent weniger als in der Vorwoche prognostiziert. Etwa die Hälfte der gestrichenen Linienfahrten entfällt auf China-Nordamerika-Routen. Der Hauptgrund für gestrichene Abfahrten liegt weniger in sinkender Nachfrage als in Überkapazitäten der Reeder, die ihre Flotten ausgebaut haben.
Abb. 2: Ausgefallene Linienfahrten (Blank Sailings), Woche 17-21. Quelle: Drewry
Trump-Zölle: Umwege über ASEAN – Exporteure suchen neue Routen
Einige Trends für die nächsten 90 Tage zeichnen sich bereits ab. Der Inter-Asia-Container-Index von Drewry stieg in der ersten Hälfte des Aprils um 11 Prozent. Gleichzeitig kämpfen die Exporteure in Südostasien um Container und Passagen. Sie versuchen, so viel Ware wie möglich in die USA zu senden, bevor im Juni ein neuer Zollhammer droht.
Abb. 3: Intra-Asia Container Index (IACI). Quelle: Drewry
Zusätzlich drängen chinesische Produzenten auf den Plan, die ihre Ware zunächst in einen der ASEAN-Staaten senden und dort umetikettieren, über „Dumping“ an einheimische Händler verkaufen oder durch Near-Shoring, also die Lagerung mit einer wertsteigernden Maßnahme, in die USA weitertransportieren. Die Frachtraten von Ho-Chi-Minh-Stadt nach Los Angeles steigen in den letzten Tagen auf 2.750 US-Dollar für einen 40-Fuß-Container und sind damit teurer als der Transport von Shanghai nach Los Angeles mit 2.683 US-Dollar.
Abb. 4: Spot-Preise für 40-Fuss-Container von Vietnam und Shanghai nach Los Angeles. Quelle: CNBC
Gleichzeitig stürzen die Bestellungen amerikanischer Importeure in China ab. Im Vergleich zu Ende März sinken die Buchungen für Überfahrten von China in die USA in der ersten Aprilwoche um 64 Prozent. Der Schock beschränkt sich jedoch nicht auf die USA. Die Buchungen brechen weltweit um knapp 50 Prozent ein.
Häfen vor Flaute im Sommer
Der Einschlag in den amerikanischen Häfen kommt verzögert, da noch genug Ware auf Containerschiffen zwischen China und den USA unterwegs ist. Diese wird im Laufe des Aprils und Anfang Mai in den Häfen eintreffen. Die National Retail Federation (NRF) erwartet für den laufenden Monat eine Steigerung des Frachtaufkommens auf 2,08 Millionen TEU. Im Mai wird die angelieferte Ware auf 1,66 Millionen TEU fallen und in den Sommermonaten um 1,6 Millionen TEU pendeln.
Die Lloyd’s List geht für den Mai von einem noch höheren Einbruch unter 1,6 Millionen TEU aus, allerdings mit einer leichten Erholung im Juni und Juli, etwa auf dem Niveau der Vorhersage der NRF. Allerdings traf die Lloyd’s List ihre Vorhersage unter der Prämisse von 125 Prozent Zoll auf chinesische Waren.
Exporteure vor Extra-Kosten: China lehnt US-Ware ab
Für die amerikanischen Exporteure sieht die Lage kaum besser aus. Die Buchungen für Containerschiffe Richtung China gehen Anfang April im Vergleich zu Ende März um 36 Prozent zurück. Auch andere Regionen der Welt fordern weniger Ware aus den USA. Weltweit sinkt die Nachfrage nach Containern um 30 Prozent im selben Zeitraum. Dass die Ware auf dem Schiff ist, bedeutet jedoch nicht, dass sie das Zielland erreicht und verkauft wird. Es häufen sich Berichte, dass chinesische Importeure die Ware nicht akzeptieren. Diese wird dann vernichtet, umgeleitet oder zurückgeschickt, was zusätzliche Kosten für die Exporteure verursacht.
Trump-Zölle: Handel zwischen Planungslücke und Preisschock
Im Moment lässt sich nicht sagen, wie sich die globalen Handelsströme verändern werden. Zu viele Unsicherheitsfaktoren sind gegenwärtig im Spiel, und mit Trumps erratischer Regierungsführung wird Planung zu einem Glücksspiel. Die Zollsituation ist für die nächsten drei Monate geklärt, mit Ausnahme von China. Die seit Februar diskutierte Anlegegebühr für Schiffe, die in China gebaut worden sind, tritt nun erst im Oktober in Kraft. Damit bleibt den Reedern einige Zeit, ihre Liniendienste zu optimieren. Diese Entscheidung bedeutet jedoch, dass alle importierten Waren noch einmal für die Amerikaner teurer werden.
Noch zeigen sich die Reeder relativ entspannt. Geringere Nachfrage bei gleichzeitiger Überkapazität an Frachtraum bedeutet tendenziell fallende Frachtraten. Allerdings steht dem entgegen, dass die Frachtrouten aus Südostasien erhöhte Nachfrage bei weniger Kapazität, vor allem in den Häfen, aufweisen. Der zweite limitierende Faktor sind die Container, die sich auf den Routen zwischen China und Nordamerika befinden, aber in Südostasien benötigt werden. In den nächsten drei Monaten werden die Frachtkosten deutlich steigen.
Der größte Unsicherheitsfaktor ist Trump, der die gesamten Lieferketten zerbrechen lässt. Seine unvorhersehbare Politik zwingt alle in den Handelsketten beteiligten Parteien, kurzfristig zu handeln. Bei Schiffen, die bis zu 40 Tage zwischen Asien und Nordamerika unterwegs sind, sind aber kurzfristige Anpassungen kaum möglich.
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