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Zölle werden verschoben und alles ist wieder gut?

Es wird Zeit für die Frage, was passiert, wenn Trump im Interesse seiner Wiederwahl den Handelskrieg de-eskaliert? Vielleicht auch wieder sinkende Zölle? Wird dies die Probleme der Weltwirtschaft lösen?

Kurzfristiges Aufatmen beim Thema Zölle

Die Aktienmärkte machen heute einen Satz nach oben dank der Aussicht auf Verhandlungen zwischen den USA und China und der möglichen Verschiebung neuer Zölle. Grund dafür sind Aussagen des chinesischen Handelsministeriums (MOFCOM), wonach die chinesische Delegation bereit ist, im September in die USA zu reisen, wenn die für 1. September angekündigten Zölle nicht eingeführt werden. Der US-Präsident scheint dieser Verlockung nicht widerstehen zu können, wie der Radiosender Fox-News soeben berichtet. So soll es zumindest noch heute Handelsgespräche „auf einer anderen Ebene“ geben.

Spielen die Chinesen nur auf Zeit?

Verhandeln hieße gleichwohl noch lange keinen Deal. Das Spiel spielen die Chinesen ihrerseits seit Mitte letzten Jahres – bis Trump im Mai der Kragen platzte und er erneut die Zollkeule schwang. Wie der Vizeministerpräsident Liu He bereits sagte, wolle man die Eskalationsdynamik aus dem Handelskonflikt nehmen. Dies könnte ein taktischer Schritt genau zu diesem Zweck sein, mehr nicht.

Strukturelle Probleme bleiben

Der globale Handelskrieg spielt sich ja nicht nur zwischen den USA und China ab, sondern auch zwischen den USA und der EU, Japan und Südkorea sowie Indien und China und bahnt sich an zwischen den USA und Vietnam, um nur einige „Kriegsparteien“ zu nennen. Das viel größere Thema ist aber der übergeordnete Schuldenzyklus, der ja erst zu dem ganzen Negativzinsdilemma inkl. aller Folgeeffekte geführt hat. Eine davon ist eben der globale Handelskrieg, da der US-Dollar als letzte verzinste Hauptwährung mit Beginn des Zinsnormalisierungs-Experiments der Fed permanent aufwertete, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie herabgesetzt wurde und das Handelsbilanzdefizit weiter explodierte.

Die USA sind als Wirtschaftsstandort eben teuer. Das setzt mittelfristig die Fed unter Druck, den Dollar abzuwerten, auch wenn das offiziell nicht ihrem Mandat entspricht aber eben in ihrer Macht liegt (die EZB lässt grüßen). Eine weitere Folge der Kombination aus Verschuldung und Dollar-Stärke ist die Emerging-Market Schuldenkrise. Die aufgebaute Verschuldung ist mit dem jetzigen Dollar-Zinsniveau dort nicht zu stemmen und mit einer aufwertenden Schuldenwährung (Dollar) schon gar nicht.

Diagramm des Institute of International Finance (Global Debt Monitor Q1 2019):

Globale Schuldenlast

Und so wundert es auch nicht, dass der globale Abschwung schon zu Beginn des Jahres 2018 begann, also weit vor den wahrnehmbaren realwirtschaftlichen Belastungen durch den Handelskriegs. Während die Amerikaner in Folge Ihrer Steuersenkungsparty noch mal konjunkturell durchstarteten befand sich der Rest der 35 OECD-Staaten bereits im Abschwung. Diese Zyklusverschiebung hat sich aber schon wieder korrigiert, wie die folgende Grafik an Hand der OECD-Wirtschaftsfrühindikatoren zeigt:

Dabei ist zu beachten, dass die bisher größte Zollanhebung von 10 Prozent auf 25 Prozent auf chinesische Importe in die USA im Volumen von 250 Mrd. US$ erst am 15. Juni in Kraft trat, also hinter dem letzten Datenpunkt dieser Zeitreihe und nach wie vor als Belastungsfaktor in Kraft bleibt – wohl bis es einen wie auch immer gearteten Deal zwischen China und den USA gibt.

Fazit

Sollte rein hypothetisch der Handelskrieg mit einer Art Plastik-Kompromiss enden, würde die Weltwirtschaft sich zweifellos erholen und die Unternehmensgewinne nebst Aktienkurse ebenfalls.

Doch das wäre nur ein Pyrrhussieg, denn die Fed würde dann wohl kaum einen von den Rentenmärkten weitgehend antizipierten Zinssenkungszyklus Richtung ein Prozent Leitzins durchziehen. Damit jedoch würden die Zinsen an den Kapitalmärkten wieder steigen, die bereits 4 ½ Zinssenkungen eingepreist haben. Daraufhin würde der US-Dollar als am höchsten verzinste Hauptwährung noch weiter ansteigen. Genau das würde die alten strukturellen Probleme wieder aufs Tableau bringen, v. a. die lichterloh brennende Emerging-Market-Währungskrise (Argentinien, Türkei, Indien, Brasilien, Venezuela etc.).

Völlig unabhängig vom Zollstreit ist der näher rückende Brexit, der die EU vollends in die Rezession zu stürzen droht. Präventiv wird die EZB mit noch aggressiverer Geldpolitik versuchen gegenzusteuern, auch mit Blick auf die weiter sinkenden Teuerungsraten. Das wiederum gibt dem höher verzinsten Dollar noch mehr Auftrieb, was das US-Außenhandelsdefizit weiter ansteigen lässt und so beginnt die ganze Krisenspirale von vorn.



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1 Kommentar

  1. Ich schaue nach Hongkong und denke mir, diese Chinesen wollen doch rulen. Nein, wir können keine Freunde sein.

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