In der letzten Woche hat die Sektor-Rotation an den US-Aktienmärkten Schwung aufgenommen, da sich die Markterwartung an eine Zinssenkung der Fed im September verfestigt hat. Anleger wenden sich derzeit von den großen Tech-Aktien, den sogenannten Magnificent 7, ab und setzen stattdessen auf Nebenwerte im Russell 2000 und Old-Economy-Titel im Dow Jones. Innerhalb des Tech-Sektors kam es ebenfalls zu einer Rotation. Die KI-Laggards (KI-Nachzügler oder auch Late Adopters) finden immer mehr Gefallen, während die Magnificent-7-Aktien zunehmend an Glanz verlieren.
Die Wall Street sucht nicht mehr nur nach den offensichtlichen Mega-Aktien, sondern auch nach der nächsten Etappe im Trade mit Werten, die von der künstlicher Intelligenz profitieren, so ein Bericht von Bloomberg.
KI-Aktien: Rotation aus den Magnificent 7
In der Annahme, dass den „Magnificent 7“ nach einer 18-monatigen Rally die Luft ausgeht, richten einige Anleger ihre Aufmerksamkeit auf die sogenannten „AI Laggards“ (KI-Nachzügler). Diese Gruppe, zu der Intel., Advanced Micro Devices (AMD) und International Business Machines gehören, ist dem Thema KI ebenfalls ausgesetzt, konnte aber in der ersten Jahreshälfte nicht mit den Gewinnen der größten KI-Gewinner wie den Mag-7 mithalten.
Alle drei Aktien haben sich im vergangenen Monat besser entwickelt, während das KI-Aushängeschild Nvidia in diesem Zeitraum leicht gefallen ist. Chip-Aktien sanken am Mittwoch auf breiter Front, nachdem Bloomberg berichtet hatte, dass die Biden-Regierung die Anwendung der strengsten verfügbaren Handelsbeschränkungen in Erwägung zieht, falls Unternehmen China weiterhin Zugang zu fortschrittlicher Chip-Technologie gewähren. Auch die Aussagen von Trump über Taiwan haben den Chip-Sektor unter Druck gebracht und damit die Tech-Werte aus dem Nasdaq 100 belastet.
KI-Nachzügler-Aktien mit Aufholjagd
Entscheidend ist, dass die KI-Nachzügler auch eine niedrigere Bewertung haben als die Magnificent 7 und in Bezug auf die Stimmung und die Gewinnerwartungen noch Luft nach oben haben, was darauf hindeutet, dass sie für den Rest des Jahres 2024 gut aufgestellt sein könnten.
„Wir glauben an eine Aufholjagd bei einigen Halbleiter-, Hardware- und sogar Software-Aktien – besonders bei denen mit niedrigeren Erwartungen“, schrieb Melius-Analyst Ben Reitzes in einer Notiz in diesem Monat und fügte hinzu, dass ein ähnliches Muster im Jahr 2023 auftrat, als die ‚Underdogs‘ der ersten Jahreshälfte in der zweiten Hälfte gut abschnitten.
Reitzes nahm auch Apple in seine Liste der Aktien auf, die in den ersten sechs Monaten unterdurchschnittlich abgeschnitten haben. Die Aktien des iPhone-Herstellers sind seit April stetig gestiegen und sind damit anderen KI-Nachzügler vorausgeeilt. Besonders stark waren sie aber erst, nachdem Apple im letzten Monat seine lang erwarteten neuen KI-Funktionen vorgestellt hat.
Ted Mortonson, Sektorstratege für den Technologiesektor bei Baird, sagte, dass die Anleger beginnen, in Aktien zu investieren, deren Fundamentaldaten stark sind, aber die Erwartungen niedriger sind, was mehr Raum für Aufwärtsbewegungen lässt.
„Die offensichtlichen KI-Aktien wie Nvidia und Meta haben sich im letzten Jahr verdoppelt und stehen nun vor einem langsameren Wachstum“, sagte er. „Man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um zu glauben, dass sie überbewertet sind und dass es eine Aufholjagd bei Namen geben könnte, die zuvor übersehen wurden.
Künftige KI-Gewinner
Mortonson hob andere Aktien hervor, die er als Nutznießer des KI-Trades sieht, einschließlich des Softwareunternehmens F5 Inc., den Hersteller von elektronischen Messinstrumenten Keysight Technologies und der mit Halbleitern verbundenen Unternehmen Diodes, Coherent Corp, Lumentum Holdings sowie Aehr Test Systems, die am Dienstag einen positiven Ausblick gaben.
Die Rotation kommt nach einem ersten Halbjahr, in den Magnificent 7 wie Nvidia, Microsoft und Alphabet, die den Aktienmarkt nach oben getrieben haben. Doch die hohen Bewertungen dieser Aktien könnten ihnen für den Rest des Jahres 2024 ein schwierigeres Umfeld bescheren. Die Analysten der Citigroup schlugen den Anlegern kürzlich vor, bei einigen hochfliegenden KI-Aktien Gewinne mitzunehmen und sich auf ein breiteres Spektrum von KI-Werten entlang der Wertschöpfungskette umzuschichten.
Laut Bloomberg Intelligence wird sich das Gewinnwachstum der „Magnificent 7“ in der zweiten Jahreshälfte 2024 und im nächsten Jahr voraussichtlich verlangsamen. Gleichzeitig werden KI-Gewinner wie Nvidia und Microsoft mit erheblichen Aufschlägen auf ihre langfristigen Multiplikatoren gehandelt, was Nachzügler wie IBM und Intel im Vergleich dazu wie Schnäppchen aussehen lässt.
Die Ergebnisse von IBM für das zweite Quartal nächste Woche werden ein wichtiger Anhaltspunkt dafür sein, ob dieser Rotations-Trade weitergehen kann. Im letzten Quartal sorgten schwache Umsätze der Beratungseinheit des Unternehmens für den größten Tageseinbruch seit mehr als zwei Jahren. Während die Magnificent-7 in diesem Jahr einen Rekord nach dem anderen aufgestellt haben, hat IBM seit 2013 keinen mehr aufgestellt.
„Jeder besitzt die wachstumsstarken Tech-Aktien, aber die Value-Seite wurde zu einer Zeit vernachlässigt, in der der Makrozyklus ziemlich günstig sein sollte“, sagte Ohsung Kwon, Equity and Quantitative Strategist bei der Bank of America.
„Es gibt definitiv einen Rotations-Trade innerhalb der Technologiebranche, da die Positionierung ziemlich extrem geworden ist“.
Aktienmärkte: Tech-Chart des Tages
Die jüngste Stärke der Small-Cap-Aktien betrifft auch den Tech-Sektor, der sein größeres Pendant, die Large-Caps, in letzter Zeit hinter sich gelassen hat. Ein Index, der Small-Cap-Technologiewerte abbildet, legte am Dienstag um 3 % zu und verzeichnete damit den größten Tagesgewinn seit Dezember, während der Large-Cap-Tech-Index um 0,4 % fiel. Während Large-Cap-Aktien wie die Magnificent 7 in diesem Jahr nach wie vor die entscheidenden Outperformer sind, haben die kleineren Werte in den letzten Wochen aufgeholt. Der Small-Cap-Tech-Index ist um mehr als 10% gestiegen, verglichen mit einem Anstieg von 3,8 % bei den Large-Caps.
Brian Nick, Leiter der Portfoliostrategie bei Newedge, erklärt im Bloomberg-Interview, dass sein Unternehmen von der Untergewichtung von Small-Cap-Aktien abgerückt ist und sich auf Qualität konzentriert und nicht auf eine „Junk-Rally“ setzt.
FMW/Bloomberg
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