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Selenskyi-Rede Weltwirtschaftsforum Davos: „Wiederaufbau“ der Ukraine

DieRede Selenskyis über den Wiederaufbau der Ukraine im Wortlaut

Selenskyj-Rede Weltwirtschaftsform in Davos über den Wiederaufbau der Ukraine

Heute, Montag, den 23. Mai 2022, hielt Wolodymyr Selenskyj die Eröffnungsrede auf dem Weltwirtschaftsform in Davos über den Wiederaufbau der Ukraine. Die einleitenden Worte sprach der Vorsitzende Prof. Klaus Schwab. Finanzmarktwelt.de dokumentiert die Rede Selenskyjs in der Reihe ORIGINALTON in schriftlicher Form.

Der Inhalt von Selenskijs Rede wird nicht vollständig widergegeben. Sie wird im Folgenden – so weit möglich – wortgetreu, ungefiltert und bewusst unkommentiert abgedruckt. Bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts war es guter Brauch der Medien, zwischen Meldung und Kommentar penibel zu unterscheiden. Etwa durch die Schriftwahl in den Überschriften. finanzmarktwelt.de kehrt zu diesem Grundprinzip journalistischer Sorgfaltspflicht zurück. Wir lassen den Wortlaut bewusst für sich stehen. Jeder Leser bilde sich seine Meinung selbst. Wir liefern lediglich die Fakten.

Wir geben die Rede von Anfang an (Timecode 2:00) bis zu Timecode 14:20 wieder. Präsident Selenskijs Rede geht bis Timecode 32:08. Die Rede finden Sie in

target="_blank" rel="noopener">voller Länge hier. Noch eine Bemerkung zum Schluss: Die Simultanübersetzung ist substantiell ungenügend. Sie ist voller unvermittelter Satzbrüche und nicht zu Ende geführter toter Satzanfänge. Die nachstehend abgedruckte Übertragung heilt diese Unzulänglichkeiten hoffentlich in schonender Weise. Auch glättet sie behutsam die Qualität im Ausdruck.

Übertragen von Georg Habenicht

Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj

„Vielen Dank. Das ist für mich wirklich eine große Ehre!
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Herr Prof. Schwab,
Sehr geehrter Herr Präsident Cassis,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrte Anwesende,

Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, an dieser Diskussion teilzunehmen. Ausgerechnet in diesem Jahr, in diesen Tagen, kommt es wirklich darauf an, ob in dieser Welt rohe Gewalt herrscht. Dieser Ausdruck ist mehr als eine nur rhethorische Figur. Denn wenn das wirklich der Fall wäre, dann bräuchten wir solche Diskussionen wie heute gar nicht.

Die russische Föderation ist an keiner Diskussion interessiert. Sie ist daran interessiert, die Menschen zu töten. Unser heutiges Treffen läuft ab vor dem Hintergrund russischer Kriegsverbrechen, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt, wo wir diskutieren, stattfinden. Und es ist wirklich erschreckend, was Russland mit sich selbst angestellt hat, indem es zu einem Land der Kriegsverbrecher geworden ist. Denn was haben wir jetzt in der Ostukraine: Wir haben praktisch ausgerottete Städte. Wir haben den Tod des Schwarzen Meers, wo kein Handel mehr möglich ist. Und wir haben den Tod des für die zivile Luftfahrt gesperrten Himmels über der Ukraine. Die Geschichte kennt viele Einschnitte, welche zu überraschenden Wendepunkten der Geschichte geführt haben.

Denken wir nur an die Schüsse von Sarajewo vor dem 1. Weltkrieg. Wir wissen heute ganz genau, was ein Aggressor macht, wenn er auf keinen Widerstand trifft. Dazu kann uns die Geschichte des Jahres 1938 eine gültige Lehre erteilen. Heutezutage haben wir viele Reaktion auf die Aggression. Zum Beispiel der UNO, aber auch von vielen anderen internationalen Organisationen. Doch reicht das aus, um auf die Aggression angemessen zu reagieren? Können die internationalen Organisationen die vorhandene Lage [in der Ukraine; Anmerkung der Redaktion] angemessen adaptieren? Nein, das können sie nicht! Wir müssen die internationalen Institutionen und Handlungsweisen erweitern, um neue Instrumente und Präzedenzen.

Was haben wir dazu geleistet? Wir haben zum Beispiel die Präzendenz des tapferen Widerstands installiert. Wir haben die zweitgrößte Armee zum Stehen gebracht, die bisher als die zweitmächtigste Armee der Welt galt. Doch hätten wir das vollbringen können, ohne dass die internationale Gemeinschaft im letzten Jahr die Sanktionen verhängt hätte. Natürlich nicht! Die Prävention des Krieges, die Verhinderung des Krieges wäre natürlich eine viel vernünftigere Herangehensweise an den Aggressor. Wir haben in den letzten Wochen wirklich Tapferkeit und Kampfgeist an den Tag gelegt. Das hat in vielen Ländern weltweit Erstaunen [eventuell auch Verwunderung oder Bewunderung gemeint ?] hervorgerufen. Aber erst jetzt bekommen wir die Sympathien der Welt, obwohl die russische Föderation seit 2014 einen verdeckten Krieg führt. Wir sehen, dass viele Völker und Gesellschaften Druck auf ihre Regierungen ausüben, damit diese Regierungen der Ukraine mehr Unterstützung zuteil werden lassen. Inzwischen glaubt die Welt an die Ukraine. Und die ganze Welt schaut gespannt, welche Mittel greifen, um in der gegenwärtigen Situation der Aggression entgegenzuwirken. Gegenwärtig fragt sich die Welt, was sie dem entgegenzustellen hat. Und das nenne ich einen historischen Wendepunkt.

Sehr geehrte Damen und Herren, bitte warten sie den Einsatz von immer tödlicheren Waffen seitens der russischen Föderation nicht ab. Etwa von chemischen Waffen. Lassen Sie bei dem Aggressor nicht den Eindruck entstehen, die Welt sei zum Widerstand nicht fähig. Wir müssen alle zu den maximal wirksamen Sanktionen greifen! Jeder Aggressor, der über ein Nachbarland herfällt, sollte umgehend und hart bestraft werden!

Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind solche Sanktionen gegen Russland nicht angewandt worden. Ich bin der Meinung, sie sollten sofort ergriffen werden: Embargos gegen russische Energieträger. Derartige Maßnahmen würden über Jahre hinweg effektiv Frieden bewerkstelligen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass europäische Banken und europäische Konten nicht russischen Kriegsverbrechern zur Verfügung stehen. Und wir dürfen nicht länger zulassen, dass jemand unsere Werte offen missachtet!

Wir schlagen allen internationalen Firmen, die bislang in Russland aktiv waren, vor, sich der Ukraine zuzuwenden, in der Ukraine aktiv zu werden und dadurch die Ukraine zu unterstützen. Wir sind wenigstens bereit, internationalen Firmen eine langfristige Perspektive anzubieten. Ich möchte betonen, dass wir nach dem Krieg offen sind für alle, die sich am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen. Wir benötigen ganze Großstädte, ganze Industriezweige beim Wiederaufbau. Und wir sind bereit für jede mögliche Kooperation. Wir bieten unseren internationalen Partnern Partnerschaften für ganze Großstädte in der Ukraine an, zu ganzen Regionen oder Industriezweigen.

Dieses Nachkriegsmodell möchten wir in der Ukraine anbieten und hierin sehen wir einen Schlüssel für den Wiederaufbau. Dadurch wird die Ukraine die Voraussetzungen schaffen für einen großen wirtschaftlichen Sprung nach vorne. Dies wird die größte wirtschaftliche Entwicklung für Europa seit dem 2. Weltkrieg schaffen. Ich bitte die internationalen Gesellschaften und Firmen, der Ukraine ihre Vorschläge zu unterbreiten. Wir danken an dieser Stelle allen [Firmen und Staaten?], die sich bereits am Wiederaufbau beteiligt haben.“



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