Märkte

Aktienmärkte unter Druck Zölle: Wall Street-Strategen sind geschockt – Abwärtsrisiken steigen

Die NYSE schaut die Rede von US-Präsident Donald Trump. Foto: Michael Nagle/Bloomberg

Händler und Strategen an der Wall Street waren geschockt, als Donald Trump seine Drohung wahr machte, die moderne Handelsordnung auf den Kopf zu stellen. Die von US-Präsident Trump angekündigten „reziproken“ Zölle fielen teilweise höher aus als befürchtet, was die Aktienmärkte weiter unter Druck setzte und die Nachfrage nach sicheren Häfen wie Gold erhöhte. An der Wall Street ist man nun besorgt, dass die Abwärtsrisiken für die US-Wirtschaft zunehmen. Die Zölle sind kurzfristig negativ für das Wachstum und positiv für die Inflation, es droht also eine Stagflation.

Trump-Zölle schocken die Wall Street

Als größte Umwälzung des grenzüberschreitenden Handels seit Jahrzehnten angekündigt, verhängte der US-Präsident am Mittwoch weitreichende reziproke Zölle von mindestens 10 % auf alle Exporte in die USA. Wie Bloomberg berichtet, wird die Europäische Union mit Zöllen in Höhe von 20 % belegt, Japan mit 24 Prozent und China mit noch höheren Zöllen in Höhe von 34 %, so dass sich der Gesamtzollsatz für das Reich der Mitte auf 54 % beläuft.

Im nachbörslichen Handel stürzten die globalen Aktienmärkte ab, während sichere Anlagen wie Gold stiegen und der Ölpreis aufgrund von Nachfragerestriktionen fiel, da die Weltmärkte erneut unter Volatilität litten.

Die Strategen und Vermögensverwalter an der Wall Street beschäftigen sich nun mit dem Kleingedruckten der bevorstehenden Importzölle. Da sich die Handelsgespräche in die Länge ziehen und sich die US-Wirtschaftsdaten bereits verschlechtern, bleiben die Gründe für die Korrektur risikobehafteter Aktien auf kurze Sicht intakt.

Es gibt aber auch eine bullishe Sichtweise, die das bärische Szenario komplett auf den Kopf stellt: Dip Käufer haben nach Trumps Ankündigung nun mehr Klarheit über die Handelspolitik und könnten daher dazu übergehen ihre Engagements an den gebeutelten Aktienmärkten wieder aufzustocken.

Trump-Zölle haben die Wall Street geschockt und die Aktienmärkte belastet
Achterbahnfahrt | Aktien fallen nach Zollankündigungen

Einschätzung der Wall Street-Strategen

Lesen Sie im Folgenden, wie Strategen und Investoren auf die Zölle von Donald Trump reagieren:

Michael O’Rourke, Chef-Marktstratege bei JonesTrading Institutional Services:

„Es sieht auf den ersten Blick so aus, als ob dies unter dem Strich schlimmer sein wird als die erwarteten 20%-Pauschalzölle. Betrachtet man alle US-Produkte, die in Asien hergestellt werden, sind diese Zollsätze von 20% bis 34% happig. Ich sehe, dass Trump Taiwan mit 32 Prozent belegt, was den Halbleitersektor einschränken wird. Das dürfte den Handel verlangsamen und die Inflation in die Höhe treiben, was wiederum die Gewinnspannen der Unternehmen schmälert. Das wird die sich verlangsamende Wirtschaft weiter bremsen, weil es zu Reibungen und Verzerrungen im Welthandel führt. Ich denke, wir müssen mit Vergeltungsmaßnahmen rechnen, die wahrscheinlich zu einer weiteren Eskalation im Handelskonflikt führen werden.

Matt Maley, Chief Market Strategist bei Miller Tabak + Co:

„Es gab nicht die Art von Erleichterung in letzter Minute, auf die einige Investoren in letzter Zeit gehofft hatten. Es sieht so aus, als würde sich die Trump-Regierung keine Sorgen über die kurzfristigen Auswirkungen dieser Zollpolitik auf die Kredit- und Aktienmärkte machen. Dies bedeutet, dass die Gewinnprognosen in den kommenden Wochen im Mittelpunkt des Interesses stehen werden. Sollten die Gewinnschätzungen weiter sinken, wird dies zu noch stärkerem Gegenwind für die Aktienmärkte führen“.

Priya Misra, Portfoliomanagerin bei JPMorgan Asset Management:

„Wir haben uns für den ‚Tag der Befreiung“ positioniert, indem wir qualitativ hochwertige Anleihen halten und Duration im mittleren Bereich gekauft haben, um uns für den Fall abzusichern, dass sich die harten Wirtschaftsdaten abschwächen. Mit Blick auf die Arbeitsmarktdaten am Freitag halten wir an dieser Position fest. Es gibt einen Stagflationsimpuls mit Zöllen, der die Fed zwingen wird, hinter der Kurve zu bleiben.“

Silberstreif am Horizont?

Chris Zaccarelli, Chief Investment Officer bei Northlight Asset Management:

„Wenn es einen Silberstreif am Horizont gibt – und das bleibt abzuwarten – dann sind diese Zölle hoffentlich nur der Anfang von Verhandlungen, die zu Zollsenkungen auf breiter Front führen.“

Steve Chiavarone, Leiter der Multi-Asset-Gruppe bei Federated Hermes:

„Wenn die heutige Ankündigung die drakonischsten Zölle markiert – und der Nachrichtenfluss von hier aus zeigt, wie die Länder über eine Senkung dieser Zölle verhandeln – könnte das gut für die Aktienmärkte sein. Zwar könnte dies in den nächsten Tagen zu einem Ausverkauf an der Wall Street führen, aber dann auch eine gute Kaufgelegenheit bietet. Der schlimmste Fall wären wohl niedrigere Zölle mit der Gefahr einer Eskalation gewesen. Im Moment bevorzuge ich höhere Zölle mit dem Potenzial einer Deeskalation.“

Abwärtsrisiken für US-Wirtschaft

Die Wirtschaft und die Aktienmärkte sind mit vielen verschiedenen Querströmungen konfrontiert, die Abwärtsrisiken für das Wachstum bergen:

1) Zölle (die eine Steuer für Verbraucher und/oder Unternehmen darstellen)
2) Kürzung der Staatsausgaben durch DOGE
3) Unsicherheit. Die größte Sorge bereitet mir die Unsicherheit, die sich auf Unternehmen und Verbraucher auswirkt. Wenn die nächsten Monate oder Quartale mit Handelsgesprächen verbracht werden, wird diese Unsicherheit groß bleiben. Ich befürchte, dass ein Teil des Schadens bereits angerichtet ist, und bin daher besorgt über die Auswirkungen auf das Wachstum.

Ed Al-Hussainy, Zinsstratege bei Columbia Threadneedle:

„Es handelt sich eindeutig um einen konkreten negativen Schock für die Wirtschaft. Es ist klar, dass wir diesen negativen Schock vollständig einpreisen müssen. Letzten Endes handelt es sich um eine Steuer – wer sie bezahlen wird, ist ungewiss -, aber ich glaube nicht, dass sie in irgendeiner Weise als wachstumsfördernd angesehen werden kann. Kurzfristig ist sie negativ für das Wachstum und positiv für die Inflation.

Max Gokhman, stellvertretender Chief Investment Officer bei Franklin Templeton Investment Solutions:

„Die größte Frage ist, ob es für die Länder genauso einfach sein wird, sich gegenseitig mit Zöllen zu überziehen wie in der Vergangenheit. Sollte ein echter Handelskrieg die Welt verschlingen, ist eine Stagflation wahrscheinlich, bei der es nur geprellte Verlierer gibt. Da dies jedoch eine große Unbekannte bleibt, ändern wir unsere Positionierung vorerst nicht und bleiben in allen Regionen und Sektoren neutral.“

Liz Ann Sonders, Chefanlagestrategin bei Charles Schwab:

„Ich denke, dass wir bald eine Neueinschätzung der Rezessionswahrscheinlichkeit sehen werden. Ich wäre nicht überrascht, wenn sie nach oben korrigiert wird. Zumindest werden die Schätzungen für die Profitabilität der Unternehmen bis 2025 weiter nach unten korrigiert. Der Weg des geringsten Widerstandes für die Gewinne zeigt von hier aus deutlich nach unten“. Die anstehende Berichtssaison wird erste Hinweise liefern und zeigen, wie die Wall Street damit umgeht.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Profis mit fundiertem Fachwissen und persönlicher Handlungsfähigkeit sind nicht geschockt. Sie tun das was getan werden muss. Put Optionen im Vorfeld der Ankündigungen am Terminmarkt beschafft.

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