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Rotation raus aus Tech S&P 500: Fed-Senkung – Die Chance für die „anderen 493“ Aktien

S&P 500: Fed-Senkung - Die Chance für die
New York Stock Exchange. Grafik: EyeEm-Freepik.com

Im Vorfeld der wichtigen Zinsentscheidung der Fed haben US-Aktienmärkte einen Großteil der Verluste aus dem Sommerausverkauf wieder wettgemacht. Der jüngste Rally hat den S&P 500 Index wieder in die Nähe seiner Rekordstände geführt, aber dieses Mal ist der Anstieg einzigartig, weil er nicht von den sieben Big Tech-Aktien wie Nvidia und Apple angeführt wird – stattdessen sind alle „anderen 493“ Werte an der Reihe.

Technologieriesen im S&P 500 wie Nvidia und Microsoft haben die Kursanstiege der Aktienmärkte in den letzten zwei Jahren angeführt, da die Anleger von ihren boomenden Gewinnen und ihrem Engagement im Bereich der künstlichen Intelligenz angezogen wurden. Doch jetzt flüchten sich die Händler zunehmend in Sektoren wie Immobilien, Versorger und Basiskonsumgüter, da sie ein stotterndes Wirtschaftswachstum befürchten und die Fed sich darauf vorbereitet, die Zinsen schon am Mittwoch zu senken. Vor allem die Aussicht auf eine große Zinssenkung um 0,5 Prozentpunkte treibt die Rotation an. Die Wahrscheinlichkeit für einen großen Zinsschritt ist auf über 60 % angestiegen.

Aktienmärkte: Rotation setzt sich fort

Seit dem Höchststand des S&P 500 am 16. Juli sind die sogenannten Magnificent Seven“ – Nvidia, Microsoft, Apple, Alphabet, Amazon.com, Meta Platforms und Tesla – größtenteils eingebrochen, wobei der Bloomberg Magnificent 7 Index um 5,3 % gefallen ist. Währenddessen hat der breitere Aktienindex in diesem Zeitraum weniger als 1 % verloren. Die zurückgebliebenen Sektoren haben den Index seit Mitte Juli mit großem Abstand angeführt, wobei sowohl Immobilien als auch Versorgungsunternehmen um 11 % zugelegt haben.

Aussicht auf Fed-Zinssenkungen lässt die "anderen 493" Aktien steigen
Big Tech-Aktien hinken hinterher | Seit dem Höchststand des S&P 500 im Juli haben andere Sektoren den Aufschwung angeführt

„Investoren schauen sich gerne Unternehmen an, die von Gewinnrückgängen zu Gewinnsteigerungen übergehen“, sagte Michael Casper, ein Aktienstratege bei Bloomberg Intelligence, in einem Interview. „Das führt sie weg von den großen Tech-Aktien und hin zu den anderen 493 Werten, die auf der Strecke geblieben sind.

Test für die Rezession

Die Rotation im S&P 500 wurde durch die Erwartung einer Zinssenkung der Fed begünstigt. Sie ist aber auch ein Beleg für die sich verbessernden Gewinnaussichten im übrigen Markt, während die hohen KI-Ausgaben der Tech-Giganten Bedenken hinsichtlich ihrer Gewinnspannen wecken.

Ob es sich dabei um eine Eintagsfliege oder einen längerfristigen Trend handelt, hängt jedoch wahrscheinlich von der Entwicklung der Wirtschaft und Geldpolitik ab. Die Märkte werden in dieser Woche einen wichtigen Hinweis von der Fed erhalten, wobei die Händler in etwa geteilter Meinung sind, dass die Fed eine Senkung um einen Viertel- oder einen halben Punkt vornehmen wird.

„Wir glauben nicht, dass wir in eine Rezession geraten. Die zyklischen Aktien könnten eine Führungsrolle übernehmen, da sie von einem höheren Wirtschaftswachstum und niedrigeren Zinssätzen profitieren werden“, sagte Adam Grossman, CIO für globale Aktien bei der Riverfront Investment Group, der hinzufügte, dass Large-Cap-Technologiewerte weiterhin die größte übergewichtete Position seines Unternehmens darstellen.

Defensive Werte profitieren vom Abschwung

Eine Verschlechterung der Konjunktur würde wahrscheinlich defensiven Sektoren im S&P 500 zugute kommen, aber das ist tendenziell auch ein gutes Umfeld für Technologie-Aktien, so Keith Lerner, Co-Chief Investment Officer bei Truist Advisory Services.

„Wenn es eine gewisse Unsicherheit gibt, werden die Anleger unserer Ansicht nach weiterhin einen Aufschlag für Wachstumsaussichten zahlen“, sagte Lerner in einem Interview. „Wenn sich die Dinge jedoch weiter verlangsamen, könnten defensive Werte weiterhin gut abschneiden. Ich denke, dass sich der Technologiesektor in beiden Fällen, d. h. bei einer Verlangsamung oder einer gewissen Stabilität, gut entwickelt.

Ein weiterer Faktor, der den Sektoren außerhalb der Technologiebranche hilft, sind die verbesserten Ertragsaussichten. Nehmen wir als Beispiel das Gesundheitswesen: Nach sieben aufeinanderfolgenden Quartalen mit schrumpfenden Gewinnen stiegen die Gewinne von Unternehmen des Gesundheitswesens im zweiten Quartal um 16 %, wie aus den von Bloomberg Intelligence zusammengestellten Daten hervorgeht. Analysten erwarten, dass sich dieses Wachstum bis zum Jahresende fortsetzt, wobei man für das erste Quartal 2025 ein Gewinnwachstum von 45 % prognostiziert.

S&P 500: Big Tech verlangsamt sich

Natürlich bleiben die Gewinne der Tech-Giganten stark. Aber sie steigen nicht mehr so rasant wie in den vergangenen Jahren, die von einem stetigen Umsatzwachstum und einer Fokussierung auf Effizienz geprägt waren.

Die „Magnificent Seven“ verzeichneten im zweiten Quartal ein Gewinnwachstum von 36 %, was aber vor allem an Nvidia gelegen hat. Das ist beeindruckend, aber ein Rückgang gegenüber den mehr als 50 % in den drei vorangegangenen Quartalen. Und laut BI-Daten werden die Gewinne in den nächsten vier Quartalen voraussichtlich nur noch um 17 % bis 20 % steigen.

Tech-Aktien wie Nvidia treiben nicht mehr die Rally im S&P 500
Das Gewinnwachstum der „Magnificent Seven“ verlangsamt sich

Ein Teil des Ausverkaufs der Big-Tech-Aktien im letzten Monat hing mit den hohen Ausgaben der Unternehmen für die KI-Computertechnik zusammen. Im letzten Quartal haben Amazon, die Google-Muttergesellschaft Alphabet, Microsoft und Meta Platforms zusammen mehr als 50 Milliarden US-Dollar in Investitionen gesteckt.

Ein großer Nutznießer all dieser Investitionen ist Nvidia, dessen Halbleiter sehr beliebt geworden sind. Auf breiterer Ebene hat dies bei den Anlegern jedoch auch Bedenken hinsichtlich der Gewinnmargen bei den größten Kunden des Chipherstellers geweckt – zumal es bisher nur wenige Anzeichen dafür gibt, dass sich die Ausgaben in der Art von Umsatzwachstum niederschlagen, die erforderlich ist, um die Ausgaben finanziell zu rechtfertigen.

Teure Tech-Aktien

Obwohl der Abschwung die Multiplikatoren für viele Technologieaktien ein wenig gesenkt hat, sind sie immer noch sehr hoch. Microsoft beispielsweise wird mit dem 32-fachen der für die nächsten 12 Monate erwarteten Gewinne bewertet. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Höchststand von 35 im Juli, liegt aber deutlich über dem Durchschnitt von 25 in den letzten zehn Jahren. Auch die Bewertungen von Apple, Nvidia und Co. liegen deutlich über den Durchschnittswerten.

Günstigere Bewertungen in anderen Marktbereichen des S&P 500 werden wahrscheinlich weiterhin Investoren anziehen. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Technologie nicht weiterhin gut abschneiden wird, auch wenn der Boom bei KI-bezogenen Aktien wie Nvidia Vergleiche mit der Dotcom-Blase hervorruft, so Michael Mullaney, Leiter der globalen Marktforschung bei Boston Partners.

„Die anderen 493, die viel billiger sind, werden wahrscheinlich ein wenig aufholen, aber das bedeutet nicht, dass man das Kind mit dem Bade ausschüttet“, sagte er. „Die Big Tech Unternehmen drucken Geld wie warme Semmeln. Das ist ein großer Unterschied zum Jahr 2000.“

FMW/Bloomberg



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