Der jüngste Einbruch der Big Tech-Aktien erhöht den Druck auf die Aktienmärkte. Die Berichtssaison der sogenannten Magnificent Seven, zu denen Nvidia, Apple und Co. gehören, darf keine Enttäuschung liefern, sonst droht eine Fortsetzung der jüngsten Korrektur im Nasdaq 100 und S&P 500. Einen Fehlschlag können sich die Techschwergewichte nicht erlauben, angesichts der überzogenen Bewertungen nach der fulminanten KI-Rallye in den letzten Monaten.
Für die großen Technologiewerte stand zu Beginn dieser Berichtssaison bereits viel auf dem Spiel. Nach der schlechtesten Woche, die der Nasdaq 100 Index seit drei Monaten erlebt hat, sind sie jetzt noch höher.
Korrektur der Big Tech-Aktien
Nachdem die Technologieriesen den größten Teil des Jahres, die Rallye an den US-Aktienmärkten angeführt hatten, prallten die Big Tech-Werte diese Woche gegen eine Wand. Die Anleger lösten schließlich eine Rotation von den hochfliegenden Megacap-Aktien zu den risikoreicheren, nachlaufenden Teilen des Marktes aus. Angetrieben durch Wetten auf Zinssenkungen der Federal Reserve, die Drohung mit weiteren Handelsbeschränkungen für Chiphersteller und die Sorge, dass der Hype um künstliche Intelligenz übertrieben sein könnte, nahmen sie Gewinne mit. Der KI-Liebling Nvidia sank in dieser Woche um 8,8 %, während Amazon.com um 5,8 % nachgab.
Da die Wall Street davon ausgeht, dass sich das Gewinnwachstum der Tech-Giganten verlangsamen wird, investieren die Händler ihre diesjährigen Gewinne in billigere Bereiche, wie z. B. in Aktien von Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung, die von niedrigeren Kreditkosten profitieren, und in Sektoren wie das Gesundheitswesen, in denen mit einem Anstieg der Gewinne zu rechnen ist. Das alles erhöht die Aufmerksamkeit für die nächste Woche, wenn die großen Technologieunternehmen ihre Quartalsergebnisse vorlegen.
„Es gibt viele Gründe, die dafür sprechen, dass die Technologie-Aktien im kommenden Jahr weniger freundlich sein werden“, so Sameer Samana, Senior Global Market Strategist beim Wells Fargo Investment Institute. „Auf diesen Niveaus muss schon alles perfekt laufen“.
Aktienmärkte: Big Tech-Rallye am Ende?
Vor der entscheidenden Phase der Berichtssaison ist der Nasdaq 100 in diesem Jahr um 16 % gestiegen, nachdem er in dieser Woche um 4 % gefallen war – der stärkste Rückgang seit April. Der S&P 500 Index ist im Jahr 2024 um etwa 15 % gestiegen, wobei ein Großteil des Anstiegs auf die Big Tech-Aktien entfällt.
Alphabet und Tesla beginnen am Dienstag mit der Berichtssaison der sogenannten Magnificent Seven. Die Ergebnisse der anderen Big Tech-Werte Apple, Microsoft, Amazon und Meta Platforms erscheinen in der darauffolgenden Woche. Die gesamte Gruppe hat von dem durch KI angeheizten Optimismus profitiert. Nun wollen die Anleger die Gewissheit haben, dass die Tech-Aktien die Vorschusslorbeeren auch verdient haben. Dafür müssen sie ihre Gewinne und Umsätze weiter steigern. Andernfalls könnte sich die Korrektur an den Aktienmärkten ausweiten.
Eine „epische“ Trendwende bei Big Tech wird sich fortsetzen, es sei denn, die Unternehmen können die Analysten davon überzeugen, ihre Umsatzschätzungen für die zweite Jahreshälfte und 2025 anzuheben, schrieben die Strategen von Goldman Sachs, darunter David Kostin, in einer Mitteilung an die Kunden am Freitag.
„Wenn diese Big Tech-Werte keine nennenswerten Gewinne und Umsätze aus der KI generieren können und man die Auswirkungen dieser Idee herausrechnet, dann fallen die Aktien auf das Niveau zurück, wo sie vor einem Jahr waren“, sagte Samana von Wells Fargo.
Abby Joseph Cohen, Professorin an der Columbia Business School und ehemalige leitende Anlagestratege bei Goldman Sachs, erklärt in einem Bloomberg-Interview, was unter der Oberfläche des KI-gesteuerten Investierens vor sich geht.
Berichtssaison als Feuertaufe
Die fünf größten US-amerikanischen Technologieunternehmen – Apple, Microsoft, Nvidia, Alphabet und Amazon – stehen vor schwierigen Vergleichen mit den herausragenden Gewinnzyklen des vergangenen Jahres. Die von Bloomberg Intelligence zusammengestellten Daten zeigen, dass die Gewinne von Big Tech im zweiten Quartal voraussichtlich um 29 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum steigen werden.
Das ist zwar immer noch stark, aber weniger als in den letzten drei Quartalen, in denen das Wachstum der Gruppe zwischen 44 % und 49 % lag. Die allgemeine Botschaft der Wall Street: Erwarten Sie, dass die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen immer noch boomen, aber nicht mehr in dem Ausmaß wie im letzten Jahr.
Google und Tesla im Blick
Es gibt noch weitere Themen, mit denen sich die Aktienmärkte ab nächster Woche beschäftigen werden.
Die Google-Muttergesellschaft Alphabet wird zum Beispiel einen Einblick in die Gesundheit des digitalen Werbemarktes geben. Der Suchmaschinengigant wird im zweiten Quartal bei einem Umsatz von 70,7 Mrd. US-Dollar voraussichtlich einen Gewinn von rund 23 Mrd. US-Dollar erzielen, was einem Anstieg von 25 % bzw. 14 % entspricht, so der Durchschnitt der von Bloomberg zusammengestellten Analystenschätzungen.
Angesichts der sinkenden Nachfrage nach Elektroautos werden die Marktteilnehmer die Ankündigung von Tesla mit großem Interesse verfolgen. Der Gewinn des Autoherstellers wird im zweiten Quartal voraussichtlich um 37 % auf 1,7 Mrd. USD schrumpfen, während der Umsatz voraussichtlich um 1 % auf 24,6 Mrd. USD zurückgehen wird.
Das hat die Stimmung für die Tesla-Aktie nicht getrübt, die seit ihrem Tiefstand im April um fast 70 % gestiegen ist. Die Anleger setzen ihre Hoffnungen auf den von Elon Musk versprochenen Robotaxi-Service. Nachdem das Unternehmen eine ursprünglich für den nächsten Monat geplante Veranstaltung verschoben hat, werden die Anleger auf der Bilanzpressekonferenz von Tesla nach Details über die Fortschritte bei der Initiative für selbstfahrende Autos Ausschau halten.
CrowdStrike Holdings, das für einen weltweiten IT-Ausfall am Freitag verantwortliche Cybersicherheitsunternehmen, legt seine Ergebnisse voraussichtlich erst Ende nächsten Monats vor.
Überzogene Big Tech-Bewertungen
Trotz der jüngsten Rückgänge können Aktien wie Nvidia und Meta Platforms immer noch große Gewinne verbuchen. Nvidia, das erst Ende nächsten Monats seinen Geschäftsbericht vorlegen wird, hat sich in diesem Jahr mehr als verdoppelt, während Meta Platforms mehr als ein Drittel zugelegt hat. Infolgedessen sind die Bewertungen vieler Tech-Unternehmen nach wie vor überzogen. Nvidia wird mit dem 37-fachen der für die nächsten 12 Monate prognostizierten Gewinne bewertet, während Microsoft und Apple beide mit dem 31-fachen gehandelt werden.
Die durchschnittliche Bewertung für den S&P 500 liegt beim 21-fachen. Die Benchmark für Small-Cap-Aktien, der Russell 2000 Index, wird mit dem 26-fachen der geschätzten Gewinne gehandelt.
Der Technologiesektor ist das einzige Segment der Aktienmärkte, in dem die Bewertungen deutlich über den historischen Durchschnittswerten liegen. Nichtsdestotrotz haben Analysten ihre Schätzungen immer noch nach oben korrigiert, so Gina Martin Adams, Chefanalystin für Aktien bei Bloomberg Intelligence. Das hat zu einer Situation geführt, in der verfehlte Gewinne oder schwächere Ausblicke wahrscheinlich hart bestraft werden, sagte sie.
„Ein Fehlschlag in der Tech-Branche gilt an den Aktienmärkten derzeit als unverzeihliche Sünde, weil die Erwartungen so hoch sind“, so Adams.
FMW/Bloomberg
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