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Es gab viele Warnsignale! Warum die Fed von der Bankenpleite der SVB überrascht wurde

Gab es eine Sonderbehandlung für die Silicon Valley Bank?

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Der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, räumte kürzlich ein, dass seine Mitarbeiter und er selbst von der plötzlichen Bankenpleite der SVB (Silicon Valley Bank) am 10. März überrascht wurden. Nach Aussagen Powells wurde auf Krisensitzungen am anschließenden Wochenende die Frage diskutiert „Wie ist das passiert“? Im Vorfeld gab es konkrete Warnungen an die zuständige Distrikt-Notenbank und einen gravierenden Interessenskonflikt.

SVB-Bankenpleite rückt San Francisco Fed in ein schlechtes Licht

Die US-Notenbank (Fed) besteht aus einem System zwölf teilautonomer Distrikt-Notenbanken. Vergleichbar den Landeszentralbanken in der Bundesrepublik. Dabei täuscht der Name der Regionalnotenbanken oft über ihren großen Einflussbereich hinweg. So ist die für die Aufsicht der Banken im Silicon Valley zuständige Federal Reserve Bank of San Francisco für insgesamt zwölf US-Bundesstaaten zuständig. Unter anderem für Kalifornien, Nevada, Oregon, Alaska, Washington, Idaho, Arizona und Utah.

Im Jahr 2022 war allein der Bundesstaat Kalifornien gemessen am Bruttoinlandsprodukt die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt. Dementsprechend groß ist die Verantwortung der Fed of San Francisco und die jetzige Kritik, vor allem an ihrer Präsidentin Mary C. Daly. Sie ist seit 2018 im Amt und redet im Offenmarktausschuss (FOMC) der Fed auch über die Geldpolitik für die gesamte USA mit und gilt als bestens im Fed-System vernetzt. In diesem Jahr ist Daly allerdings nicht stimmberechtigt (Alternate FOMC Member; ab 2024 wieder stimmberechtigt). Dennoch ist sie bei jeder FOMC-Sitzung in Washington, D. C. mit dabei.

Das Netzwerk der Federal Reserve, bestehend aus den zwölf Regionalnotenbanken, soll mehrere Aufgaben erfüllen, unter anderem die Regulierung und Beaufsichtigung aller Finanzinstitute in ihrem Zuständigkeitsbereich. Durch die Überwachung der Banken sollen Risiken schnell erkannt und die Sicherheit und Solidität des Bankensystems gewährleistet werden. Die Gefahr einer Bankenpleite soll so möglichst ausgeschlossen werden. Soweit die Theorie.

Die San Francisco Fed, die wie erwähnt für einen Großteil des Westens der USA einschließlich Kalifornien zuständig ist, war die Hauptaufsichtsbehörde der SVB mit Sitz im kalifornischen Santa Clara.

Pikant ist, dass es einen möglichen Interessenskonflikt zwischen der Aufsichtsbehörde und der SVB gab. Der Präsidentin der San Francisco Fed wird vorgeworfen, aus persönlicher Rücksichtnahme Kontroll- und Aufsichtspflichten verletzt zu haben und trotz Warnungen ihrer eigenen Beamten Maßnahmen zur Vermeidung einer Bankenkrise, ausgelöst durch die Pleite der SVB, unterlassen zu haben. Dazu muss man wissen, dass der Vorstandsvorsitzende (CEO) der SVB, Greg Becker, bis zur Insolvenz seiner Bank auch Mitglied im Vorstand der San Francisco Fed war.

Sitzungsprotokolle vom 31. Januar und vom 1. Februar 2023 offenbaren, dass einige für die Bankenaufsicht zuständige Beamte bereits damals besorgt über die Finanzstabilität der SVB waren. Auch wurde über die zunehmenden Risiken und die Auswirkungen nicht realisierter Verluste bei Staats- und Hypothekenanleihen bei weiteren kleineren und mittelgroßen Finanzinstituten diskutiert. Sogar das Risiko von Bank-Runs wurde thematisiert. Konkrete Handlungen folgten aus den Diskussionen gleichwohl nicht.

Sonderbehandlung der Fed für die SVB?

„Das Versäumnis der San Francisco Fed, die offensichtlich riskante Struktur bei der SVB anzugehen, ist offen gesagt schockierend“, schrieb der republikanische Senator von Texas und hochrangiges Mitglied des Handelsausschusses des Senats, Ted Cruz, in einem Brief in Bezug auf die Bankenpleite der SVB an die San Francisco Fed-Chefin Mary C. Daly.

Cruz stellte Daly in seinem offenen Brief eine Reihe von Fragen, um „zu verstehen, wie die Aufsichtsbehörde so viele offensichtliche Warnsignale für die laxen Risikomanagementpraktiken der SVB übersehen konnte“.

Der Senator setzte ihr eine Antwortfrist bis zum 30. März und schickte eine Kopie des Briefs auch an die oberste Führung der Federal Reserve nach Washington, einschließlich des Vorsitzenden Jerome Powell.

Zu den gestellten Fragen gehört u. a. auch, ob die SVB die erforderlichen Liquiditätsstresstests durchgeführt hat und wie diese Tests, falls sie denn überhaupt stattfanden, die Möglichkeit stark steigender Zinssätze berücksichtigten.

Es scheint aktuell so zu sein, dass die SVB auf Wunsch von Greg Becker von den Stresstestanforderungen befreit wurde. Sollte dem so sein, könnte dies das Ende von Daly als Notenbankerin bedeuten.

Warnsignale lange im Voraus

Der Prozess, der schließlich zum Bank-Run auf die SVB Anfang dieses Monats und zur Bankenpleite führte, entwickelte sich über Jahre hinweg. Der Kundenstamm der SVB war stark von Technologieunternehmen aus der Bay Area von San Francisco geprägt, insbesondere von Start-Ups mit zum Teil hochriskanten und unprofitablen Geschäftsmodellen.

Die SVB vergab Hochrisikokredite, beteiligte sich mit Risikokapital an Start-Ups (Venture Capital) und führte hauptsächlich Geschäftskonten. Sie SVB fokussierte sich somit auf Schuldner, die gewöhnliche Geschäftsbanken aus Risikogründen ablehnten.

Die Bank expandierte in den letzten Jahren mit dem Wachstum der Start-Up-Szene in der Bay Area sehr dynamisch und avancierte in den letzten fünf Jahren zur am schnellsten wachsenden Bank in den gesamten Vereinigten Staaten.

Ein weiteres Warnsignal waren die überdurchschnittlich hohen Einlagensummen, da sich die SVB auf Gewerbekunden spezialisierte, das sogenannte „Corporate Banking“.

Der US-Einlagensicherungsfonds Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) hat eine für Geschäftskunden relativ geringe Standard-Versicherungsschwelle von 250.000 US-Dollar pro Kontoinhaber.

Da die Start-Ups und anderen Unternehmen Umsätze, Gehaltsabrechnungen und andere Betriebskosten über ihre SVB-Konten abwickelten, wiesen diese sehr viel höhere Beträge auf, die somit zunächst nicht versichert waren. Erst eine Ausnahmeregelung der FDIC schützt aktuell sämtliche Einlagen bei der SVB, die nun dreisterweise auch noch damit wirbt, „Die sicherste Bank der Welt zu sein“. An dem Geschäftsmodell hat sich gleichwohl nichts geändert, weshalb die Bank auch nur noch wegen der laufenden Rettungsmaßnahmen existiert.

Risiken für Bankenpleite bleiben hoch

Die SVB hatte vor den Sonderregelungen zur Komplettversicherung aller bei ihr getätigten Einlagen ein besonders hohes Volumen an unversicherten Geldern, die laut der aufsichtsrechtlichen Berichte der Bank zum Jahresultimo 2022 den überwiegenden Teil ihrer gesamten Einlagen ausmachten und sie einem extrem hohen Risiko einer Bankenpleite aussetzten, sollte es zu einer Krise im Finanzsystem kommen.

Was passiert also, wenn die FDIC ihre schützende Hand über der SVB wegzieht, z. B., weil die Republikaner den Skandal um den Interessenkonflikt im Vorstand der San Francisco Fed forcieren?

Auf jeden Fall bleiben noch einige Fragen ungeklärt, die das Risiko bergen, dass die SVB kein Einzelfall in den USA ist, was auch die Bankenpleite der Signature Bank und die anhaltenden Probleme bei der First Republic Bank, der Westpac Banking Corporation sowie der Capital One Financial Corp. etc. zeigen. Das Hauptrisiko sind unzureichende oder nie stattgefundene Stresstests der Fed bei kleinen und mittelgroßen Banken.



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