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BMW brauchte zwei Jahre um Ausmaß des Bremsdefekts zu erkennen

Bei Conti sorgt Staub auf Bauteilen dafür, dass BMW ein gigantisches Problem mit Bremsen hat. Erst nach 2 Jahren erkennt man das Ausmaß.

Rolls-Royce Spectre
Rolls-Royce Spectre. Foto: Bloomberg

Erst sah man vor wenigen Tagen das Desaster um VW, wo man Werke in Deutschland schließen und mutmaßlich tausende Mitarbeiter entlassen wird – laut aktuellen Analystenaussagen könnte es um 15.000 Stellen gehen. Auch BMW erlebte letzte Woche ein Desaster mit einer massiven Prognose-Absenkung bei den Finanzdaten. Defekte Bremssysteme sorgen auf breiter Front für Probleme im Konzern, und das nicht nur bei der Kernmarke BMW.

Jetzt zeigt sich, wie schwerfällig die Abläufe im Konzern offenbar sind: BMW hat mehr als zwei Jahre gebraucht, um das Ausmaß eines Fehlers im Bremssystem festzustellen. Dessen Behebung wird den Autohersteller voraussichtlich fast 1 Milliarde Euro kosten. Laut einem Rückrufdokument, das Bloomberg News vorliegt, beschwerten sich im Juni 2022 die ersten Kunden und Händler beim Münchner Autohersteller über fehlerhafte Bremsen. Doch erst im August 2024 wurde BMW klar, dass bis zu 1,5 Millionen Autos betroffen sein könnten. Der Zulieferer Continental hatte das defekte System, das als leichter und effizienter angepriesen worden war, geliefert.

Eine Gewinnwarnung in der vergangenen Woche ließ den Börsenwert von BMW um 5 Milliarden Euro sinken — ein Debakel für den Premium-Autohersteller, der als führend in der Antriebstechnik gilt. BMW leitete im Oktober 2023 eine umfassende Überprüfung des Bremssystems ein, wie aus dem Rückrufdokument hervorgeht. Dabei wurde festgestellt, dass die elektrischen Signale des Bremssystems gestört wurden. Der erste Rückruf von rund 80.000 Fahrzeugen folgte im Februar dieses Jahres in den USA.

Seitdem hat sich die Zahl der betroffenen Fahrzeuge auf 1,5 Millionen Autos verschiedener Konzernmarken erhöht. Darunter sind auch der 378.000 Euro teure Rolls-Royce Spectre, die Flaggschiff-Limousinen der 7er-Reihe und die leistungsstarken XM-SUVs. “Das ist kein gewöhnlicher Rückruf, das ist ein großer Schock”, sagte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Forschungsinstituts Center for Automotive Research in Bochum. “Bemerkenswert ist auch, dass BMW die Qualitätskontrolle bei den Zulieferern mit einer Taskforce verstärkt hat, was darauf hindeutet, dass sie auch größere Risiken im Allgemeinen sehen.”

“BMW ist normalerweise sehr vorsichtig und zieht Stabilität kurzfristigen Spitzen vor, was sich in den Margen widerspiegelt”, fügte er hinzu. Nach US-Recht riskieren Autohersteller Geldstrafen, wenn sie Sicherheitsprobleme nicht rechtzeitig an die US-Verkehrsbehörde NHTSA melden. In einigen Fällen kann es aber vorkommen, dass ein Hersteller auch nach einem längeren Zeitraum möglicherweise keine Kenntnis von einem Defekt hat. Die NHTSA hat BMW wegen des Bremsenrückrufs keine Geldstrafe auferlegt.

Laut einer Sprecherin von BMW brauche es Zeit, um das Ausmaß und die finanziellen Auswirkungen des Rückrufs abzuschätzen. Der Autohersteller müsse die Angelegenheit mit Behördenvertretern verschiedener Märkte besprechen und die Kosten für die Reparatur des Problems abschätzen. Im März schickte Rolls-Royce ein Rückrufschreiben an seine amerikanischen Händler. Daraus geht hervor, dass das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt wusste, dass es ein Problem mit einer seiner renommiertesten Marken hatte. Bloomberg News konnte das Dokument einsehen.

In Großbuchstaben ordnete der Luxusautohersteller einen Verkaufs- und Auslieferungsstopp für alle zwischen dem 20. und 23. Juni 2023 gebauten Spectres an. Das Bremssystem des Modells war potenziell fehlerhaft, und Mechaniker mussten ein 26-stufiges Verfahren befolgen, um die betroffenen Autos zu reparieren. Der US-Rückruf weitete sich schließlich auf 688 Spectres aus, die zwischen Januar 2023 und Juli 2024 gebaut wurden. Damit betraf es mehr als ein Viertel der jährlich produzierten Fahrzeuge. Aufgrund von weiteren Rückrufen in anderen Märkten dürfte die Gesamtzahl der betroffenen Spectres jedoch höher sein.

Continental führte den Defekt auf ein Werk in Ungarn zurück. Dort hätten die Arbeiter, die die Leiterplatten der Bremsen herstellten, nicht für ausreichende Sauberkeit gesorgt. Dadurch sei Schmutz oder Staub auf den Bauteilen zurückgeblieben, was die Leistung des Systems beeinträchtigte – das sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Bloomberg.

Die steigende Zahl von Rückrufaktionen werfe “ernsthafte Fragen” hinsichtlich der Sorgfaltspflicht der Autohersteller in Bezug auf ihre Lieferketten auf, sagte Andrew Graves, Analyst und emeritierter Professor an der Universität Bath. “Vielleicht muss sich der Sektor auf seine Kernkompetenzen konzentrieren, um solche Probleme in Zukunft zu vermeiden?“, sagte er per E-Mail.

FMW: Deutsche Autoaktien zeigen Schwäche. Seit Jahresanfang ist der Dax um 11 % gestiegen. BMW aber fiel um 28 %, VW um 19 %, und der bei den BMW-Problemen verantwortliche Zulieferer Continental fiel sogar um 31 %.

Chart vergleicht Entwicklung der BMW-Aktie mit dem Dax, VW und Continental

FMW/Bloomberg



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4 Kommentare

  1. das hat selbstverständlich system. meinen letzten rückruf bei meinem g02, der mit der gefahr eines motorbrandes (agr-ventil für eingeweihte)verbunden war, wurde zwar über alle kanäle inkl. app veröffentlicht und ein halbes jahr in keiner weise addressiert. erst nachdem ich dann über das ministerium in ö das den konsumentenrückruf mitveröffentlicht hatte, interveniert habe ist etwas passiert. die autobauer timen das natürlich so, dass hier die risiko/kostenabschätzung stimmt. und mal schnell ein paar millionen ersatzteile und werkstattlapazitäten organisieren ist in unserer just in time kultur tatsächlich nicht einfach bzw. einfach mit entsprechenden kosten verbunden.

    egal ob da ein paar karren in der zwischenzeit (inkl. evtl. insassen oder andern beteiligten in zb. einer tiefgarage) abfackeln und dabei eben der eine oder andere dabei drauf geht – reine bwl-kalkulation. sie glauben doch nicht, dass sich bmw auch nur einen gedanken um einzelfälle/mögliche schicksale ihrer kunden macht. das läßt sich mit versicherungsmathematischen kalkulationen bestens berechnen was das risiko der planierung einzelner schadensfälle kostet. bestes bsp. für solche kalkulationen ist das leicht verhaltensauffällige genie musk mit seiner variante des gamblings – tesla.

    zurückkommend – premiumprodukt mit freude am fahren – oder abfackeln/crashen – je nachdem. aber zugegebn fahren tun sie gut die bayrischen, solange sie bremsen und nicht brennen. aber zuviel echte kundennähe nach dem motto „no risk no fun“ darf man sich insb. auch beim heilsbringer -autonomes fahren – bei autobauern nicht erwarten. da sind wir -wenns soweit ist – bestenfalls beta-crashtest dummies. aber egal, unseren part übernimmt ohnedies dann die ki ;)

  2. Moin, moin,

    wie herrlich ist da der 2CV, Technik auf dem Stand eines Fahrrads. Alles funktioniert und wenn mal nicht, dann kann man es sehr leicht alleine (ohne „Fachkräfte“ einer Werkstatt) reparieren.

    Fazit: Keep it simple

    1. @asyoulike,

      mein ’84er mehari läuft und läuft und läuft…….

      zum selbstreparieren kommen noch die spottbilligen ersatzteile als extra dazu,

      allerdings, ein gebrauchter ist in europa ganz schön wertbeständig, siehe die markt angebotenen exemplare.

      früher klärten sich schon bei der ersten verabredung mit den mädels im voraus schon ganz schnell einige

      ihrer erwartungen, ist bei der entscheidungsfindung sehr hilfreich gewesen und hat mir eine menge leerer

      kilometer erspart….

  3. @ Citronen Fans auf FMW. Meine 78 er Fourgonette läuft auch problemlos und alle haben Freude daran. Zum Schonen im Winter habe ich einen 2000 er VW Beetle unter 1000.- Euro gekauft. Das Auto mit Golf Technik und noch wenig Elektronik ist phänomenal. Die früheren Politiker waren auch noch besser und haben die Autofirmen nicht kaputt -geregelt. Die alten guten Autos aus De laufen jetzt noch 20Jahre in Afrika, aus Dankbarkeit haben sie uns die Facharbeiter geschickt.

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