Die Aussicht auf sinkende Zinsen in den USA hat eine Sektor-Rotation an den US-Aktienmärkten eingeleitet und lässt nahezu alle Anlageklassen steigen. Während die Rekordjagd der technologielastigen Indizes S&P 500 und Nasdaq 100 etwas ins Stocken geraten ist, heben die Small-Cap-Aktien aus dem Russell 2000 und die Standardwerte aus dem Dow Jones ab. Der Old-Economy-Index überwand die Marke von 40.000 Punkten und erreichte neue Rekordstände, nachdem er lange Zeit den Tech-Indizes weit hinterhergehinkt war. Der Russell 2000 legte indessen über 10% in nur fünf Handelstagen zu. Schwächere US-Konjunkturdaten und eine weitere Verlangsamung der Inflation haben dafür gesorgt, dass die Märkte eine Wahrscheinlichkeit von 93 % einpreisen, dass die Fed die Zinsen auf ihrer September-Sitzung senken wird.
Aussicht auf sinkende Zinsen löst Rotation aus
Seit einer Woche ist eine Sektor-Rotation an den Aktienmärkten zu beobachten. Die Anleger wenden sich von den heiß gelaufenen Tech-Aktien und KI-Gewinnern ab und setzen wieder stärker auf Nebenwerte und Old Economy. Wie Bloomberg berichtet, steigt mit zunehmenden Wetten auf Leitzins-Senkungen an der Wall Street das spekulativste Segment der Aktienmärkte so schnell wie seit der Pandemie nicht mehr.
Der Nebenwerte-Index Russell 2000 ist in den letzten fünf Sitzungen um 12% geklettert und damit so stark wie auf diese Distanz seit April 2020 nicht mehr. Der Leitindex S&P 500 kam indessen nur 1,6% voran und der technologielastige Nasdaq 100 gab sogar 0,3% nach.
Fortschritte bei der Eindämmung der Inflation haben Händler bewogen, ihre Erwartungen an eine Lockerung der Geldpolitik vorzuziehen. Sie haben eine Senkung der Zinsen im September nun voll eingepreist. Der größte börsengehandelte Fonds, der den Russell abbildet, verzeichnete im Aktien-ETF-Bereich vergangenen Woche die zweitgrößten Zuflüsse.
“Vor dem Verbraucherpreis-Bericht der letzten Woche hielten Hedge-Fonds und Händler in Small-Cap-Aktien Short-Positionen in Rekordumfang – und wurden von der niedriger als erwartet ausgefallenen Inflationsrate überrascht”, erklärt Cole Wilcox, Chef von Longboard Asset Management. “Dies löste einen Short-Squeeze und die heftige Rally bei Small Caps aus.”
Daten zu Russell-2000-Futures zeigen, dass Händler ihr Engagement auf den höchsten Netto-Short-Wert seit 2023 erhöht hatten. Rund 25% des Streubesitzes des 68 Milliarden Dollar schweren iShares Russell 2000 ETF werden short gehalten, wie Daten von S3 Partners belegen. Beim 564 Milliarden Dollar schweren SPDR S&P 500 ETF Trust sind es 9,9% und beim 302 Milliarden Dollar schweren Invesco QQQ Trust Series 1 rund 7,6%.
Aktienmärkte: Russell 2000 bereits überkauft
Der Relative-Stärke-Index für den Russell-2000 ist auf 14-Tages-Basis inzwischen auf einen Wert von 81 geklettert, was stark überkauftes Terrain signalisiert.
Skeptiker bleiben vorsichtig – zumindest so lange, bis die Börsenentwicklung durch starke Unternehmenszahlen bestätigt wird. Die gerade begonnene Berichtssaison wird darüber Aufschluss geben.
„Wir verfolgen das nicht”, sagt Garrett Melson, Portfoliostratege bei Natixis Investment Managers Solutions. “Man sollte sich eher zurückhalten, bis man tatsächlich Anzeichen dafür sieht, dass sich das Wachstum stabilisiert und sich wieder belebt.” Es ist noch zu früh, um von einer nachhaltigen Trendwende an den Aktienmärkten zu sprechen.
FMW/Bloomberg
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