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Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs

Folgender Text ist das Vorwort des Buches von Ernst Wolff „Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs“. Eine vom herausgebenden Verlag Tectum veröffentlichte Leseprobe finden Sie hier..

Keine andere Finanzorganisation hat im vergangenen halben Jahrhundert
so tief in das Leben so vieler Menschen eingegriffen wie der
Internationale Währungsfonds (IWF). Seit seiner Gründung nach dem Zweiten
Weltkrieg hat er seinen Einflussbereich bis in die entlegensten Winkel der
Erde ausgeweitet. Derzeit zählen 188 Länder auf fünf Kontinenten zu
seinen Mitgliedern.

Jahrzehntelang war der IWF hauptsächlich in Afrika, Asien und Südame-
rika tätig. Dort gibt es kaum noch ein Land, in dem seine Politik nicht
ein- oder mehrmals in enger Zusammenarbeit mit der jeweiligen natio-
nalen Regierung durchgesetzt wurde. Nach dem Ausbruch der weltwei-
ten Finanzkrise im Jahr 2007 hat er sich verstärkt Nordeuropa zugewandt,
seit dem Einsetzen der Euro-Krise im Jahr 2009 ist vor allem das südliche
Europa in seinen Fokus gerückt.

Offiziell besteht die Hauptaufgabe des IWF darin, das globale Finanzsys-
tem zu stabilisieren und in Schwierigkeiten geratenen Ländern aus der
Krise zu helfen. In der Realität erinnern seine Einsätze eher an Feldzüge
kriegführender Armeen. Wo immer er einschreitet, greift er tief in die
Souveränität von Staaten ein, zwingt ihnen Maßnahmen auf, die von der
Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt werden, und hinterlässt eine breite
Spur wirtschaftlicher und sozialer Zerstörung.

Dabei setzt der IWF weder Waffen noch Soldaten ein, sondern bedient
sich ganz einfach der Mechanismen des Kapitalismus, genauer gesagt: der
Kreditwirtschaft. Seine Strategie ist in allen Fällen so simpel wie effektiv:
Gerät ein Land in finanzielle Schwierigkeiten, ist er zur Stelle und bietet
Unterstützung in Form von Krediten an. Im Gegenzug fordert er die Durchsetzung von Maßnahmen, die
die Zahlungsfähigkeit des Landes zum Zwecke der Rückzahlung dieser Kredite sicherstellen sollen.

Wegen seiner weltweiten Sonderstellung als »Kreditgeber letzter Instanz«
bleibt den Regierungen in der Regel keine andere Wahl als das Angebot
des IWF anzunehmen und auf seine Bedingungen einzugehen – mit dem
Ergebnis, dass sie sich in einem Netz der Verschuldung verfangen, in dem
sie sich infolge von Zins-, Zinseszins- und Tilgungszahlungen immer tie-
fer verstricken. Die sich daraus ergebende Belastung des Staatshaushal-
tes und der heimischen Wirtschaft führt mit unerbittlicher Konsequenz
zu einer Verschlechterung ihrer Finanzlage, die der IWF wiederum als
Vorwand nutzt, um unter dem Schlagwort der »Austerität« immer neue
Zugeständnisse in Form von »Sparprogrammen« zu erzwingen.

Für die einfache Bevölkerung der betroffenen und zumeist einkommens-
schwachen Länder hat diese Politik verheerende Folgen, denn deren Re-
gierungen handeln allesamt nach dem gleichen Muster: Sie wälzen die
Folgen der Sparmaßnahmen auf die abhängig Beschäftigten und die Ar-
men ab.
Auf diese Weise haben IWF-Programme Millionen von Menschen den
Arbeitsplatz genommen, ihnen den Zugang zu ausreichender Gesund-
heitsversorgung, einem funktionierenden Bildungswesen und menschen-
würdigen Unterkünften verwehrt. Sie haben ihre Nahrungsmittel bis
zur Unbezahlbarkeit verteuert, die Obdachlosigkeit gefördert, alte Men-
schen um die Früchte lebenslanger Arbeit gebracht, die Ausbreitung von
Krankheiten begünstigt, die Lebenserwartung verringert und die Säug-
lingssterblichkeit erhöht.

Am anderen Ende der gesellschaftlichen Leiter dagegen hat die Politik
des IWF einer winzigen Schicht von Ultrareichen dazu verholfen, ihre
riesigen Vermögen sogar in Krisenzeiten zu vermehren. Die von ihm ge-
forderten Maßnahmen haben entscheidend dazu beigetragen, dass die
weltweite soziale Ungleichheit ein in der Geschichte der Menschheit nie
dagewesenes Ausmaß angenommen hat. Der Einkommensunterschied
zwischen einem Sonnenkönig und einem Bettler am Ausgang des Mittelalters
verblasst gegenüber dem Unterschied zwischen einem Hedgefondsmanager
und einem Sozialhilfeempfänger von heute.

Obwohl diese Fakten allgemein bekannt sind und in den vergangenen
Jahrzehnten Hunderttausende zum Teil unter Einsatz ihres Lebens gegen
die Auswirkungen seiner Maßnahmen protestiert haben, hält der IWF
bis heute eisern an seiner Strategie fest. Trotz aller Kritik und trotz der
nicht zu übersehenden Folgen seines Handelns genießt er dabei nach wie
vor die rückhaltlose Unterstützung der Regierungen sämtlicher führen-
der Industrienationen.
Wieso? Wie kann es sein, dass eine Organisation, die rund um den Glo-
bus solch ungeheures menschliches Leid verursacht, weiterhin ungestraft
handeln und auch in Zukunft mit der Unterstützung der mächtigsten
Kräfte unserer Zeit rechnen darf? In wessen Interesse arbeitet der IWF?
Wer profitiert von seinem Tun?

Diese Fragen zu beantworten, ist das Ziel dieses Buch



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