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Im Würgegriff der Politik – wohin steuern die Notenbanken?

Viele Notenbanken sitzen in der Falle. Mit ihrer Rettungspolitik des billigen Geldes haben sie zuerst das Finanzsystem vor dem Kollaps gerettet, dabei aber ein weiteres Problem geschaffen

Es ist in Demokratien eine akzeptierte Tatsache – die Unabhängigkeit der Notenbanken. Zumindest bislang galt dies bisher so. Jetzt scheint sich eine Entwicklung Bahn zu brechen, indem immer mehr Regierungschefs Einfluss auf Zentralbank nehmen, in heftigen Forderungen nach niedrigeren Zinsen und damit billigem Geld. Fast ein zwangsläufiger Mechanismus, schließlich hat sich die Welt in eine Schuldenfalle manövriert, die mit steigenden Zinsen zum Kollaps der Haushalte führen muss.

 

Ein globales Phänomen

Notenbanken haben in den meisten Staaten den Auftrag für Preisstabilität zu sorgen, mit ihrem Zinsinstrumentarium, für die Finanzpolitik sind die Regierungen zuständig. Ausnahme USA, wo man auch die Entwicklungen am Arbeitsmarkt im Auge haben soll. Seit einiger Zeit kann man feststellen, dass diese Notenbanken als Sündenböcke herhalten müssen, für die eigenen wirtschaftspolitischen Fehler der Regierungen.

 

Japan

In Japan tauschte Premierminister Shinzo Abe kurz nach seinem Amtsantritt Anfang 2013 den Notenbankchef aus, der ein „Quantitativ Easing“ nach dem anderen auflegt und die Schuldenpolitik der Regierung ohne Murren mitträgt. In Indien drängte Premierminister Narendra Modi erst vor wenigen Wochen den Notenbankchef zum Rücktritt, weil er sich weigerte, die Geldschleusen zu öffnen. Und in der Türkei entmachtete Präsident Recep Tayyip Erdogan die Zentralbank Stück für Stück und zwang sie, seiner absonderlichen Theorie zu folgen, wonach Zinssenkungen die Inflation bekämpft. Und in den USA?

 

USA

US-Präsident Donald Trump kann zwei freie Posten im Komitee besetzen und hatte sich dafür zwei Kandidaten ausgesucht, die sich weniger durch Qualifikation als durch Unterwürfigkeit gegenüber dem Präsidenten auszeichnen. Herman Cain, der inzwischen das Amt abgelehnt hat, studierte einst Mathematik und war später Chef einer Pizzakette. Stephen Moore ist immerhin Ökonom, aber der entscheidende Punkt dürfte sein, dass er die zurückliegenden Zinserhöhungen der Fed für falsch hält und sie zurückdrehen will. Donald Trump wurde im Verlauf der letzten Monate immer aggressiver in seinen Forderungen gegenüber der US-Notenbank. Eine unabhängige Notenbank, ausgestattet mit so viel Macht, ist für den Präsidenten einfach ein Dorn im Auge.

Gerade aktuell im Interview: Vizepräsident Mike Pence gab wieder einmal eine seiner Vasallen-Lobreden (ist das eigentlich noch Loyalität?) auf seinen Präsidenten und erwähnte dabei, dass es an der Zeit wäre, das Mandat der Federal Reserve zu überdenken. Es sei an der Zeit, Zinssenkungen in Betracht zu ziehen, weil die Inflation niedrig sei. Der Präsident sei dabei (mittels neuer Fed-Mitglieder) neue Ideen in die Zentralbank einzubringen.

Wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl ist, wohin die Reise geht!

 

Eurozone

Die unabhängigste Notenbank – man glaubt es kaum, ist die Europäische Zentralbank. Während die Zentralbanken der Staaten den Forderungen ihres jeweiligen Regierungschefs gegenüberstehen, ist es bei der europäischen Zentralbank schon komplizierter. In den USA entscheidet eine Regierung über die Fed, im Euro-Raum sind es deren 19. Die Hürden, den Maastricht-Vertrag zu ändern und die Unabhängigkeit der EZB zu beschneiden, sind damit um einiges höher als in den USA.

Eines ist im Falle von EZB-Chef Mario Draghi aber nicht zu übersehen. Er war italienischer Notenbankchef, er lebt in Rom, seine Kinder und Enkel in Rom und Mailand – und er hat ein ureigenes Interesse an der Verhinderung einer Staatspleite in Italien. Sein „“Within our mandate, the ECB is ready to do whatever it takes to preserve the euro. And believe me, it will be enough.” – vom 26. Juli 2012 ist daher aus meiner Sicht stets mit der Italienfrage zu verknüpfen.

 

Fazit

Viele Notenbanken sitzen in der Falle. Mit ihrer Rettungspolitik des billigen Geldes haben sie zuerst das Finanzsystem vor dem Kollaps gerettet, dabei aber ein weiteres Problem geschaffen.

Japan hat in den 90-ern den Anfang gemacht. Nach einer beispiellosen Immobilienspekulation senkte man die Zinsen, ließ aber Zombiebanken- und firmen am Leben und ist bereits bei einer Staatsverschuldung von 238% zum BIP angekommen. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass die japanischen Leitzinsen seit einem Jahrzehnt bei null Prozent stehen. Auch wenn die Schulden vorwiegend in Händen der heimischen Bevölkerung liegen, sollte man sich wohl keine globale Japanifikation im Sinne der Zinspolitik wünschen.

 

EZB-Zentrale in Frankfurt. Foto: Kiefer CC BY-SA 2.0



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3 Kommentare

  1. Keine einzige Zentralbank ist auch nur ansatzweise noch unabhängig, das wird der Öffentlichkeit vorgegaukelt. Das Problem an der ganzen Sache ist, das die Zentralbanken den Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik verpasst haben und sich immer wieder von Politikern vor den Karren spannen lassen. Ohne die Zentralbanken wären die Staaten dieser Welt schon längst pleite, da die Schuldenstände wesentlich höher sind als vor der Finanzkrise.

    Bei den Zentralbanken müsste man eben harte und konsequente Schritte gehen, aber dann würde das ganze Konstrukt krachend zusammenbrechen. Letztendlich bleibt nur der Weg das Staatsschulden langfristig ausradiert werden müssen, weil alles andere zu riskant und politisch nicht umsetzbar ist.

    1. „da die Schuldenstände wesentlich höher sind als vor der Finanzkrise“

      Das gilt nicht für alle Staaten und auch dort wo gilt, dass die Schuldenquoten höher als vor der Finanzkrise sind, beutetet dass noch lange nicht, dass die Quoten weit über früheren Höchstständen liegen. Mitte der 1990er hatten viele Staaten durchaus ähnlich hohe Schuldenquoten bei damals aber weitaus höheren Zinsen.

      Italien etwa hatte Mitte der 1990er eine Schuldenquote von ca. 120% des BIPs, heute sind es ca. 131%. Damals lagen die 10-jährigen Zinsen aber im zweistelligen Bereich – und dennoch ist Italien nicht pleite gegangen.

  2. Zufällig heute am Radio gehört, die USA druckt täglich neue Dollarnoten im Wert von 500 Mio. Dollar u.ohne Spass ,der Rohstoff sei Baumwolle aus alten Jeans. Wieviel davon Neugeld oder Ersatzgeld ist weiss ich nicht, aber das Rezept ist einfach, der Bevölkerung neue Jeans schenken u.aus den alten Geld drucken.
    Wirtschaft ist so einfach, man stellt in einem Billiglohnland Jeans für einige Dollars her ,trägt sie einige Zeit u.nachher kann man aus dem verbrauchten Stoff einige hundert Dollars herstellen.
    Nach dem Silicon-Valley folgt also das Baumwolle-Valley.

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