Allgemein

Konzerne im Fusionsfierber, Digitalisierung, Jobverluste: Wie gut, dass der Siemens-Chef eine Lösung für „die da unten“ parat hat

Letzte Woche wurde das verkündet, was eigentlich schon alle wussten. ThyssenKrupp fusioniert sein Kerngeschäft mit dem indischen Stahlgiganten Tata. Schon in der Veröffentlichung spricht man offiziell von 4.000 Arbeitsplätzen...

FMW-Redaktion

Letzte Woche wurde das verkündet, was eigentlich schon alle wussten. ThyssenKrupp fusioniert sein Kerngeschäft mit dem indischen Stahlgiganten Tata. Schon in der Veröffentlichung spricht man offiziell von 4.000 Arbeitsplätzen, die verloren gehen sollen. Und ebenfalls in der offiziellen Veröffentlichung spricht ThyssenKrupp von einem Zyklus in der Branche, der alle drei bis vier Jahre Rationalisierungen notwendig mache. Das bedeutet also immer weiter Jobabbau in den nächsten Jahren. Ebenfalls letzte Woche verkündete der finnische Anbieter Fortum, dass man in Verhandlungen stehe von e.on fast die Hälfte der Anteile am Kraftwerksbetreiber Uniper kaufen zu wollen. Hierbei geht es um Milliardensummen. Dass danach Arbeitsplatzabbau ansteht um Kosten zu drücken, dürfte standardmäßig feststehen.

Und nicht nur, dass Siemens vor Kurzem verkündete seine Robotik-Forschung in China anzusiedeln, und nicht in Deutschland. Ganz aktuell hört man vom französischen Anbieter Alstom, dass man mit Siemens gerade darüber verhandelt die beiden Bahnsparten zusammenzulegen. Wie man munkelt, dürfte Siemens die Mehrheit am neuen Gemeinschaftsunternehmen erhalten – als Konzession dafür aber die Zentrale in Paris ansiedeln, wie auch den Vorstand in französischer Hand belassen. Man wird zwar einen richtigen europäischen Champion schaffen im Bereich Zugproduktion, aber die Fusion kann nur eines bedeuten: Zusammenlegung von Doppelfunktionen, Schließung von Standorten, Jobverluste.

Gewiss, die offiziell (!) niedrigen Arbeitslosenzahlen, die fast schon eine Art Vollbeschäftigung darstellen, geben Anlass einfach zu sagen „dann bekommen diese Leute eben zügig neue Jobs in anderen Unternehmen“. Schließlich herrscht doch „Fachkräftemangel“. Was viele aber nicht wissen: Fachkräftemangel bedeutet für viele gerade große Arbeitgeber, dass sie zum Beispiel auf eine ausgeschriebene Ingenieursstelle statt bisher 10 geeignete Bewerbungen jetzt nur noch 5 geeignete Bewerbungen erhalten. Alle Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zeigen Monat für Monat, dass die große Masse der neuen Jobs im Niedriglohnsektor geschaffen wird.

So werden stetig jahrzehntelang in Industriebetrieben tätige Menschen gezwungen sein in relativ schlecht bezahlte Dienstleistungesjobs zu wechseln. Aber Siemens-Chef Joe Kaeser, der mit Siemens anscheinend eine Triebfeder dieser Entwicklung ist, hat für das langfristig entstehende Problem (niedrige Löhne und Altersarmut) aktuell auch eine Lösung parat. So sagt er gegenüber dem Spiegel, dass die vierte industrielle Revolution einen herausfordernden Strukturwandel bedeuten werde. Um eine Spaltung der Gesellschaft zu verhindern, müsse der „Transformationsprozess“ erklärt, begleitet und gestaltet werden, so Kaeser.

Daher plädiere er für eine Grundversorgung für das Alter, damit Menschen, die trotz bester Bemühungen nicht mithalten könnten, nicht hinunterfallen, wie er sich ausdrückt. Die Menschen sollten nämlich nicht in „Sammelbecken für Alleingelassene und Enttäuschte“ fallen, womit er natürlich die AfD meint. Nun ja, kann man da sagen. Herr Kaeser ist es doch, der für die Robotik China als Standort wählt, und nicht etwa München oder Berlin. Herr Kaeser fusioniert und sourct out. Da ist es natürlich bequem, für diese geschaffene Klientel auf Staatskosten eine Grundversorgung zu verlangen.

Denn bei der eh schon überforderten Rentenkasse kann Grundversorgung ja nur bedeuten, dass die „Abgehängten“ auf ihre Rente, die nicht mehr sein wird als Hartz 4, oben drauf noch einen Zuschlag von Summe X erhalten, sozusagen als Anerkennung für die Lebensleistung. Man kann es aber auch andersrum sehen, nämlich viel pragmatischer. Irgendeine Lösung wird es geben müssen. Grundversorgung, Bedingungsloses Grundeinkommen, oder einfach gar nichts? Dann gibt es in Zukunft aber deutlich mehr Rentner als heute, die in den Mülleimern nach Pfandflaschen wühlen.


Siemens-Chef Joe Kaeser. Foto: Kremlin.ru / Wikipedia (CC-BY 4.0)



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

1 Kommentar

  1. Eine sehr ehrliche Aussage: „Schließlich herrscht doch „Fachkräftemangel“!? Was viele aber nicht wissen: Fachkräftemangel bedeutet für viele gerade große Arbeitgeber, dass sie zum Beispiel auf eine ausgeschriebene Ingenieursstelle statt bisher 10 geeignete Bewerbungen jetzt nur noch 5 geeignete Bewerbungen erhalten. Alle Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zeigen Monat für Monat, dass die große Masse der neuen Jobs im Niedriglohnsektor geschaffen wird.“

    a) Warum darf bei uns eigentlich seit Jahrzehnten so offen gelogen werden? Es wissen eben nur deswegen so viele nicht, weil sie von der Regierung und den Qualitätsmedien belogen werden. Ganz einfach!!! Als Kind bekäm man eine Strafe, hier macht es die Regierung seit Jahrzehnten. Und die Presse posaunt es politisch korrekt hinaus.
    b) Ich hab mir diese Weisheit vor vielen Jahren schon ergoogelt. Dies Wissen ist also im Netz und kann leicht ergoogelt werden. Warum wissen es dann Journalisten nicht? Und geben es weiter an die Bevölkerung? (s.a))
    c) Fachkräftemangel ist gemäß seinem Wortsinn, wenn es k.e.i.n.e Fachkräfte für Leerstellen gibt. Nicht, wenn statt 10 nur 5 Bewerber an der Tür stehen. Das ist eine Lüge. Nicht mehr und nicht weniger. Und es ist eine Bewußte!

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage

Exit mobile version
Capital.com CFD Handels App
Kostenfrei
Jetzt handeln Jetzt handeln

75,0% der Kleinanlegerkonten verlieren Geld.