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Reform - oder Rückkehr zu Mao? China: Schuldenpolitik – Wachstum um jeden Preis?

China vor entscheidenden Phase

China Schulden Xi Jinping
Foto: Allexxandar - Freepik.com

China steht vor einer entscheidenden Phase seiner wirtschaftlichen Entwicklung. Ein hochrangiger Berater der Zentralbank fordert, dass das Land seinen Wachstumskurs fortsetzen muss – selbst wenn dies eine höhere Verschuldung bedeutet. Gleichzeitig wird ein kritisches Narrativ der chinesischen Führung hinterfragt: Wachstum ist aber nicht gleich Wachstum. Welche Weichen werden auf dem 3. Plenum der kommunistischen Partei im Juli gestellt?

China: Der Mythos vom Niedergang der USA – Realität oder Fiktion?

Das Narrativ von Asiens unaufhaltsamem Aufstieg und dem gleichzeitigen Niedergang des Westens wird von der chinesischen Fuehrung gerne verbreitet und hat in weiten Kreisen des Westens Anklang gefunden. Parag Khanna, CEO von AlphaGeo und Autor mehrerer Bücher, spiegelt diese Sichtweise in seinem Artikel “The Coming Entropy Of Our World Order” wider, indem er Asien als das neue Zentrum der globalen Ordnung bezeichnet.

Doch aktuelle wirtschaftliche Daten und Analysen zeichnen ein differenzierteres Bild. Ein prominenter chinesischer Wirtschaftsberater stellt eine andere Realität dar: Seit dem Ende der Covid-Pandemie haben zwar viele Länder ihr Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2019 übertroffen, aber im Vergleich zu den Vereinigten Staaten ist ihr Anteil am globalen BIP gesunken. Die USA haben ihren Beitrag zum globalen BIP um 2-3 Prozentpunkte erhöht, was auf ein starkes Wirtschaftswachstum trotz hoher Inflation hinweist, unterstützt durch fiskalische Anreize und technologische Innovationen.

Dieser Spielverderber, der das offizielle Narrativ in Frage stellt, ist Huang Haizhou, Professor an der Tsinghua PBCSF und neuestes Mitglied des geldpolitischen Ausschusses der chinesischen Zentralbank. Huang, ein ehemaliger Ökonom beim Internationalen Währungsfonds und bei Barclays, machte diese Bemerkungen in einer Rede zum 80. Bestehen des Bretton-Woods-Abkommen, dass in den chinesischen sozialen Medien einen breiten Widerhallt fand.

In China wird erwartet, dass die Netto-Neuverschuldung der lokalen und regionalen Regierungen (LRGs) im Jahr 2024 hoch bleibt, mit neuen Schulden in Höhe von etwa 137 Milliarden US-Dollar. Diese Entwicklung spiegelt eine Neuausrichtung der chinesischen Regierung wider, die darauf hindeutet, dass sie bereit sein könnte, das Haushaltsdefizit über die üblichen drei Prozent des BIP hinaus zu erhöhen, um das Wirtschaftswachstum zu fördern. Mit einer Verschuldungsquote der Zentralregierung bei 21 Prozent des BIP und einer noch deutlicheren Quote bei den Kommunalverwaltungen von 76 Prozent, steht das Wachstum im Mittelpunkt der wirtschaftspolitischen Überlegungen – ein Echo der Ansichten Huang Haizhous, der Wachstum als Schlüssel zur Überwindung finanzieller Engpässe sieht.

China und sein Balanceakt: Nachhaltiges Wachstum versus Schuldenfalle

Das eigentliche Problem, mit dem China konfrontiert ist, ist nicht das Wachstum an sich, sondern die Qualität und Nachhaltigkeit dieses Wachstums. Michael Pettis, ein renommierter Experte für Chinas Wirtschaft, hebt hervor, dass die Herausforderung für das Land darin besteht, ein Wachstum zu erzielen, das nicht nur kurzfristige Erfolge bringt, sondern auch langfristig tragfähig ist1. Pettis warnt davor, dass ein schuldenbasiertes Wachstum, das sich in weiteren Infrastrukturprojekten niederschlägt, die China nicht benötigt, eine ernsthafte Sorge darstellt2.

Er argumentiert, dass viele Jahre hohen Wirtschaftswachstums in China nur möglich sind, wenn das Land seine Struktur so umgestaltet, dass der inländische Konsum gestärkt wird. Dies würde bedeuten, sich von einem Modell zu entfernen, das stark auf Investitionen und Exporte ausgerichtet ist, hin zu einem Modell, das den inländischen Verbrauch fördert. Pettis’ Ansichten sind besonders relevant im Kontext der aktuellen Diskussionen über Chinas Wirtschaftspolitik und die Notwendigkeit, ein Gleichgewicht zwischen Schuldenaufnahme und Wirtschaftswachstum zu finden.

3. Plenum: Reform – oder Rückkehr zu Mao?

Seit Xi Jinpings Wahl zu seiner dritten Amtszeit richtet sich die Aufmerksamkeit auf das bevorstehende 3. Plenum der Kommunistischen Partei Chinas, das nun im Juli stattfinden soll. Dieses Treffen ist von großer Bedeutung, da es traditionell die wirtschaftspolitische Marschrichtung für die nächsten fünf Jahre festlegt.

Xi Jinping hat bereits angekündigt, dass er den Weg weiterer Reformen gehen will. Doch die Entwicklungen der letzten Jahre deuten darauf hin, dass diese Reformen möglicherweise eher in Richtung zu Maos Idealen gehen, anstatt den reformorientierten Pfad Deng Xiaopings fortzusetzen. Es wird interessant sein zu sehen, wie Xi Jinping der gegenwärtigen Unwucht der chinesischen Wirtschaft begegnen will und ob es ihm tatsächlich gelingt, “qualitativ hochwertiges Wachstum zu schaffen”, oder ob nicht die nächste Blase geschaffen wird, die sich in den Investitionen in neue Produktionskapazitäten ankündigt. Der Druck auf Xi Jinping ist jedenfalls groß – die Generation Z in China steht vor einer schwierigen Zukunft, wenn der Gesellschaftsvertrag von Peking nicht mehr eingehalten werden kann



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1 Kommentar

  1. Staatspräsident Xi Jinping hat sich im zurückliegenden Jahr drei mal mit der Präsidentin der Europäische Kommission Dr. Ursula von der Leyen getroffen. Von daher ist auszugehen, daß das Politische Präsidium der Kommunistische Partei Chinas an der gelenkte sozialistische Marktwirtschaft festhält.

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