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BaFin will Futures (mit Nachschusspflicht) für Privatanleger verbieten!

Schreibtisch mit Bildschirmen

Das ist ein Paukenschlag! De facto will die BaFin den Handel mit Futures für Privatanleger verbieten! Denn anders ist die Verlautbarung der BaFin nicht zu verstehen, die vor wenigen Minuten verkündet wurde. Offiziell nennt die BaFin die Ankündigung ihrer Maßnahme „Produktintervention: BaFin will Privatkunden bei Handel mit Futures besser schützen“. Hier die Headline-Aussage, Zitat: Privatkunden in Deutschland sollen auch beim Handel mit Futures davor geschützt werden, in hoch-volatilen Marktsituationen ihr gesamtes Vermögen zu verlieren. Die BaFin plant daher, die Vermarktung, den Vertrieb und den Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten zu beschränken. Privatkunden dürften mit diesen Produkten dann nicht mehr handeln. Nachschusspflichten bei finanziellen Differenzkontrakten (Contracts for Difference, CFD) hatte die deutsche Finanzaufsicht bereits 2017 verboten.

In der Tat: Bei CFDs wurde die Nachschusspflicht für Privatanleger verboten, und Privatanleger können weiterhin CFDs handeln. Die Anbieter haben sich angepasst. Aber bei CFDs ist der Broker, bei dem der Kunde sein Börsenkonto unterhält, der Kontrahent im Handel. Der Broker nimmt sozusagen die CFD-Wette des Kunden auf das eigene Buch. Er schließt die Position des Kunden, sobald das Konto sich bedrohlich der Null-Linie nähert.

BaFin will Futures ohne Nachschusspflicht – wie soll das gehen?

Aber jetzt soll auch die Nachschusspflicht im Handel mit Futures für Privatanleger entfallen. Dies gleicht de facto einem Verbot des Zugangs zu Futures für Privatanleger. Denn bei Futures ist nicht der Broker der Kontrahent, bei welchem der Kunde sein Handelskonto führt. Bei Futures handelt der Kunde über eine Terminbörse, und der Kontrahent ist ein anderer Trader irgendwo auf diesem Planeten. Der jeweilige Trader trägt hier unbegrenzt das Nachsuss-Risiko – wird also das Kontoguthaben aufgebraucht, muss der Kunde neues Geld einzahlen um die Position aufrecht zu erhalten. Wird eine Position über Nacht durch große Gaps in den Basiswerten deutlich bewegt, und ein Börsenkonto rutscht dramatisch hoch ins Minus, haftet der Kunde, der den Futures-Kontrakt eingegangen ist.

Bei CFDs konnten die jeweiligen Broker einfach sagen, dass sie quasi die Nachschusspflicht abschaffen. Aber bei Futures wird das Produkt nicht vom Broker, sondern von der jeweiligen Börse mit festen Kontraktspezifikationen aufgesetzt. Institutionelle wie auch Privatanleger handeln exakt den selben Futures-Kontrakt. Theoretisch müssten dann die Banken/Broker, wo die Kunden ins Minus rutschen, jedes Mal manuell Verluste ausgleichen bei einem Kontominus – auf eigene Kosten. Da aber die BaFin sagt, dass die „Vermarktung, der Vertrieb und der Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger untersagt“ werden soll – müssten die Börsen separate Futures für Privatanleger entwerfen? Wie sollte das funktionieren? Quatsch!

Ein Zitat aus dem ellenlangen Text der BaFin:

Nach der hier gegenständlichen Sach- und Rechtslage stellt sich die vorliegende Beschränkung der Vermarktung, des Vertriebs und des Verkaufs von Futures mit Nachschusspflichten in Deutschland als recht- und zweckmäßig sowie verhältnismäßig dar.

Und:

Die Beschränkung ist in dem im Tenor genannten Umfang auch erforderlich. Mir steht kein milderes Mittel zur Verfügung, das in gleicher Weise geeignet wäre, die vorliegenden erheblichen Bedenken für den Anlegerschutz auszuräumen.

Aus den Ausführungen der BaFin kann man zusammenfassend sagen: Viele Privatanleger machen Verluste mit Futures – also muss man den (ahnungslosen und unbedarften?) deutschen Michel vor sich selbst schützen? Durchschnittlich erlitten laut BaFin-Untersuchung mehr als die Hälfte der Kleinanleger Verluste im Future-Handel. Teilweise seien sogar Verlustquoten von über 75 Prozent zu erkennen.

Immer wieder liest man im langen Text der BaFin, dass sie ein Problem mit „Futures mit Nachschusspflichten“ hat. Damit unterstellt man ja fast, dass man einfach Futures ohne Nachschusspflicht einführen sollte – was aber nicht dem Wesen des Future-Kontrakts entspricht. Nochmal zur Info: Bei CFDs ging die Umstellung, weil die CFD-Broker die Kundenwetten eh aufs eigene Buch nehmen, und ihre AGBs nur ändern brauchten. Futures sind aber von Profi-Investoren genutzte Instrumente, die an globalen Terminbörsen gehandelt werden. Das Wesen eines Futures-Kontrakts ist nun mal die unbegrenzte Nachschusspflicht.

BaFin glaubt an Futures ohne Nachschusspflicht – der Broker soll es richten

Offenbar glaubt die BaFin, dass die Broker/Banken, die bislang Futures für Privatkunden anbieten, einfach ihre Angebote modifizieren, und dann das unbegrenzte Nachschuss-Risiko übernehmen – sozusagen gegen etwas höhere Gebühren als Risikoschutz? Oder sollen die Margins ins Unermessliche steigen, damit der Kunde nicht so nah am Rand zur Nachschusspflicht hängt? So äußert sich die BaFin dazu, Zitat:

Durch die Allgemeinverfügung wird das wirtschaftliche Interesse der Intermediäre an der Vermarktung, dem Vertrieb und Verkauf von Futures mit Nachschusspflichten an Kleinanleger in Deutschland beeinträchtigt. Insbesondere können Kosten auf Seiten der Intermediäre bei der Umsetzung der Allgemeinverfügung entstehen, wie zum Beispiel IT-Kosten, Beratungskosten sowie Kosten im Zusammenhang mit der Aktualisierung von Geschäftsbedingungen. Zudem ist zu erwarten, dass sich die Intermediäre bei einem Ausschluss der Nachschussflicht im Vertragsverhältnis mit dem Kleinanleger gegen das in der Höhe der Nachschusspflicht übernommene Marktrisiko absichern werden und dies für die Intermediäre zusätzlich Kosten verursachen könnte. Diese Kosten sind jedoch nicht im beachtlichen Umfang zu erwarten und müssen deshalb vor dem Hintergrund des verbesserten Anlegerschutzes zurückstehen. Zudem zeigte die Marktuntersuchung der Bundesanstalt, dass ein Ausschluss der Nachschusspflichten auf Ebene der Geschäftsbeziehung zwischen Kleinanleger und Intermediär durchaus möglich ist und auch ein Angebot von Futures ohne Nachschusspflicht für Intermediäre weiterhin wirtschaftlich erscheint.

Futures ohne Nachschusspflichten können Kleinanlegern in Deutschland weiterhin vermarktet, vertrieben und verkauft werden. Eine Umstellung des Geschäftsmodells der Intermediäre ist daher nicht erforderlich, sondern beschränkt sich auf die Vornahme konzeptioneller und rechtsgeschäftlicher Anpassungen betreffend Futures mit Nachschusspflichten in Bezug auf die Kundengruppe der Kleinanleger.

Weiter schreibt die BaFin:

Es ist hingegen nicht auszuschließen, dass die Maßnahme zu Modifikationen beim Future-Handel (in weiteren Sinne) führt, da Intermediäre sich erwartungsgemäß gegen das in Höhe der Nachschusspflicht übernommene Marktrisiko absichern werden. Den Intermediären würden als Teil ihres Risikomanagements vor allem laufende Kosten aufgrund zusätzlicher Kapitalanforderungen oder Absicherungsgeschäfte entstehen, welche teilweise an die Anleger weitergegeben werden könnten. Dies kann in manchen Fällen neben der Begrenzung der Auswahl an Basiswerten auch zu einem höheren Mindestguthaben auf dem Handelskonto, einer Hebelbegrenzung oder höheren Produktkosten führen. Insofern könnte die Beschränkung zumindest indirekt Auswirkungen auf Kleinanleger haben. Bereits auf dem Markt angebotene Futures ohne Nachschusspflichten zeigen jedoch, dass das Produkt weiterhin Kleinanlegern zur Verfügung stehen wird und ihre Freiheiten bei der Anlageentscheidung durch die Maßnahme nicht wesentlich eingeschränkt werden. Kleinanleger können also weiter mittelbar am Terminmarkt teilnehmen, ohne unkalkulierbare Verlustrisiken durch die Nachschusspflicht in Kauf nehmen zu müssen.

Wie bereits bei CFDs, kann sich der gut informierte Privatanleger aus der Klassifizierung als „Kleinanleger“ befreien, und dann zukünftig weiterhin Futures als „professioneller“ Kunde mit Nachschusspflicht handeln, so die BaFin heute. Die Hürden für diese Umklassifizierung dürften aber hoch sein. Zitat BaFin:

Im Übrigen kann sich ein Kleinanleger bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen als professioneller Anleger einstufen lassen und nach der Erlangung dieses Status den Zugang zu unbeschränkten Futures erhalten. Die Einstufung als professioneller Kunde nach § 67 Abs. 6 WpHG steht dem Kleinanleger offen, wenn er aufgrund seiner Erfahrungen, Kenntnisse und seines Sachverstandes in der Lage ist, eine Anlageentscheidung zu treffen und die damit verbundenen Risiken angemessen zu beurteilen.

Die BaFin gibt den Banken/Brokern die Möglichkeit sich zu dieser anstehenden Maßnahme bei der BaFin zu melden und Kommentare dazu abzugeben bis zum 17. März 2022, an [email protected]

Fazit: Es gleicht einem de facto Verbot von Futures für Privatanleger. Werden einige Banken und Broker Privatkunden einfach keine Futures mehr anbieten, weil man das enorme Haftungsrisiko der unbegrenzten Nachschusspflicht scheut? Gut möglich! Andere Anbieter könnten womöglich für Privatkunden die Gebühren und Margins stark anheben, so dass Privatanleger abgeschreckt werden. Dann doch lieber Zertifikate handeln, wo die Banken eh viel mehr an den Kunden verdienen?



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2 Kommentare

  1. Man will die Privatanleger schützen und diese machen dann strukturierte Produkte ohne Nachschusspflicht und haben zusätzlich das Emittenten-Risiko. Also hat man das Gegenteil erreicht, anstatt Schutz zusätzliches Ausfallrisiko.

  2. Es geht nicht um Anlegerschutz. Dazu muss man aber die Verordnung der Bafin selber lesen. Die Bafin konnte trotz einer langen Marktuntersuchung keine Gründe für eine konkrete Gefährung der Kleinanleger nennen. Daher blieb ihr nichts anderes übrig, als Allgemeinplätze zu dokumentieren. Es ist ein politisches Verbot.

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