Europa

Seit 2017 Rückgang um 13,9 % Industrieproduktion mit Anstieg – ein Fake-Erfolg – eine Einordnung

Die Industrieproduktion stieg im August um 2,9 %. Eine Trendwende? Nein. Weniger Werksferien in Autofabriken pushen die ganze Statistik.

Autoproduktion
Foto: Nataliehora-Freepik.com

Erst gestern meldeten wir: Die Auftragseingänge der deutschen Industrie sanken binnen eines Monats um 5,8 %, im Vormonat waren es aber +3,9 %. Heute nun zeigt das Statistische Bundesamt für August: Die Industrieproduktion steigt im Monatsvergleich um 2,9 %. Im Juli 2024 sank die Produktion gegenüber Juni 2024 nach Revision der vorläufigen Ergebnisse um 2,9 %. Was ist hier los? Schauen wir uns das genauer an.

Grafik zeigt Entwicklung der Industrieproduktion seit dem Jahr 2016

Industrieproduktion: Fake-Erfolg

Einen massiven Anstieg im Monatsvergleich zeigt aktuell die Autoindustrie. Dazu schreiben die staatlichen Statistiker, dass derzeit bei der Produktion in der Autoindustrie deutliche Schwankungen von Monat zu Monat auftreten, welche die monatliche Entwicklung der Industrieproduktion insgesamt beeinflussen. Im August 2024 stieg nämlich die Produktion im Bereich „Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen“ saison- und kalenderbereinigt um 19,3 % im Vergleich zum Vormonat, nachdem sie im Juli 2024 um 8,2 % zurückgegangen war.

Was die staatlichen Statistiker nicht schreiben, wird aktuell von Dr. Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, erläutert. Der sensationell starke Anstieg in der Autoindustrie lag an ungewöhnlich wenigen Werksferien im August, weswegen die Autohersteller in diesem Monat sprunghaft mehr produzierten als im Juli. Es ist also ein Fake-Erfolg, weshalb der Gesamtwert der Industrieproduktion im September wieder rückläufig sein dürfte?

Hier die aktuelle Headline-Aussage der Commerzbank-Ökonomen: Die Produktion im produzierenden Gewerbe ist im August gegenüber dem Juli kräftig um 2,9% gestiegen. Allerdings ist dies alleine auf ein massives Plus bei der Auto-Produktion zurückzuführen, die von der Lage der Werksferien stark beeinflusst wird. Ohne diesen Effekt hielt die leichte Abwärtstendenz bei der Produktion an, und die schwache Auftragsentwicklung und die schlechte Stimmung bei den Unternehmen machen wenig Hoffnung, dass diese bald enden wird. Deshalb dürfte die deutsche Wirtschaft trotz des deutlichen Produktionsplus im August wohl auch im dritten Quartal bestenfalls stagniert haben.

Einordnung

Was haben diese sprunghaften Daten zu bedeuten? Nun, die schwachen Auftragseingänge, die gestern gemeldet wurden, zeigen die Zukunft der Industrieproduktion. Denn was jetzt als Auftrag reinkommt, wird je nach Gegenstand erst in einigen Monaten oder Quartalen hergestellt. Bei den Auftragseingängen wie auch bei der Industrieproduktion sieht man seit einigen Monaten immer wieder große Auf- und Abwärtsbewegungen bei der ganz kurzfristigen Betrachtung von Monat zu Monat. Dies lag bei den Aufträgen jüngst an Großaufträgen, und jetzt in der Autobranche an weniger Werksferien. Auf längere Sicht gesehen können solche Sonderfaktoren den Absturz-Trend aber nicht ausblenden.

Und die obige Grafik kann auf den ersten Blick täuschen. Sie zeigt die Entwicklung der Industrieproduktion seit dem Jahr 2016 in einer breit gezogenen Darstellung. Der genauere Blick auf die Daten hinter dieser Grafik zeigt: Vom Hochpunkt im Jahr 2017 bei 108,5 Indexpunkten geht der langjährige Trend der deutschen Industrieproduktion kontinuierlich bergab, auf aktuell 93,4 Indexpunkte. Damit hat sich das Volumen der Industrieproduktion binnen sieben Jahren um 13,9 % reduziert. Das ist ein verdammt großer Rückgang! Vor allem seit Anfang 2023 hat sich der Negativtrend beschleunigt, was man in der Grafik noch recht gut erkennen kann. Die stark rückläufigen Auftragseingänge lassen darauf schließen, dass die Industrieproduktion in den nächsten Quartalen wohl weiter rückläufig sein wird.



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1 Kommentar

  1. Die deutsche Industrie dümpelt somit weiter vor sich hin.

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