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S&K: Der große Prozess beginnt – ein Tanzbär & Verfahrenstricks

FMW-Redaktion

Gestern begann der erste S&K-Verhandlungstag, dem wohl größten Wirtschaftsstrafprozess, den es je in Deutschland gegeben hat. Eigentlich unglaublich, dass zwei peinliche Clows mit ein paar „lumpigen“ hundert Millionen Euro Schaden es so weit gebracht haben, zum größten Prozess aller Zeiten. Da fragt man sich gleich zum Anfang, wo die großen Prozesse gegen Landesbanker geblieben sind, die Milliarden verbraten haben? Stimmt, die blieben ja ganz aus.

Worum geht es in dem Prozess nochmal? Jonas Köller und Stephan Schäfer (S&K), bekannt geworden mit unzähligen veröffentlichten oberpeinlichen Protzvideos von ihren Feiern (teuer, und grottenschlecht inszeniert mit Z-Promi-Gästen), warben jahrelang Anlegergelder in ihre Immobilienfonds, schoben Gelder ständig hin und her, bis irgendwann niemand mehr durchblickte. Sie und vier weitere Angeklagte stehen jetzt vor dem Landgericht Frankfurt, weil sie mit einem Schneeballsystem bandenmäßigen Betrug begangen haben sollen. Noch gilt die Unschuldsvermutung, aber die offenkundigen Beweise (Anleger haben Geld nicht zurück erhalten) sind nun mal erdrückend. Zumal: die zur Schau gestellten Schampus-Sausen konnten nicht mit kleinen Verwaltungsgebühren aus den Fonds verdient werden – das ging nur, in dem man sich vom Anlegergeld selbst bediente.

Um 240 Millionen Euro Schaden geht es, und 11.000 Anleger – also eher „Kleinanleger“ als große Investoren, die hier geschädigt wurden. Relativ wenig im globalen Madoff-Maßstab, aber auch ein anständies Sümmchen. Vermögenswerte über ca. 55 Millionen Euro konnten die Ermittler noch sicherstellen, u.a Berge von Säcken mit Geldmünzen, in die Angeklagten angeblich badeten wie Dagobert Duck. Geschädigte Privatanleger waren auch im Saal anwesend. Einer der beiden Hauptangeklagten, Stephan Schäfer war in einem Zivilprozess 2013 aus dem offenen Fenster im Gerichtssaal gesprungen (Fluchtversuch oder Selbstmordversuch?) und hatte sich übel verletzt, weil die Fallhöhe 6 Meter betrug. Deswegen wurde er jetzt mit Hand- und Fußfesseln im Gerichtssaal vorgeführt. Erst an seinem Platz nahm man sie ihm ab. Ein geschädigtr Anleger riefen von hinten „dran lassen!!!“. Sein Verteidiger spuckte „Blut und Galle“ vor Wut. Mit diesen Fesselungen hätte man seinen Mandanten im Gerichtssaal wie einen Tanzbär vorgeführt. Zitat: „Wir sind hier nicht im Zirkus. Mein Mandant wird vorgeführt wie ein Tanzbär. Das ist menschenunwürdig.“ (da kommen einem fast die Tränen vor Mitleid)

3.400 Seiten lang ist die Anklageschrift, 1.774 davon müssen verlesen werden – alleine das wird Wochen dauern. Der Staatsanwalt kam gestern nicht mal dazu mit der Verlesung zu beginnen, denn die Verteidiger beklagten sofort die Voreingenommenheit des Gerichts. Im Eröffnungsbeschluss des Gerichts sollen die Richter die zu verhandelnde Schadensumme höher angesetzt haben, als sie in der Klageschrift der Staatsanwaltschaft notiert war. Dem „Handelsblatt“ liegt ein Schreiben der Verteidiger vor, wonach Begriffe wie „Geldgier der Angeschuldigten“, „kriminelle Machenschaften” und „fingierte Verträge” im zu verlesenden Anklagesatz nichts zu suchen hätten. Hierbei ginge es um „Beweiswürdigungen und somit einen gravierenden Verstoß gegen die sogenannte „Unschuldsvermutung“. Dazu kann man nur sagen: Der Staatsanwalt muss doch niederschreiben, was nach seiner Meinung vom Angeklagten verbrochen wurde!

Auch monierte die Verteidigung (vielleicht sogar zurecht?), dass die Staatsanwaltschaft die private Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PriceWaterhouseCoopers mit in ihre Ermittlungsarbeit eingebunden hatte. Die Verteidiger werfen die Frage auf, ob deren Ergebnisse überhaupt verwertet werden dürfen. Denn in der Tat stellen deren Ergebnisse ja keine unabhängige polizeiliche Ermittlungsarbeit dar. Aufgrund des Befangenheitsantrags fällt der für heute angesetzte zweite Prozesstag schon mal aus. Nach Meinung der Verteidiger kann der Prozess drei Jahre dauern…

Ach ja, da war ja noch was. Erinnern Sie sich noch an Jürgen Harksen, den Mann, der die versammelte Hamburger Prominenz lächerlich machte, als in den 90ern hunderte Millionen Euro von Bankern, Reedern und sogar Dieter Bohlen einwarb mit teilweise 1000% Rendite-Versprechen? Er verprasste auch alles für sein schönes Leben, saß dann jahrelang im Gefängnis. Inzwischen längst wieder auf freiem Fuß ist er in Privatinsolvenz. Mehrmals trat er in den letzten Jahren in Talkshows auf und kam in TV-Dokumentationen als ernsthaft geläutert zu Wort. Vor zwei Wochen wurde er vom Hamburger Landgericht erneut wg. Betrug verurteilt. Er nennt sich jetzt Jürgen Smith (er hat den Namen seiner Frau angenommen – kluger Schachzug). So fiel vielen Gerichtsreportern gar nicht auf, dass da ein Harksen-Fall verhandelt wird, weil „Smith“ als Beklagter im Vorfeld genannt wurde. Er ergaunerte diesmal u.a. 43.000 Euro von einem deutschen Unternehmer auf Mallorca, der ein Kind aus Südafrika adoptieren wollte. Harksen (Smith) gaukelte ihm vor das einfädeln zu können. Das Geld würde u.a. die Verfahrenskosten in Südafrika abdecken. Urteil vor zwei Wochen in Hamburg: 15 Monate auf Bewährung + 5.000 Euro Strafe. 5.000? Die kann er ja aus der abgezockten Summe locker begleichen, was für ein Richter! Kommentar Harksen: „Mir tut mein Verhalten aufrichtig leid“.



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1 Kommentar

  1. Sicher mag die Einbindung von PWC etwas fremdartig erscheinen, aber sind wir mal ehrlich: seit wann versteht man bei der Polizei oder anderen „Staats“bediensteten denn etwas von Geschäftsprozessen, Bilanzen und Bilanztäuschung? Das kennen die bei den berüchtigten drei Buchstaben doch immer noch am besten.
    Zum anderen Dauerkriminellen: es ist das gleiche Spiel wie bei Charles Ponzi – soziopathisch angelehnte Denkweise (Mangel an Empathie) führt immerwährend zu den selben Ergebnissen und kann nicht geändert werden (größtenteils biologische Veranlagung). Die Sache wird später durch die Biologie selbst wieder geklärt werden.

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