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Zypern wird vor Schiedsgericht von 676 griechischen Anlegern verklagt

FMW-Redaktion

Wovon einige wenige ausländische Medien schon berichteten, hat jetzt die klagende Anwaltskanzlei bestätigt. 676 griechische Bankkunden und Anleiheinhaber, darunter Private wie Unternehmen, klagen in 434 Einzelklagen jetzt gegen das EU-Land Zypern, weil ihre Vermögen 2013 im Zuge des sogenannten „Banken Bail In“ teilweise zur Rettung der Banken herangezogen wurden. Diese Regelung war Teil einer Sanierungsvereinbarung zwischen Zypern, EU und IWF um den kaputten zypriotischen Bankensektor zu retten.

Weltbank verhandelt über Zypern
Vor dem ICSID der Weltbank wird über Zypern verhandelt.
Foto: Shiny Things – Flickr / Wikipedia (CC BY 2.0)

Vor dem weltweit größten Schiedsgericht ICSID bei der Weltbank in Washington D.C. verklagen diese Anleger jetzt Zypern. Dieses Schiedsgericht verhandelt sogenannte „Investorenschutzklagen“. Ein Schiedsgericht aus idR 3 Schiedsrichtern (Anwälte) entscheidet, ob Schadenersatz zugesprochen wird, Revision ist nicht möglich. Hier muss ein Unternehmen im Ausland eine Investition getätigt oder diese zumindest angekündigt haben und nachweisen, dass es von dem dortigen Land geschädigt wurde im Zuge seiner Investition. Dass Bankkunden, die einfach nur Guthaben auf einer Bank liegen haben, sich als Investoren betrachten, die wirklich eine realwirtschaftliche „Investition“ auf Zypern getätigt haben, ist schon mehr als ein starkes Stück. Dann könnte man auch behaupten man war auf Zypern als Tourist, hat dort in einem Restaurant zu Mittag gegessen, und das war auch eine Investition, nämlich in die zypriotische Gastronomiebranche. Das ist zumindest unsere Meinung!

Die Anwaltskanzlei „Grant & Eisenhofer“ hat offiziell verkündet diese Klagen jetzt eingereicht zu haben. Beim ICSID ist das auf deren Webseite offiziell noch nichts zu finden, aber das liegt wohl an einer verzögerten Veröffentlichung. Wenn die Kläger damit durchkommen beim ICSID als „Investoren“ anerkannt zu werden, na dann gute Nacht, was sich amerikanische „Investoren“ zukünftig als Klagegründe unter TTIP einfallen lassen gegenüber EU-Staaten.

Die klagenden Kunden hielten entweder Bankeinlagen oder besaßen Anleihen (kommt ja auf das selbe raus, Gläubiger der Bank) von der Laiki Bank und der Bank of Cyprus. Laut Grant & Eisenhofer verloren die meisten Investoren „einen Großteil ihrer Ersparnisse“. Da fragt man sich: Warum klagen diese „Investoren“, die ja Bankkunden bzw. Anleiheinhaber und gar keine Wirtschaftsinvestoren waren, vor so einem Schiedsgericht? Ganz einfach: Vor einem ordentlichen staatlichen Gericht auf Zypern zu klagen, hätte wohl 0% Erfolgsaussicht, da dieser Bankeinlagen-Cut staatlich angeordnet war und sich zypriotische Gerichte nach den dort gültigen Gesetzen richten müssen. Vor so einem Schiedsgericht ist so ziemlich alles möglich, und dort haben die Kläger wie am Roulette-Tisch eine 50/50-Chance zu gewinnen.

Im Fall Zypern sah es so aus, dass das Land von EU und IWF 10 Milliarden Euro Cash erhielt zur Stützung von Staat und Banken. Gleichzeitig mussten die beiden vorher benannten Banken Anleihen für wertlos erklären und alle Bankguthaben über 100.000 Euro wurden auch für wertlos erklärt. Dies wurde vom Staat so angeordnet. Also blieben den griechischen Bankanlegern noch 100.000 Euro. Solche Einlagengrenzen sind europaweit die Standardsumme, und schon seit Jahren ist auch dänischen, deutschen oder spanischen Anlegern bekannt, dass „Einlagensicherung 100.000 pro Konto“ bedeutet, dass das Geld darüber nicht gesichert ist.

Jay Eisenhofer, einer der Chefs der Anwaltskanzlei, sagte:

“This is the first time that Greece and Cyprus’ bilateral treaty will be tested as a group action for large numbers of investors. We have since spent more than a year identifying the hundreds of claimants in this action, and anticipate additional claims of tens of millions of euros to be brought in the coming year.”

Es geht also weiter. Die Kanzlei wird zusehen immer mehr Gläubiger aufzutreiben. Wer auf jeden Fall gewinnen wird, ist klar. Herr Eisenhofer und die Anwälte, die beim ICSID Schiedsrichter spielen, denn jede Partei zahlt ihre Anwaltskosten bei so einer Schlichtung selbst, egal ob sie gewinnt oder verliert. Willkommen in der schönen neuen Schiedsgerichtswelt, wo alles möglich zu sein scheint. Wohl nur ein kleiner Vorgeschmack auf TTIP!



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1 Kommentar

  1. Es geht immer nur um Interessen, also alles was zwischen Zeigefinger und Daumen passt.

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