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Die große Entkoppelung China: Ferienlaune ohne Konsumrausch – und Abkehr vom Westen

China Konsum Abkehr Westen
Foto: onlyyouqj - Freepik.com

Wie das Murmeltier, das täglich grüßt, offenbart sich in China ein beständiges Muster: Feiertagsfreude ist nicht gleichbedeutend mit Konsumfreudigkeit. Diese Erkenntnis, die sich während des lebendigen Dragon Boat Festivals zeigte, findet ihre Entsprechung in den Wirtschaftsdaten, die in den letzten Tagen veröffentlicht wurden – von den Einzelhandelsumsätzen über den Fabrikausstoß bis hin zum Außenhandel. Diese Indikatoren untermauern die anhaltenden Trends: Konsumzurückhaltung, De-Coupling und Überproduktion, die das wirtschaftliche Bild in China prägen.

China und das Dragon Boat Festival: Der Trend setzt sich fort

Feiertage sind traditionell ein Fenster in die Seele einer Nation – sie offenbaren die Stimmung der Menschen und insbesondere ihre Bereitschaft zum Konsum. Dieser Satz trifft besonders auf China zu, wo Feiertage wie das am Montag gefeierte Dragon Boat Festival tiefgreifende Einblicke in die Verbraucherstimmung bieten. Seit dem Ende der Corona-Krise ist eine gewisse Zurückhaltung der Konsumenten zu beobachten, die durch die Immobilienkrise und wirtschaftlich unsichere Aussichten ausgelöst wurde. Diese Zurückhaltung spiegelt sich auch in den ersten Analysen der Daten des gerade abgeschlossenen Dragon Boat Festivals wider.

Das Dragon Boat Festival, ein farbenfrohes Spektakel, das tief in Chinas reicher Geschichte verwurzelt ist, gedenkt des Dichters Qu Yuan. Dieser hochgeachtete Staatsmann, der in Ungnade fiel und vom kaiserlichen Hof verbannt wurde, fand im Exil seine Berufung als Poet. Doch das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm: von Melancholie übermannt, wählte Qu Yuan den Fluss Miluo in Hunan für seinen tragischen Abgang aus dem Leben. Die Legende besagt, dass die Dorfbewohner verzweifelt versuchten, ihn mit ihren Booten zu retten – ein Akt, der den Ursprung der heute so berühmten Drachenbootrennen bildet.

Das Festival ist nicht nur eine Hommage an einen Mann, der für seine Überzeugungen einstand, sondern es berührt auch ein sonst tabuisiertes Thema: den Selbstmord. Indem es diesen aufgreift und in den Mittelpunkt stellt, bricht es mit einem gesellschaftlichen Tabu und verleiht dem Andenken an Qu Yuan eine besondere Bedeutung. In der heutigen Zeit hat sich das Dragon Boat Festival zu einem der seltenen verlängerten Wochenenden entwickelt, das die Chinesen für Reisen und kulinarische Genüsse nutzen – eine Zeit der Freude und des Gedenkens.

Ein Trend, der sich über die letzten Feiertage abzeichnete, war eine Zunahme der Reisetätigkeit, jedoch gepaart mit einer zurückhaltenden Ausgabebereitschaft. Dieses Muster setzte sich auch während des Dragon Boat Festivals fort. Das chinesische Ministerium für Kultur und Tourismus verzeichnete 110 Millionen Reisen im Inland, was eine Steigerung um 6,3 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr darstellt. Trotz einer Steigerung der Ausgaben chinesischer Touristen um 8,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr, blieben diese immer noch 10 Prozent unter dem Niveau von 2019 – und das bei einem BIP-Wachstum von 27 Prozent im gleichen Zeitraum. Auf diese Diskrepanz zwischen Wachstum und Konsumausgaben wies der Ökonom Michael Pettis in hin.

Überall sichtbare Konsumzurückhaltung

Die am Freitag veröffentlichten Außenhandelszahlen, unterstreichen die andauernde Zurückhaltung beim Konsum. Obwohl die Importe im Mai um 1,8 Prozent wuchsen, blieben sie hinter den Prognosen von 4,2 Prozent Wachstum zurück und signalisieren eine weiterhin schwache Binnennachfrage. Auch die aktuellen Zahlen zum PKW-Verkauf im Mai zeichnen ein ähnliches Bild: Die Verkäufe sanken um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, trotz eines relativen Anstiegs von 11,4 Prozent gegenüber dem Vormonat.

Ein Lichtblick bleibt jedoch der ungebremste Trend zu Elektrofahrzeugen (NEVs), deren Verkaufszahlen im Jahresvergleich um 38,5 Prozent gestiegen sind. Die Autoverkäufe sind auch vor dem Hintergrund unbefriedigend, dass sowohl die chinesischen Behörden als auch die Automobilhersteller und -verkäufer weitere Kaufanreize geboten haben.

Die Exporte sind im Mai um 7,6 Prozent gestiegen und haben damit die Erwartungen von 6 Prozent deutlich übertroffen. Dieser Anstieg ist teilweise auf den Druck zurückzuführen, den produzierende Unternehmen aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage verspüren, Märkte im Ausland zu erschließen. Der Ausstoß der Fabriken im April erhöhte sich um 6,7 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr, während der Konsum (Einzelhandelsumsatz) nur 2,3 Prozent stieg.

Zudem reflektiert der Anstieg der Exporte eine sich erholende Weltwirtschaft, die wieder an Dynamik gewinnt. Unternehmen scheinen auch vorgezogene Exporte zu tätigen, um den bald in Kraft tretenden Strafzöllen zuvorzukommen. Dieses strategische Vorgehen zeigt, wie flexibel und reaktionsschnell die chinesische Wirtschaft auf internationale Handelsentwicklungen und politische Entscheidungen reagieren kann.

Handelsdaten in China: Stabile Trends, Russland überrascht

Die Handelsdaten bestätigen die Fortsetzung bisheriger Trends. Während die Handelsbeziehungen zu den Hauptpartnern EU und USA nachlassen, verzeichnen andere Regionen Zuwächse (die folgenden Zahlen beziehen sich alle auf den Vergleich zum Vorjahresmonat in US-Dollar). Die Exporte in die USA stiegen zwar leicht um 0,2 Prozent, jedoch sanken die Importe um 5,8 Prozent. Ähnlich verhielt es sich mit der EU: Die Einfuhren gingen um 5,6 Prozent zurück und die Exporte um 3,9 Prozent, wobei die Exporte nach Deutschland mit einem Rückgang von 2,9 Prozent weniger stark betroffen waren, während die Importe um 12,9 Prozent deutlich nachließen.

Der Handel mit den ASEAN-Staaten hingegen nahm zu. Die Exporte stiegen um 4,1 Prozent und die Importe um 3,5 Prozent. Besonders bemerkenswert ist der Handel mit Vietnam, einem ASEAN-Mitglied, das einen beachtlichen Anstieg von 21,9 Prozent verzeichnete.

Der Handel mit den BRICS-Staaten wuchs weniger stark um 2,8 Prozent, wobei die Exporte um 2,7 Prozent und die Importe um 2,9 Prozent zunahmen. Interessant sind die Zahlen zu Russland: Die Exporte sanken um 1,8 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass China die ehemaligen westlichen Handelspartner offensichtlich vollständig ersetzt hat und der Markt nun gesättigt ist. Die Importe aus Russland stiegen jedoch um 7,5 Prozent. Es zeigt sich, dass sich die Handelsbeziehungen zu Russland so gestalten, dass Russland Rohstoffe und Materialien bereitstellt, während China höherwertige Fertigprodukte exportiert, was darauf hindeutet, dass China mehr vom Handel profitiert als Russland. China macht mittlerweile 36 Prozent des russischen Warenimports und 30,5 Prozent des russischen Warenexports aus.

Der Außenhandelsüberschuss stieg im Jahresvergleich um 26,8 Prozent auf 82,6 Milliarden US-Dollar an. Dies dürfte die Diskussion um die chinesischen Überkapazitäten, die nun auf den Weltmarkt gedrückt werden, weiter anheizen.



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5 Kommentare

  1. Was uns nicht passt, nennt man Überkapazität. Dumm gelaufen für den Westen. Es ist eine Frage der Dummheit, Arroganz, Ignoranz, Schamlosigkeit irgendwelcher Eliten im Westen die uns wie eine Herde Schafe in eine😉 gute Zukunft treiben.🐑 Mäh,mäh. Ach was, stoisch in der Ruh, schauen wir dem Schicksal zu. Wir, das Zentrum des Universums zeigen der Welt was richtig oder falsch. Was gut oder böse ist. Denn wir sind Gottgleich. Auf nach Trantor. Lang lebe Zyklotrop.

    1. Was uns nicht passt nennt man Überkapazität? Und wie nennen es die Chinesen? Auf alle Fälle haben ich gelesen, dass diese „Überkapazität“ in China zu Deflation führen würde, weiss nicht ob das stimmt.

  2. Globalisierung rückwärts

    Wenn man Globalisierung wirklich will und gut findet sollte man auch akzeptieren,dass unterentwickelte Länder mit billiger Energie und Rohstoffen zur Konkurrenz werden. Lange hat man nur die Vorteile erklärt und das Volk angelogen, indem man sagte ,dass alle profitieren. Solange nur die Lebensmittel billiger waren und die Industrie noch die Arbeitsplätze hier erhalten hat, hat’s noch funktioniert. Die unterentwickelten Länder haben nun aufgeholt oder den Westen sogar überholt und jetzt schlägt die Globalisierung voll durch und die Lüge,dass alle profitieren, wird aufgedeckt.
    Sehr dumm,dass man den ganzen Prozess mit der selbstverschuldeten Verteuerung der Energie noch forciert. Die Elite und Profiteure der Umverteilung brauchen natürlich keinen einheimischen Arbeitsplatz, die Geldvernehrer-Industrie kann natürlich weiterhin gut global handeln und leben.

  3. Wenn ich die Handelsdaten Chinas betrachte erkenne ich die Bemühung Überschüsse zu begrenzen
    Nur eine ausgewogene Handelsbilanz erlaubt beiden Handelspartnern eine win-win situation
    dieses land sollte man sich nicht zum Feind machen – Frau Bierbock

  4. Wer nicht mehr Immobilien vertraut, investiert auch vermehrt in Gold. Und das wird nicht so gerne für den Konsum verwendet, wie bunte Zettel die durch die Inflation dahinschmelzen.

    …Die Menschen in China sind so besorgt über die Wirtschaft, dass sie trotz des schwachen Yuan mehr Gold kaufen…

    https://www.businessinsider.de/wirtschaft/international-business/china-trotz-schwachem-yuan-kaufen-buerger-mehr-gold/

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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