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Umdenken an der Wall Street Einbruch der Aktienmärkte: Wie besorgt sollten Anleger jetzt sein?

Einbruch der Aktienmärkte: Wie besorgt sollten Anleger jetzt sein?
Ein Händler an der Wall Street. Foto: Michael Nagle/Bloomberg

Seit Mitte-Juli ist an den US-Aktienmärkten der Wurm drin, vor allem bei den technologielastigen Indizes S&P 500 und Nasdaq 100. Den Höhepunkt einer negativen Entwicklung haben wir am Freitag gesehen, als ein deutlich schwächerer Arbeitsmarktbericht für ein Umdenken an der Wall Street gesorgt hat. Nicht nur, dass der KI-Boom schwer ins Wanken geraten ist, die Marktteilnehmer befürchten jetzt auch einen Abschwung der Konjunktur, was sie zu der Frage bringt, ob die Fed vielleicht schon hinter der Kurve ist? Die schwachen Daten vom Arbeitsmarkt haben den Kurseinbruch der globalen Aktienmärkte verstärkt und die Renditen auf US-Staatsanleihen zum Einstürzen gebracht. Die Befürchtung eines Wirtschaftsabschwungs in den USA brachte den Handel rund um den Globus in Aufruhr und führte zu einem massiven Anstieg der Volatilität und einer Flucht aus den risikoreicheren Bereichen des Marktes, wie den Tech-Aktien.

Wie Bloomberg berichtet, verzeichnete der S&P 500 den stärksten Kurssturz auf die Arbeitsmarktdaten seit fast zwei Jahren. Ein Kurseinbruch bei wichtigen Technologieunternehmen ließ den Nasdaq 100 um mehr als 10 % gegenüber seinem Höchststand fallen und überschritt damit die Schwelle, die der Definition einer Korrektur entspricht.

Aktienmärkte: Umdenken an der Wall Street

Allein am Freitag sank der S&P 500 um 1,8%, während der Nasdaq 100 um 2,4% nachgab. Der Russell 2000 fiel sogar um 3,5 %. Der VIX, das „Angstbarometer“ der Wall Street, erreichte den höchsten Stand seit März 2023. Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen sanken um 19 Basispunkte auf 3,79 %. Der Dollar sackte um 0,7 % ab. Unter dem Strich ein schwarzer Tag an den Märkten.

Jahrelang hatte die Wall Street alles im Griff. Wenn die Aktienrallye mal ins Wanken geriet, setzte man einfach auf die Sicherheit von Big Tech. Haben Sie Angst, dass sich die Wirtschaft verlangsamt? Keine Sorge, die US-Notenbank Fed hält Ihnen den Rücken frei. So lautete das Mantra der vergangenen Jahre an den Aktienmärkten.

Jetzt können sich die Vermögensverwalter und Anleger aber nicht mehr auf diese Marktretter verlassen, da die turbulenteste Woche des Jahres bei allen Vermögenswerten ihre einst verlässlichen Handelspläne zunichte macht.

Angesichts der schlechten Arbeitsmarktdaten vom Freitag, die das Risiko eines bevorstehenden Wirtschaftsabschwungs unterstrichen, warnte der Anleihemarkt unmissverständlich davor, dass der restriktive geldpolitische Kurs von Powell und der Fed nun einen politischen Fehler darstellen könnte. Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem der große KI-Boom des Jahres 2024 nach hochkarätigen Gewinnenttäuschungen und neuen Befürchtungen, dass sich der Investitionsschub für viele amerikanische Unternehmen noch nicht auszahlen wird, ins Wanken gerät.

Aktienmärkte und Renditen sinken nach schwachen Arbeitsmarktdaten
Der Anleihemarkt gibt eine Warnung ab | 10-jährige Renditen fallen so stark wie seit 2008 nicht mehr

Big Tech ist kein sicherer Hafen mehr

Die Magnificent Seven, die bis Juni eine fulminante Rallye hingelegt hatten, stürzten in eine Korrektur und verloren in weniger als einem Monat etwa 3 Billionen Dollar an Wert. Ein Angstbarometer der Aktienmärkte, dass lange Zeit am Boden lag, stieg auf den höchsten Stand seit zwei Jahren, während die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen so stark wie seit 2008 nicht mehr fielen.

Die abgelaufene Woche ist zwar nur eine unbeständige Woche in einem Jahr epischer Risikobereitschaft. Dennoch sichern sich Geldverwalter jetzt plötzlich gegen alles ab, vom Risiko einer leichten Korrektur an den Aktienmärkten bis hin zu einer ausgewachsenen Krise. Fondsmanager, die mit den heißesten Trends bei den Mega-Cap-Aktien Milliarden von Dollar an leichten Gewinnen gemacht haben, mussten einen herben Schlag einstecken und sind nun zum Umdenken gezwungen.

Fed hinter der Kurve?

„Wir alle werden uns mit dem Risiko auseinandersetzen, dass die Fed die Zinsen zu spät und/oder zu langsam senkt, und das sollte sich in allen Anlageklassen widerspiegeln“, sagte Priya Misra, Portfoliomanagerin bei JPMorgan Asset Management. „Die Märkte sind vorausschauend und erkennen die sehr reale Gefahr an, dass die Wirtschaft in ein Wachstum unterhalb des Trends abrutschen könnte.“

Eine einst unvorstellbare Zinssenkung der Fed um einen halben Prozentpunkt im September ist schnell zum Basisszenario für eine Kohorte von Wall Street-Banken geworden, die plötzlich davon überzeugt sind, dass Powell zu lange mit dem Handeln gewartet hat. Der Juli-Arbeitsmarktbericht wies eines der schwächsten Ergebnisse seit der Pandemie auf, während die US-Produktionstätigkeit so stark schrumpfte wie seit acht Monaten nicht mehr.

Der Nasdaq 100 brach in seiner vierten Woche mit Verlusten um 3 % ein, während der S&P 500 die Woche mit einem Minus von 2 % abschloss. Währenddessen verzeichnete ein börsengehandelter Fonds, der US-Staatsanleihen nachbildet, den stärksten Anstieg seit 2020.

Wall Street: Angst macht sich breit

Der VIX, das „Angstbarometer“ der Wall Street, stieg im Freitagshandel auf den höchsten Stand seit 2022 und näherte sich der 30er-Marke. Der Wall-Street-Indikator zeigte an, wie schnell sich die Stimmung von einer Minute zur nächsten änder kann. Er liegt jetzt auf dem höchsten Stand seit März 2022, als die Aktienmärkte vor dem Beginn eines 24%-igen Einbruchs standen.

Wall Street: Fed hinter der Kurve? - Anleger werfen Tech-Aktien aus dem Depot
Angst steigt inmitten des 3-Billionen-Ausverkaufs im Technologiesektor – VIX springt hoch

Der Anstieg des VIX in der letzten Handelswoche ist der größte Ausbruch dieses Jahres. Gegen Powell und die Magnificent 7 zu wetten, hat sich für Händler in der Vergangenheit jedoch als teurer Fehler erwiesen. Die Geschichte ist voll von sommerlichen Einbrüchen an den Aktienmärkten, die später doch wieder rückgängig gemacht wurden.

„Der August ist ein furchtbarer, furchtbarer Monat für die Aktienmärkte. Ich weiß das, weil er in den letzten 20 Jahren fast jeden meiner Sommerurlaube unterbrochen hat“, sagt Jay Hatfield, Gründer von Infrastructure Capital Management. „Der Markt wird so gehandelt, als stünden wir vor einer bedeutenden Rezession.

Unsere These ist, dass wir den normalen saisonalen Ausraster haben und dann mehr Daten über die Wirtschaft erhalten und feststellen, dass sie nicht einbricht, sondern sich nur verlangsamt.“

Zumindest zeigen die jüngsten Schwankungen ein Muster, bei dem Schwäche bei Aktien durch Gewinne bei Anleihen ausgeglichen wird, eine Beziehung, die die Diversifizierung in einer Weise stärkt, die in den letzten beiden Jahren über weite Strecken fehlte. Dennoch zeigt der Optionsmarkt, dass die Nachfrage nach Absicherungen gegen einen Einbruch real ist. Der Preis für Tail-Risk-Hedges, die bei einem großen Aktien-Crash eine Auszahlung von bis zu 30 % vorsehen, ist auf den höchsten Stand seit Mai 2023 gestiegen.

Fed: Große Zinssenkung im September?

Angetrieben werden die Bewegungen an den Aktienmärkten durch die Befürchtung, dass Powell am Mittwoch einen Fehler begangen hat, indem er signalisierte, dass eine Zinssenkung nicht vor September zu erwarten ist. Händler halten nun eine Zinssenkung um einen halben Punkt auf der Fed-Sitzung im September für das wahrscheinlichste Szenario. Dovishe Kommentare von Powell trugen zunächst dazu bei, eine Aktienrallye am Mittwoch zu verlängern, die am Donnerstag und Freitag kurzerhand rückgängig gemacht wurde, als besorgniserregende Wirtschaftsdaten die Händler davon überzeugten, dass er nicht dovish genug war.

„Die Fed liegt hinter der Kurve„, sagte Rick Rieder, CIO of Global Fixed Income bei BlackRock und Leiter des Global Allocation Investment Teams, gegenüber Bloomberg Television. „Dieser Preis für die Zinssätze entspricht nicht dem heutigen Stand der Wirtschaft. Und schon gar nicht, wo die Inflation heute steht.“

Fast ein ganzes Jahrzehnt lang haben die Anleger Trost in den zuverlässigen Erträgen bei den großen Tech-Aktien gefunden, die sich als Gegenmittel für eine Vielzahl von Marktkrankheiten erwiesen haben. Jetzt aber sind sie plötzlich eine Quelle der Besorgnis. Die Aktien von Intel rutschten über 26 % ab, so stark wie seit mindestens 1982 nicht mehr, nachdem der Chiphersteller signalisiert hatte, dass er nicht in der Lage ist, das KI-Rennen zu gewinnen. Amazon stürzte ab, nachdem das Unternehmen den Investoren mitgeteilt hat, dass die Gewinne vorerst hinter den hohen KI-Ausgaben zurückstehen werden.

„Der Damm an den Aktienmärkten bricht, zumindest vorläufig“, sagte Mike Bailey, Direktor für Forschung bei FBB Capital Partners. „Die Anleger könnten das Gewinnwachstum im Technologiesektor zurückschrauben, wenn wir in eine Rezession geraten. Warum sollte man einen so hohen Preis für eine Tech-Aktie mit langsamerem Wachstum zahlen?“

FMW/Bloomberg



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10 Kommentare

  1. Ich habe anderswo gelesen, damals Buffet die Hälfte seiner Apple-Aktien schon verkauft hat.

    1. @robert
      ja das stimmt. Das wurde jetzt über die Veröffentlichung der Zahlen von Berkshire zum 2. Quartal bekannt. Doch er hat den Verkauf im Verlauf des Quartals vollzogen, das ja bereits ab April lief. BofA gehört auch dazu und BYD. Das gab er ab, als die Kurse noch den Himmel eroberten.
      Buffet ist ein sehr weise Investor. Hat in der Mehrzahl ein gutes Timing und auch eine sehr kontrollierte Anlagepolitik. Jetzt haben die fast 280 Mrd. Cash und finden keine lohnende Anlage. Das hat mehr Weisungscharakter, als sich in Hypes einzukaufen.

      1. Die werden die 280 Mrd. in Value… niedriges KGV und Dividende investieren.
        So wie vieles andere abseits von KI und Tech gelaufen ist besteht dort hohes Potential.
        Also Augen auf…

        1. Beim Dow Jones ist noch fast nichts passiert- die Rezession ist da noch nicht eingepreist. Nur bei einigen Einzelwerten ist das anders. Ich habe mir heute mal die europäischen Automobilaktien angesehen – schon heftig. Aber auch da scheint mir der Tiefpunkt noch nicht erreicht, da auch die mit dem DAX noch weiter fallen werden. Nun, Buffett wird sicher keine DAX-Unternehmen kaufen und auch die Wahl nächstes Jahr wird das nicht ändern.

          Nun, ich habe aktuell nur noch eine kleine, ausgebommte SDAX-Aktie und einige ähnliche Aktien stehen auf meiner Beobachtungsliste. Mal schauen was sich da bis zum Jahresende noch tut.

  2. Es geht alles vorüber.es geht alles vorbei.
    Nach einer Durststrecke kommt wieder der Wonnemonat Mai.
    2000, der Augrust damals auch der Anfang.
    Aber diesmal ist alles anders. Und eine Korrektur ist eine Korrektur, eine Korrektur der Überraschten dem Himmel so nah.

  3. wie es immer war – da wird es einige in den letzten tagen böse erwischt haben und es wird noch einige erwischen sobald alles richtung ausgang rennt. dass dieser boom immer schon auf tönernen beinen gestanden hat wollte man nicht offen aussprechen. als auch in q3 2023 die rezession sich doch nicht ausgebildet hat wurde diese best gehaßte rally zu einem sich selbstverstärkendes gegenseitiges vorsichhertreiben der akteure bis zu den heutigen absolut abstrusen bewertungen insb. der big techs. und da sind wetten mit gewaltigen hebeln am laufen.

    wenn alle gleichzeitig zum ausgang wollen, wird das auch in die andere richtung heftig „funktionieren“.

  4. Bleibt die Frage: Was tun?
    – Durch die Ausgangstür?
    – Halten?
    -Nachkaufen?
    Antworten von allen Lesern und Anlegern willkommen. Insbesondere von dem Kollegen mit der gewichten Glaskugel.

    1. siegfried,

      welch ketzerische frage, kaufen und möglichst auf pump, zur not noch die kinder verpfänden

  5. Abwarten, es kommen hier einige Punkte zusammen:
    1. Kriege, (Rohstoffe, Märkte, Absatz)
    2. Zinsen, (auch hier übernehmen sich die Banken)
    3. Urlaub, ( viele verkaufen Aktien für den Urlaub)
    4. Panik, (jetzt zittern viele um ihre Investitionen, welche in der Gier zu intensiv eingesetzt wurden)
    5. Rezession: Musste kommen, so wie in Deutschland und der EU mit der irren Energiewende Verfahren wurde.
    7. Kaufkraftverlust: Ursachen in der Energiewende, Rohstoffverteuerung, Angst um Arbeitsplätze.

    Alles zusammen eine toxische Mischung, welche voraussehen war.
    Nur unser Wirtschaftsminister wollte und musste seine Ideologie durchsetzen und hat wohl auch keine Ahnung von den volkswirtschaftlichen Netzen.

    1. Habecks „Zukunfsbranchen“ stehen jedenfalls alle im Regen. Wobei die Absagen der Ampel viele Milliarden an Subventionen einsparen könnten. Das war schon bei Covid so, wo auch viel von dem was Finanzminister Scholz ins Schaufenster stellte dann doch nicht abgeholt wurde. Kommt zB die Absage von Intel bald, könnte das mit dem Haushalt doch noch klappen. Ansonsten scheint mir die SPD auf eine Koalition mit der Union zuzusteuern, in der Hoffnung dann den Notfall ausrufen zu können und so keine sozialen Kürzungen machen zu müssen.

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