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Zwei EZB-Direktoren legen nach in Sachen Änderung der Geldpolitik

Chaos pur? Missverständnisse? Die EZB habe die letzten Aussagen aus dieser Woche gar nicht so gemeint? Wie auch immer. Heute sprachen zwei weitere EZB-Direktoren, nämlich Sabine Lautenschläger und Benoît Coeure auf...

FMW-Redaktion

Chaos pur? Missverständnisse? Die EZB habe die letzten Aussagen aus dieser Woche gar nicht so gemeint? Wie auch immer. Heute sprachen zwei weitere EZB-Direktoren, nämlich Sabine Lautenschläger und Benoît Coeure auf verschiedenen externen Veranstaltungen. Wenn man zwischen den Zeilen liest, deuten beide mit ihren Aussagen darauf hin, dass sich die Stimmung bei den EZB-Offiziellen immer mehr in Richtung Änderung der Geldpolitik entwickelt.

Sabine Lautenschläger, die bei der EZB eher für die Bankenaufsicht zuständig ist, erwähnt wie viele andere Notenbanker auch, dass sie zwar nicht mit allen Aspekten der aktuellen Geldpolitik glücklich war, aber dass sie das Gesamtkonzept (Negativzinsen + Geldschwemme) doch für notwendig erachtete. Also Augen zu und durch! Aber nun gelte es den geldpolitischen Kurs „rechtzeitig anzupassen“. Sie formuliert ihre Andeutung folgendermaßen: Auch wenn der Trend noch nicht stabil sei, gelte es doch sich auf andere Zeiten vorzubereiten. Denn es gäbe Grund optimistisch zu sein. Hier auszugsweise aus ihrer Rede im Wortlaut (den wichtigsten Teil haben wir fett markiert):

Ich persönlich glaube, dass die EZB weder die eine noch die andere Rolle spielt. Die EZB darf genau eine einzige Rolle spielen, und die ist klar beschrieben: Sie soll die Preisstabilität sichern. Etwas konkreter gesagt: Die Inflation soll in der mittleren Frist nahe bei, aber unter 2% liegen.
Ich gebe zu, dass es in den letzten Jahren nicht einfach war, dieser Rolle gerecht zu werden. Die schwache Wirtschaft und die niedrige Inflation haben die EZB gezwungen, eine sehr lockere Geldpolitik zu betreiben. Dazu gehörte auch, einige unkonventionelle Instrumente anzuwenden – die Anleihekäufe zum Beispiel.

Auch wenn ich einige dieser Instrumente kritisch sehe, war ein expansiver geldpolitischer Kurs grundsätzlich angebracht, um unserer Rolle gerecht zu werden. Trotzdem halte ich es für unabdingbar, die Geldpolitik zu normalisieren, sobald es vertretbar ist. Denn eine ungewöhnlich lockere Geldpolitik hat nicht nur eine erwünschte Wirkung, sondern immer auch unerwünschte Nebenwirkungen. sie erhöht zum Beispiel das Risiko, dass an den Märkten Preisblasen entstehen. Und solche unerwünschten Risiken werden mit der Zeit größer, während die gewünschte Wirkung nachlässt.

Es geht also darum, den geldpolitischen Kurs rechtzeitig anzupassen. Und rechtzeitig ist dann, wenn die Inflation sich auf einem stabilen Trend hin zu unserem Ziel befindet. Das bedeutet, dass wir auf die Inflation in der mittleren Frist schauen – nicht auf kurze Ausrutscher nach oben oder nach unten.
Auch wenn ist der Trend noch nicht stabil ist, gilt es sich auf andere Zeiten vorzubereiten. Denn es gibt Grund, optimistisch zu sein.

Die Wirtschaft im Euro-Raum erholt sich zunehmend; seit gut vier Jahren wächst sie langsam aber stetig. Die Grundlage für diese Erholung wird immer breiter, und die Risiken für das Wachstum sind ausgeglichen. Für Unternehmen wird es immer leichter, sich zu finanzieren, es werden mehr Kredite vergeben, und es wird mehr investiert. Entsprechend positiv sind Unternehmer und Verbraucher gestimmt – die relevanten Indikatoren sind auf dem höchsten Stand seit der Krise.

Auch zu ihrem Kerngebiet „Bankenaufsicht“ hatte Sabine Lautenschläger auch etwas zu sagen. Hier auszugsweise im Wortlaut, ohne Kommentar unsererseits (denken Sie sich bitte Ihren Teil dazu selbst):

Hier ist seit der Krise viel passiert – auch wenn einige Banken noch nicht alle Hausaufgaben erledigt haben. Insgesamt halten die Banken im Euro-Raum jetzt sehr viel mehr Eigenkapital und Liquidität als vor der Krise – sie sind also sehr viel stabiler. Gleichzeitig sorgt die europäische Bankenaufsicht dafür, dass Banken überall Euro-Raum nach den gleichen hohen Standards beaufsichtigt werden.

Aber all das kann natürlich nicht verhindern, dass Banken scheitern. Und das soll es auch nicht verhindern. In einem funktionierenden Markt müssen Unternehmen ausscheiden, wenn ihr Geschäftsmodell nicht mehr funktioniert – das gilt für Banken ebenso wie für jedes andere Unternehmen. Und Banken können scheitern; das haben wir in den letzten Wochen gesehen. Wir sind dem Markt also zumindest ein Stück weit näher gekommen.

Benoît Coeure

Benoît Coeure hat heute einen endlos langen Vortrag in Brüssel gehalten zum Thema „“Innovation, firm size, productivity and imbalances in the age of de-globalization“. Die besprochenen Informationen sind so umfangreich und detailliert, dass wohl auch der größte Statistik-Freak und VWL-Nerd gelangweilt einschlafen würde. Deswegen begrenzen wir an dieser Stelle seine Aussagen auf das nach unserer Meinung Nötigste. Zitat:

A few years ago, heterogeneity in the euro area was causing people to question the sustainability of the currency union. The global financial crisis, and later the sovereign debt crisis, led to a destabilising dispersion in interest rates and, ultimately, in real and nominal economic indicators. In the summer of 2013, for example, around half of euro area Member States had inflation rates close to or above our preferred range of below, but close to 2%, while others were flirting with, and in some cases already showing, negative inflation rates.

Today, much of that heterogeneity has disappeared. Importantly, none of the euro area economies are now faced with negative inflation rates, nor with negative growth rates. Indeed, as we at the ECB have highlighted over the past few months, the recovery currently under way in the euro area is increasingly broad-based, with a marked convergence in national GDP growth rates.

Das heißt im Klartext: Vor dem Beginn der jetzigen Geldpolitik gab es Mitgliedsländer in der Eurozone mit einer ordentlichen Inflation von 2%, andere mit Deflation. Diese Ungleichheit habe die EZB beseitigt, und eine einheitliche Preisentwicklung in der Eurozone geschaffen. Die Eurozone habe nun keine schwachen Wachstumsraten mehr. Der Aufschwung sei breit angelegt. Das klingt auch eher nach Zinswende in der Eurozone, auch wenn er es nicht ausspricht!



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