Allgemein

Was ist eine Ratingagentur und welche Aufgabe hat Sie?

Ratingagenturen sind private Unternehmen, die eine Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Staates oder Unternehmens vornehmen. Durch ihre Einschätzungen können sie die gesamte Volkswirtschaft beeinflussen. Ziel ist es zu beurteilen, wie es um die Bonität der einzelnen Staaten und Unternehmen steht und ob ein mögliches Ausfallrisiko bei Krediten existiert. Die Ratingagenturen sollen dabei als eine unabhängige und objektive Institution dienen. Eine internationale Einstufung findet per Ratingcodes statt und beginnt mit der Bestnote von AAA (Triple-A) bis D (in default). Seit der Finanzkrise 2008 stehen die Agenturen vermehrt in der Kritik. Trotz diverser Vorwürfe sind sie für die Wirtschaft unentbehrlich.

Welche Agenturen gibt es?

Es gibt eine Art Monopol bei den größten Ratingagenturen der Welt. Die drei bekannten Agenturen – Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch – teilen sich über 90% des gesamten Marktanteils. Sie werden die „Großen-Drei“ genannt (The Big Three). Alles begann im 19. Jahrhundert mit Henry Varnum Poor. Um ein Schienennetz quer durch Amerika zu bauen, brauchten die Eisenbahngesellschaften hohe Kredite. Henry Poor hat die erste Ratingagentur gegründet und damit begonnnen die Gesellschaften zu bewerten, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen. Ein paar Jahre später folgten die anderen zwei Großen, Moody’s 1909 und Fitch 1913. In Deutschland gibt es auch vier bekannte Ratingagenturen. Dazu zählen Creditreform, Schufa, Corface und Euler Hermes Raing GmbH. Ihr Fokus liegt auf dem Mittelstand.

Was bewerten Ratingagenturen?

Im Grunde bewerten Ratingagenturen Länder und Unternehmen hinsichtlich ihrer Bonität. Die Bewertungen dienen den potenziellen Kreditgebern zur Einschätzung der Sicherheit der zu leistenden Rückzahlung des Kreditnehmers. Dabei hat die Note des Ratingergebnisses (Ratingscore) einen großen Einfluss darauf, ob und zu welchen Konditionen die Kreditnehmer Geld am Kapitalmarkt leihen können. Diese Note entscheidet darüber, in welche Ratingklasse der Kunde eingeteilt wird. Die Ratingklassen bemessen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Schuldner innerhalb des kommenden Jahres ausfallen könnte. Eine hohe Bonitätsstufe zeugt von Sicherheit, dadurch findet sich schnell ein Gläubiger, der bereit ist Kapital zu niedrigen Zinsen zu verleihen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Schuldner das geliehene Kapital und die entsprechenden Zinsen zurückzahlt, ist hoch. Wobei ein schlechtes Rating viele Gläubiger abschreckt. Um trotzdem an ein Darlehen zu gelangen, kann der Emittent (Staat, Unternehmen) der Wertpapiere höhere Zinsen anbieten, um das Interesse der Gläubiger zu erhöhen.

..und wie bewerten Sie?

Die Ratingagenturen sammeln Daten und werten diese anhand von unterschiedlichen Gewichtungen und einer statistischen Ratingfunktion aus. Darüber hinaus bewerten sie auch die qualitativen – nicht messbaren – Faktoren, unter anderem die Qualität des Managements und die Unternehmensstrategie. Daraus entsteht die Ratingnote. Über die exakten Berechnungs- und Gewichtungsfaktoren gibt es so gut wie keine öffentlichen Informationen. Daher bemängeln zahlreiche Kritiker die fehlende Transparenz bei der Berechnung. Zwar müssen Ratingagenturen bestimmten Grundsätzen folgen – Unabhängigkeit, Integrität, Transparenz Objektivität und Rechenschaftspflicht – aber ob das tatsächlich immer der Fall ist, ist zu bezweifeln.

Die Einstufung der Ratingcodes beginnt mit dem Triple-A (AAA), nur Schuldner mit einer exzellenten Bonität erfüllen diese Voraussetzung. Darauf folgen „AA“, „A“, „BBB“, „BB“, „B“, „CCC“, „CC“, „C“ – und schließlich „D“. Die einzelnen Klassen können per Plus- und Minuszeichen noch genauer unterteilt werden. Ab der Stufe „BB+“ beginnt der spekulative Bereich, dieser wird auch als Ramsch oder Junk bezeichnet. Bei einer Einstufung mit „D“, kann der Schuldner seinen Zahlungen nicht mehr nachkommen.

Kritik an den Ratingagenturen

Die Hauptkritikpunkte, die immer wieder vorherrschen, sind der enorme Einfluss auf die Volkswirtschaft und die fehlende Transparenz. Zu den weiteren wesentlichen Kritikpunkten gehören: Erstens der entstehende Interessenskonflikt, wenn Ratingagenturen von ihren Kunden selbst bezahlt werden. Zweitens ist eine Unabhängigkeit zu bezweifeln, da es im Grunde nur drei Ratingagenturen gibt. Drittens tragen die Agenturen eine Mitschuld an der Finanzkrise 2008, indem sie zu lange an falschen Rankings festgehalten haben. Der Film „The Big Short“ geht auf diese Thematik ein – ein großartiger Film, den ich nur empfehlen kann. Viertens steht immer wieder die Bewertungsmethode in der Kritik. Die Erstellung ist teilweise fragwürdig und nicht nachvollziehbar.

Aufgrund der zunehmenden Kritik an den Ratingagenturen, sind die EU-Länder und das europäische Parlament 2013 zu dem Entschluss gekommen, die Vorschriften zu verschärfen. Inzwischen können Anleger und Investoren Ratingagenturen auf Schadensersatz verklagen, falls es zu fahrlässigen oder absichtlich falschen Bewertungen gekommen ist. Weitere Regeln betreffen den Zeitpunkt von Veröffentlichungen, die Haftbarkeit der Agenturen und die Minderung von Interessenskonflikten durch Rotation von Analysten an den zu bewertenden Unternehmen.



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