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Politische Unruhen in Frankreich Europäische Aktienmärkte tief rot – Flucht in Anleihen

Europäische Aktienmärkte tief rot - Flucht in Anleihen
Europäische Aktienmärkte. Grafik: Marketlan - Freepik.com

Europäische Aktienmärkte steuern auf die schlechteste Woche seit Januar zu, nachdem die politischen Unsicherheiten in Europa im Zuge der Europawahl zugenommen haben. Dabei steht vor allem die Neuwahl in Frankreich im Fokus, bei der die Rassemblement National von Marine Le Pen der Anwärter für den Sieg ist. Der Deutsche Aktienindex (Dax) steuert auf die Marke von 18.000 Punkten zu und liegt auf Wochensicht aktuell rund 2,6% im Minus. Der breitgefasste Stoxx 600 Index schwächte sich um 0,5 % ab und weitete seine Verluste seit Montag auf 1,9 % aus. Der französische CAC 40-Index notiert im heutigen schon fast 2 % tiefer, belastet von Bankaktien wie BNP Paribas SA und Societe Generale SA. Die anderen europäischen Aktienmärkte handeln ebenfalls tiefer. Der Euro fiel gegenüber dem Dollar auf den niedrigsten Stand seit April. Aber auch an den Anleihemärkten geht es heiß her, da die Anleger in Anleihen flüchten.

Politische Unsicherheit: Aktienmärkte brechen ein

Wie Bloomberg berichtet, sind es vor allem die wachsenden Sorgen über politische Unruhen in Frankreich, die Anleger in Anleihen flüchten lassen, während die europäischen Aktienmärkte absacken.

Im Gegensatz zu den europäischen Aktienmärkten ist der Verkaufsdruck im S&P 500 gering, nachdem der Leitindex in dieser Woche vier Rekordhöhen erreicht hat. Ein Dollar-Indikator stieg gegenüber den wichtigsten globalen Währungen, während die Renditen von US-Staatsanleihen kaum verändert waren, nachdem sie in der vorangegangenen Sitzung gefallen waren.

Die europäischen Aktienmärkte sind zunehmend beunruhigt, nachdem der französische Präsident Emmanuel Macron nach der Niederlage seiner Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament eine vorgezogene Parlamentswahl angekündigt hat. Die Anleger befürchten, dass ein Sieg der rechtsgerichteten Rassemblement National von Marine Le Pen, die in den Umfragen mit großem Vorsprung führt, zu einer lockeren Finanzpolitik führen wird.

Die Ungewissheit hat den Aufschlag, den Frankreich für seine Schulden im Vergleich zu Deutschland zahlt, in dieser Woche in die Höhe schnellen lassen und hat damit den größten Anstieg seit der europäischen Schuldenkrise im Jahr 2011 ausgelöst.

„Es ist schwer, die Parallelen zwischen unserer aktuellen Situation und der Zeit der Staatsschuldenkrise zu ignorieren, da es den bekannten Fokus auf Wahlergebnisse, Spreads von Staatsanleihen und Schuldentragfähigkeit gibt“, sagte Jim Reid, Analyst bei der Deutschen Bank AG. Das ist „gekoppelt mit keinem offensichtlichen Zeichen, wohin die Dinge als nächstes gehen“.

Anleihen: Rendite-Spreads auf 7-Jahres-Hoch

Nachdem die Sorge um die politische Stabilität in Frankreich den Risikoaufschlag Pariser Staatspapiere gegenüber deutschen Bundesanleihen auf ein Sieben-Jahres-Hoch getrieben hat, schaltet Europas Rentenmarkt am Freitag zumindest kurzfristig in den Erholungsmodus. Zehnjährige Bund rentieren am Vormittag 11 Basispunkte niedriger bei 2,37%. Bei den Pendants aus Frankreich sinkt die Rendite zeitweise um 5 Basispunkte auf 3,11% – aktuell sind es aber wieder 3,17%. Der Kursinbruch der europäischen Aktienmärkte setzt sich indessen fort.

Für Verkaufsdruck gegenüber OAT-Anleihen hatte in dieser Woche die Befürchtung gesorgt, dass Marine Le Pens rechte Partei Rassemblement National (RN) im Falle eines Sieges bei den bevorstehenden Wahlen eine lockerere Finanzpolitik fahren wird. Der Renditespread zwischen den 10-jährigen Anleihen Frankreichs und Deutschlands weitete sich am Donnerstag auf 70 Basispunkte aus, den höchsten Stand seit 2017.

Wahlsorgen in Frankreich: Aktienmärkte brechen ein - Flucht in Anleihen
Wahlangst: Größter Renditeaufschlag Frankreichs gegenüber Deutschland seit 2011

Politische Unruhen in Frankreich

Eine Umfrage von Elabe für die Tageszeitung Les Echos hatte ergeben, dass die Zustimmungsrate für Präsident Emmanuel Macron auf den niedrigsten Stand seit 2018 gesunken ist. Die Risikoprämie, die Anleger bei französischen Staatspapieren fordern, nahm Kurs auf die größte Ausweitung seit der europäischen Staatsschuldenkrise im Jahr 2011.

Am Terminmarkt wetteten Händler auf eine Fortsetzung der Talfahrt. Eurex-Daten zufolge hielten sie die höchsten 10-Jahres-Futures-Positionen seit mindestens einem Jahr, was — zusammen mit der Marktaktivität — auf eine Zunahme der Short-Positionen hindeutete.

Anleihen steigen, während Renditen fallen - Le Pen und die Frankreich-Sorgen
Die Positionierung in französischen Anleihe-Futures stieg diese Woche stark an

Die linken Parteien Frankreichs haben am Donnerstagabend ein Bündnis geschlossen, um bei den bevorstehenden Parlamentswahlen gemeinsam anzutreten. Umfragen zeigen, dass sie den zweitgrößten Block hinter Le Pens RN gewinnen könnten.

Der französische Präsident hat am Sonntag die Anleger verunsichert, als er nach der schweren Niederlage seiner Partei bei den Europawahlen vorgezogene Neuwahlen ankündigte. Umfragen zeigen, dass die RN, die sich für Maßnahmen wie die Senkung der Mehrwertsteuer und die Herabsetzung des Rentenalters einsetzt, vor dem ersten Wahlgang am 30. Juni deutlich in Führung liegt.

Neuwahlen in Frankreich

„Ein Sieg der Rassemblement National von Marine Le Pen könnte zu Bedenken auf dem Markt hinsichtlich der Haushaltsdisziplin und zu einer Pattsituation mit der Europäischen Kommission führen”, sagte HSBC-Zinssatzstratege Chris Attfield.

Für diese Wahl hat die RN noch keine detaillierten Vorschläge vorgelegt. Le Pens Pläne für den Präsidentschaftswahlkampf 2022 würden laut einer Analyse des Institut Montaigne, einer unabhängigen Denkfabrik, die Macron nahesteht, 120 Milliarden Euro pro Jahr gekostet und das Defizit des Landes um 100 Milliarden Euro pro Jahr erhöht haben.

Finanzminister Bruno Le Maire warnte indessen, dass ein Sieg eines neuen Linksbündnisses bei den bevorstehenden Wahlen zum Austritt des Landes aus der Europäischen Union führen würde. Dazu ein kurzer Bloomberg-Bericht:

S&P Global Ratings hat im vergangenen Monat die Kreditwürdigkeit Frankreichs herabgestuft und prognostiziert, dass das Haushaltsdefizit bis 2027 über der 3%-Marke bleiben wird. Moody’s erklärte am Montag, die vorgezogenen Wahlen gefährdeten die Pläne zur Schließung der Haushaltslöcher.

FMW/Bloomberg



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