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Staatliche Bad Bank gegen Kommunen: „Linke Tasche Rechte Tasche“ in NRW

Von Claudio Kummerfeld

Wenn es nicht um Steuergelder gehen würde, könnte man fast drüber lachen. Die „Bad Bank“ der ehemaligen WestLB streitet sich vor Gericht mit dutzenden Kommunen um dubiose Zinswetten. „Linke Tasche Rechte Tasche“ in NRW: der Verlierer steht jetzt schon fest…

Ehemalige Zentrale der WestLB Vorläufer der heutigen Bad Bank EAA
Die ehemalige Zentrale der WestLB in Düsseldorf
Foto: Marek Gehrmann / Wikipedia (CC BY-SA 3.0)

Monopoly

Die Stadt Ennepetal hatte in mehreren Prozessen erreicht, dass sie keine weiteren 1,5 Millionen Euro an die „Bad Bank“ des Landes NRW zahlen muss, die die Reste der WestLB abwickelt. Die Bad Bank ging in Berufung, und der Bundesgerichtshof hat den Fall jetzt zur erneuten Klärung zurück an das Oberlandesgericht verwiesen. Aber von vorne: Beim Vertrag zwischen der Stadt Ennepetal und der WestLB ging es laut BGH um einen

„Invers-CMS-Stufen-Swap-Vertrag“

aus dem Jahr 2007. Was für ein Wort! Wer kann mir erklären was das ist? Später wurden noch ein „CHF-Plus-Swap-Vertrag“ und zwei „Flexi-Swap-Verträge“ geschlossen. Um es zusammenzufassen. Die WestLB verpflichtete sich in diesen Verträgen festgelegte Zinsen zu zahlen, und die Kommune verpflichtete sich im Gegenzug variable Zinsen zu zahlen. Raten sie mal wer letztendlich im Nachteil war… hier ein Auszug der Veröffentlichung des Bundesgerichtshofs von gestern:

„Unter anderem vereinbarten die Parteien am 6. Dezember 2007 einen „Invers-CMS-Stufen-Swap-Vertrag“, in dem sich die Beklagte zu einer Zahlung von Zinsen in Höhe von 3,75 % p.a. auf den Nominalbetrag (5 Mio. €) und die Klägerin im ersten Jahr der Laufzeit zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 3 % p.a. und anschließend zur Zahlung variabler Zinsen auf den Nominalbetrag verpflichtete. Am 30. Januar 2008 schlossen die Parteien einen „CHF-Plus-Swap-Vertrag“, in dem sich die Beklagte zu einer Zahlung von Zinsen in Höhe von 3 % p.a. auf den Nominalbetrag (5 Mio. €) und die Klägerin zur Zahlung von variablen Zinsen verpflichtete, deren Höhe von der Entwicklung des Wechselkurses des Währungspaares Euro und Schweizer Franken abhing. Am 14. Februar 2008 einigten sich die Parteien über zwei „Flexi-Swap-Verträge“, in denen sich die Beklagte jeweils zur Zahlung von Zinsen in Höhe des Drei-Monats-Euribors verpflichtete und die Klägerin entweder Zinsen in Höhe von 4,05 % bzw. 4,10 % zu zahlen hatte, falls der Drei-Monats-Euribor 6 % oder weniger betrug, oder Zinsen in Höhe des jeweiligen Drei-Monats-Euribors. Für die einzelnen Zinsperioden wurden bei den „Flexi-Swap-Verträgen“ jeweils wechselnde Bezugsbeträge vereinbart. Die vier Swap-Verträge hatten bei Vertragsschluss für die Klägerin einen anfänglichen negativen Marktwert.“

Desweiteren schreibt der BGH:

„Der Bundesgerichtshof, der an seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 zu einem CMS Spread Ladder Swap-Vertrag angeknüpft hat (vgl. Pressemitteilung Nr. 46/2011), hat bekräftigt, dass eine Bank, die zu einem eigenen Zinssatz-Swap-Vertrag rät, unter dem Gesichtspunkt eines schwerwiegenden Interessenkonflikts grundsätzlich verpflichtet ist, den Kunden über das Einpreisen ihrer Kosten und ihres Netto-Gewinns, d.h. über das Einstrukturieren eines anfänglichen negativen Marktwertes, aufzuklären.“

Die Bad Bank bleibt am Drücker

Die Stadt Ennepetal klagte gegen den Nachfolger der WestLB, die sogenannte „Erste Abwicklungsanstalt“ (EAA oder besser bekannt als „Bad Bank“), da sie nicht richtig über die Risiken dieses extrem komplexen Produkts aufgeklärt worden sei. Zunächst gewann die Kommune. Die Bad Bank ging in Revision, und schlussendlich urteilte der Bundesgerichtshof gestern, dass der Fall vor dem Oberlandesgericht neu aufgerollt werden muss. Eine sinnlose Posse geht also weiter. Die Bad Bank, die wie der Name es sagt, eigentlich nur noch eine Abwicklungsstelle für Restmüll ist, könnte durch ihren Eigentümer (das Land NRW) schlicht und einfach angewiesen werden auf diese Forderungen zu verzichten. Was die Bad Bank dann an Einnahmen weniger hat, sparen die Kommunen in ihren Haushalten. Sparen würden sich alle Beteiligten jede Menge Zeit und Nerven, und die Gerichtskosten würden nicht entstehen. Richter und Staatsanwälte hätten Zeit sich um andere Dinge zu kümmern.

Die EAA (Bad Bank) sieht ihre Rechtsauffassung durch die Rückverweisung und Neuauflage des Verfahrens beim OLG bestätigt und schreibt:

„Die EAA sieht ihre Rechtsauffassung durch die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in wichtigen Fragen bestätigt. So hat der zuständige Senat klar gestellt, dass Zinsswapgeschäfte nach den Umständen des Einzelfalls differenziert zu beurteilen sind.“

Kommunen unwissend? Unschuldig?

Wie dieser neue Prozess vor dem OLG ausgeht, dürfte auch für zahlreiche weitere Kommunen in NRW interessant sein, die wie Ennepetal in die Zinsfalle der WestLB getappt sind. Erhält Ennepetal dort final Recht, werden alle anderen Kommunen wohl ebenso die Zahlung noch offener Forderungen an die Bad Bank verweigern. Laut der Bad Bank EAA stehen 70 Prozesse ( ! ! ! ) gegen NRW-Kommunen im Raum, bei denen es wohl um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag gehen dürfte.

Der Ärger der Kommunen mag noch so berechtigt sein, aber andererseits muss man die Frage stellen dürfen: der Kämmerer einer Stadt oder Kommune hat i.d.R. Betriebswirtschaft o.ä. studiert, kümmert sich den lieben langen Tag nur um Geldangelegenheiten, und will nicht erkannt haben, um was es sich bei diesen Produkten handelt? Und wenn er diese hochkomplexen „Produkte“ nicht verstanden hat, warum hat er die Verträge mit den Banken dann abgeschlossen?

Vielleicht mag eine Rolle gespielt haben, dass die Kommunen zusammen mit dem Land NRW die Eigentümer der WestLB waren und daher dachten vor ihnen sitzt quasi ein Familienmitglied… das kann aber trotzdem keine Ausrede sein. Der Steuerzahler ist so oder so der Verlierer. Denn egal wer gewinnt, die Gerichtskosten muss entweder die Bad Bank oder die jeweilige Kommune zahlen – also der Steuerzahler oder der Steuerzahler. Und die Zinswetten-Verluste zahlt entweder der Steuerzahler… oder der Steuerzahler.



Quelle:
Bundesgerichtshof
Erste Abwicklungsanstalt



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3 Kommentare

  1. „Die Bad Bank … könnte durch ihren Eigentümer (das Land NRW) schlicht und einfach angewiesen werden …“

    Erstens sind (leider) der Landes- und die Kommunalhaushalte nicht linke und rechte Tasche. Noch komplizierter macht es, dass das Land nur rd. 48% an der EAA hält; der Rest liegt im Wesentlichen bei den NRW-Sparkassen. Und wie hart diese selbst innerhalb der eigenen Sparkassenfamilie um ihre lokalen Interessen ringen, hat die zurückliegende Diskussion und den Haftungsverbund des DSGV gezeigt. Da ist dann nichts mehr „schlicht und einfach“.

    1. Hallo Spectator. Da haben sie natürlich recht, aber man kann es so formulieren: es handelt sich um einen Zwischenbuchungsschritt, denn die Sparkassen gehören ja letztendlich den Kommunen. Es sind also rein optisch Puffer dazwischengeschaltet, aber am Ende bekämpft sich der Staat selbst, nur halt über verschiedene Institutionen und verschiedene Ebenen (Land/Kommune).

      finanzmarktwelt.de Redaktion

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