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Wasser ist jetzt als Terminkontrakt in Chicago handelbar

Unethisch, unmoralisch, unmenschlich, das Allerletzte. Das ist das erste woran sehr viele Menschen denken, wenn sie hören, dass Wasser an der Börse gehandelt werden kann. Nicht die Aktien von Wasserversorgern oder von Konsumgüterkonzernen, die Wasser in Flaschen abfüllen. Nein, das Wasser selbst wird zur standardisierten Handelsware für Spekulanten, aber auch zum Absicherungsinstrument für Farmer. Muss das sein? Droht Wasserknappheit, weil Spekulanten den Preis hochtreiben werden?

Neuer Future-Kontrakt auf Wasser aus Kalifornien

Der diese Woche neu eingeführte Future-Kontrakt auf Wasser (hier die genauen Kontraktspezifikationen) wird an der weltgrößten Terminbörse CME in Chicago gehandelt. Future-Kontrakt bedeutet, dass der Käufer des Kontrakts sich verpflichtet zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft eine bestimmte Menge Wasser zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Für den Verkäufer des Kontrakts gilt die selbe Verpflichtung. Durch Eingehen der Gegenposition an der CME hebt man als Trader diese Verpflichtung auf, sie wird dadurch sozusagen neutralisiert, weil man ja eine Kauf- und Verkaufsverpflichtung beim selben Kontrakt eingegangen ist. Für den Wasser-Future sind für 2021 sechs Ablauftermine festgelegt, und für 2022 vier Termine.

Durch einen Future-Kontrakt entsteht Kalkulationssicherheit. Eine gute Sache für Bauern, und natürlich auch eine Chance für Spekulanten. Aber blicken wir auf die Bauern. Dieser Terminkontrakt mit dem Namen „Nasdaq Veles California Water Index“ (Ticker-Symbol: NQH2O) bezieht sich lediglich auf Wasserrechte und Verkaufstransaktionen in den fünf größten Regionen in Kaliforniens. Es geht laut CME um Wasserrechtstransaktionen aus vier Grundwasserbecken. Vor allem in Süd-Kalifornien ist Wasser ein extrem knappes Gut, und wird oft über sehr lange Kanäle an die großen Verbrauchszentren herangeführt. Nicht nur Menschen, vor allem die Farmer brauchen für die gigantischen Anbaugebiete Unmengen an Wasser.

Bessere Kalkulationssicherheit für Bauern

Das geniale Konstrukt bei Futures für Bauern ist (weswegen Terminkontrakte auch sehr sinnvoll sind): Kauft der Bauer jetzt zum Beispiel einen Wasser-Future zu sagen wir mal fiktiven 100 Dollar, und der Preis steigt bis zum Ablauftermin im März auf 150 Dollar, so zahlt der Bauer zwar im März 150 Dollar. Aber an der Terminbörse ist der Future ja auch angestiegen, und der Bauer kassiert 50 Dollar Spekulationsgewinn. Dadurch hat der Bauer effektiv nur 100 Dollar bezahlt, und hat sich quasi den jetzigen Wasserpreis für die Lieferung im März gesichert. So entsteht Planungssicherheit. Natürlich ist da auch die „dunkle“ Seite bei Futures. Wo der Bauer dieses Instrument sehr sinnvoll nutzt (wie auch bei Weizen, Soja uvm), da kann der reine Börsenspekulant hier auch wilde Zockereien veranstalten.

Aber zurück zum neuen Future auf Wasser aus Kalifornien. Der Wert des Index spiegelt laut CME den volumengewichteten Durchschnittspreis von Wasser an der Quelle wider, wobei Beförderungskosten und Wasserverluste in den zugrunde liegenden Märkten nach Bereinigung um idiosynkratische Preisfaktoren, die für jeden der in Frage kommenden Märkte und Transaktionsarten spezifisch sind, nicht berücksichtigt werden. NQH20 wird in US-Dollar pro Acre-Fuß bewertet. Das ist die Wassermenge die benötigt wird, um einen Hektar Land (43.560 Quadratfuß) bis zu einer Tiefe von einem Fuß zu bedecken, was 325.851 Gallonen entspricht.

Knappheit in der Versorgung möglich?

Können Zocker den Preis für Wasser in Kalifornien wie bei anderen Rohstoffen in den letzten Jahrzehnten hochtreiben, und für echte Versorgungsknappheit sorgen? Bei Wasser wird es ja nun wirklich eine Frage des Überlebens? Zum einen betrifft dieser Wasser-Future nur einen sehr kleinen Prozentsatz der gesamten Wasser-Versorgungsmenge in Kalifornien. Denn ein Großteil der Wasserrechte ist langfristig an Versorger vergeben. Und zum anderen ist wichtig, dass Spekulanten über den Aufkauf der Kontrakte anders als bei Weizen und anderen lebenswichtigen Produkten keinen echten Erwerb von Wasser durchführen können. Denn der Wasser-Future ist als „Financially Settled Contract“ aufgesetzt worden, was man auf Deutsch auch als Barausgleich bezeichnet. Das heißt, dass bei den Lieferterminen kein echtes Wasser den Besitzer wechselt, sondern nur Gewinne und Verluste in US-Dollar zwischen den Terminmarkt-Teilnehmern ausgeglichen werden.

Ein Wasser-Kanal in Kalifornien
Beispielfoto: Das California Aqueduct im Alameda County in Kalifornien. Foto: John Loo CC BY 2.0



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2 Kommentare

  1. Unethisch?
    Jetzt kaufe ich bis auf selbst gefangenes Regenwasser auch mein Wasser. Unterschiedliche Stadtwerke in dem Lande rechnen unterschiedlich ab. Findet jeder Normal. Keine Ahnung ob es sich bald lohnt mit einem Anhänger irgendwo Wasser zu holen. Alle andere Lebensnotwendige Sachen werden ebenso gehandelt und dienen die Spekulation.nun macht Wasser ein Anfang. So what.

  2. „Wasser selbst wird zur standardisierten Handelsware für Spekulanten, aber auch zum Absicherungsinstrument für Farmer.“

    Wohl eher ersteres. Der Bereich der Derivate ist mittlerweile so groß, dass man hier nicht mehr von Absicherungsinstrumenten sprechen kann. Hier wedelt der Schwanz (Derivate) mit dem Hund (Realwirtschaft).

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