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"Eine Schuldenkrise ist in Frankreich möglich" Frankreich: Angst vor Le Pen – Risikoprämien steigen deutlich

Frankreich gerät zunehmend in Fokus der Finanzmärkte

Frankreich Angst vor Le Pen
Foto: Bloomberg

Nachdem Präsident Macron Neuwahlen nach dem schwachen Abschneiden seiner Partei bei der EU-Wahl angekündigt hat, gerät Frankreich zunehmend in den Fokus der Finanzmärkte: vor allem der Anleihemarkt zeigt eine zunehemnde Angst, dass Marine Le Pen erneut einen deutlichen Sieg davon tragen wird.

Frankreich und die Angst vor Le Pen: Anleiherisiko-Prämien steigen

Der französische Anleihemarkt deutet darauf hin, dass die Händler angesichts des Risikos eines Wahlsiegs der Partei von Marine Le Pen auf weitere Rückgänge der Kurse setzen – also von weiter steigenden Risikoprämien für französische Staatsanleihen ausgehen.

Den Daten der Eurex-Börse zufolge halten die Anleger nun die größte Anzahl an 10-jährigen Futures-Positionen seit mindestens einem Jahr. Diese Entwicklung fällt mit einem starken Anstieg der Renditen zusammen und deutet auf steigende Short-Wetten hin.

Das sogenannte offene Interesse ist in dieser Woche um fast 20% gestiegen, nachdem Präsident Emmanuel Macron die Anleger schockiert hat, indem er nach der vernichtenden Niederlage seiner Partei bei den Wahlen zum Europäischen Parlament am Wochenende eine Blitzwahl ansetzte.

Umfragen zeigen, dass Le Pens Partei Front Nationale – die zuvor politische Maßnahmen wie die Senkung der Mehrwertsteuer und die Herabsetzung des Renteneintrittsalters unterstützt hat – mit einem deutlichen Vorsprung in die erste Wahlrunde am 30. Juni geht.

„Ein Sieg von Marine Le Pens Front Nationale könnte zu Bedenken der Märkte hinsichtlich der fiskalischen Disziplinlosigkeit und einer Auseinandersetzung mit der Europäischen Kommission führen“, sagte Chris Attfield, ein europäischer Zinsstratege bei HSBC Holdings. Er geht davon aus, dass der Aufschlag der französischen 10-jährigen Rendite gegenüber deutschen Papieren im nächsten Quartal von etwa 60 auf 65 Basispunkte steigen wird.

Attfield wies auf das Risiko einer weiteren Herabstufung der Kreditwürdigkeit und einer „Ausweitung der Marktspanne aufgrund von Befürchtungen über die Tragfähigkeit der Schulden“ hin. S&P Global Ratings hatte im vergangenen Monat die Kreditwürdigkeit des Landes herabgestuft und erklärt, das Defizit werde in Frankreich werde bis konstant 2027 über 3% des Bruttoinlandsprodukts liegen. Derzeit fährt Frankreich ein Defizit zum BIP von 5,1% – und wurde kürzlich von der Ratingagentur S&P abgestuft.

Die Rendite 10-jähriger französischer Papiere stieg am Donnerstag um drei Basispunkte auf 3,17%, womit sich der Anstieg in dieser Woche auf sieben Basispunkte erhöhte. Der Spread gegenüber deutschen Wertpapieren steht vor dem größten wöchentlichen Sprung seit Beginn der Pandemie im März 2020.

Während die Nationale Sammlungsbewegung noch keine detaillierten Vorschläge für diese Wahl gemacht hat, hätten Le Pens Pläne im Präsidentschaftswahlkampf 2022 120 Milliarden Euro (130 Milliarden Dollar) pro Jahr gekostet und das Defizit des Landes um 100 Milliarden Euro pro Jahr erhöht, so eine Analyse des Instituts Montaigne, einer unabhängigen Denkfabrik, die Macron nahe steht.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire warnte diese Woche davor, dass das Land in eine ähnliche Schuldenkrise stürzen würde, wie sie vor zwei Jahren von Liz Truss in Großbritannien ausgelöst wurde, falls Le Pen gewinnen und ihr Wirtschaftsprogramm umsetzen würde.

„Eine Schuldenkrise ist in Frankreich möglich, ein Liz Truss-Szenario ist möglich“, sagte er.

FMW/Bloomberg

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4 Kommentare

  1. Ob Staatspräsident Emmanuel Macron deswegen für die Französische Republik eine vorübergehende „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ ausrufen kann?

    1. das ist der Anfang von erheblichen Turbulenzen in der EU und damit in der Nato. Machiavelli würde jetzt eine ln Krieg vorschlagen. macron wird Soldaten in die Ukraine schicken.

  2. Moin, moin,

    Schulden sind die Drogen der Regierungen. Jede (neu gewählte) Regierung braucht schnelle Erfolge in allen Problembereichen, um ihre „Kompetenz“ zu unterstreichen. Wie erreicht man schnelle Erfolge bei Problemen? Genau, durch schnelles Geld. Es wird das Volk quasi gekauft, entweder vor der Wahl oder halt danach. Und die Schulden? Die bleiben bestehen und wachsen vor sich hin, aber egal, Hauptsache sichtbare „Erfolge“.

  3. Meiner Meinung nach ist der Anstieg des Spread zwischen deutschen und französischen Anleihen, auch wenn es germanozentrisch klingt, auch auf den Zustand der deutschen Bundesregierung zurück zu führen. Frankreich benötigt das implizite Verständnis der gemeinsamen Schulden im EURO-Raum und die Entlastung des Marktdrucks durch Aufkäufe der EZB. Am Besten gepaart mit niedrigsten Zinsen. Dieses Einvernehmen ist zwischen Macron und Scholz etabliert. Marine Le Pen wird davon kaum mehr zehren können, weil sich die politische Situation auch in Deutschland geändert hat. Die Rassemblement National benötigt ein nicht-nationales, sozialistisch geprägtes Umfeld in den Nachbarstaaten, das ist aber ein impliziter Widerspruch. Macron weiß das und hofft auf schnelle Einsicht der Wähler vor dem nächsten Wahlgang.

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