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Der Widerstand gegen Peking wächst China und der Korridor nach Pakistan: Seidenstraßen-Juwel in Gefahr

China Pakisstan Seidenstraße
Foto: tomasragina - Freepik.com

Das größte grüne Wasserkraftwerk, das China im Ausland gebaut hat, ist jetzt an das pakistanische Stromnetz angeschlossen – doch dieser Erfolg verdeckt nur die zugrundeliegenden Probleme. Der China-Pakistan-Energiekorridor (CPEC), einst als Herzstück der Neuen Seidenstraße gefeiert, wird heute von politischen Spannungen, regionalem Widerstand und finanziellen Belastungen überschattet.

China und Pakistans größtes grünes Kraftwerk

Diese Woche wurde die erste Einheit des Suki Kinari Wasserkraftwerks erfolgreich an das pakistanische Stromnetz angeschlossen. Dieses Projekt, das größte grüne Wasserkraftwerk, das von einem chinesischen Unternehmen im Ausland gebaut wurde, markiert einen bedeutenden Meilenstein im Rahmen des China-Pakistan-Energiekorridors (CPEC). Mit einer installierten Kapazität von 884 Megawatt wird das Kraftwerk jährlich etwa 3,21 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugen und über eine Million Haushalte in Pakistan mit erschwinglicher und sauberer Energie versorgen. Während der Bauphase wurden bis zu 6.600 temporäre Arbeitsplätze geschaffe. Die Gesamtkosten des Projekts belaufen sich auf etwa 1,9 Milliarden US-Dollar (ca. 1,75 Milliarden Euro). Doch hinter diesem Erfolg verbergen sich komplexe Herausforderungen und Kontroversen, die den CPEC begleiten.

China-Pakistan-Energy-Corridor: China und sein Kronjuwel der Neuen Seidenstraße

Der China-Pakistan-Energiekorridor (CPEC) sollte das Kronjuwel der chinesischen „Neuen Seidenstraße“ (BRI) sein, mit dem Ausgangspunkt in der Hafenstadt Gwadar, keine 50 Kilometer entfernt von der iranisch-pakistanischen Grenze. Mit Investitionen von über 60 Milliarden US-Dollar (ca. 55 Milliarden Euro) sollte es den Hafen mit der westlichen Provinz Xinjiang verbinden und so einen direkten Zugang Chinas zu den Ölreserven der Golfstaaten ermöglichen, ohne dass die Öltanker durch die enge Malakka-Straße fahren müssen, die im Krisenfall blockiert werden könnte. Diese Straße verbindet den Golf von Bengalen mit dem Südchinesischen Meer und damit dem chinesischen Festland.

Neben dem Ausbau des Karakorum-Highways und der geplanten Öl- und Gaspipeline sollten zahlreiche andere Vorhaben, darunter Straßen, Eisenbahnen, Häfen und Energieanlagen und ein neuer Flughafen, die regionale Anbindung verbessern, die wirtschaftliche Entwicklung fördern und die Handelswege für China verkürzen.

Belutschistan: Widerstand gegen CPEC-Projekte

Die Pläne für eine Öl- und Gaspipeline sind heute genauso begraben wie andere Teile des ursprünglichen Masterplans für den CPEC. Von den bisher versprochenen 2,3 Millionen Arbeitsplätzen bis 2030 wurden bisher nur 200.000 geschaffen – und viele von ihnen nur temporär. Auch die erwarteten Einnahmen durch den Hafen und andere Projekte sind wesentlich niedriger als zunächst geplant.

Nicht nur die angespannte Lage in Xinjiang hat China bewogen, auf die Ölpipeline zu verzichten, ebenso wie die entsprechende Erweiterung des Hafens, sondern auch die immer wieder auftretenden Proteste und die unsichere Situation in der Provinz Belutschistan, in der der Hafen Gwadar und die meisten Projekte des CPEC beheimatet sind.

Die Belutschen äußern Unzufriedenheit über die Ausbeutung ihrer natürlichen Ressourcen und fordern mehr Rechte und Beteiligung. Die Baloch Yakjehti Committee (BYC), eine Menschenrechtsgruppe, organisiert immer wieder große Kundgebungen und beschuldigt die pakistanischen Behörden der Zwangsverschleppungen und außergerichtlichen Tötungen. Diese Repression hat die Spannungen weiter verschärft und das Vertrauen der Belutschen in die Regierung weiter untergraben. Auf der anderen Seite wirft die pakistanische Führung der BYC Terrorismus vor. Das South Asia Terrorism Portal registrierte in diesem Jahr bereits 248 „terroristische Vorkommnisse“.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Landnutzung und die Umsiedlung von Gemeinden. Viele Belutschen wurden gezwungen, ihr Land zu verlassen, um Platz für Infrastrukturprojekte zu machen, ohne angemessene Entschädigung oder Unterstützung bei der Umsiedlung zu erhalten. Dies hat zu erheblichem Unmut und Widerstand geführt. Zudem leiden viele Gemeinden unter chronischer Wasserknappheit und unzuverlässiger Stromversorgung, was die allgemeine Unzufriedenheit weiter verstärkt.

Ein zusätzliches Problem ist, dass wesentlich weniger Arbeitsplätze als geplant geschaffen wurden. Oft werden Arbeitsplätze an Arbeiter aus anderen Provinzen vergeben, da sie günstiger sind. Zudem bringen die chinesischen Unternehmen, die die Projekte bauen, ihre eigenen (vor allem leitenden) Arbeiter mit, was die lokale Bevölkerung weiter frustriert.

Dank CPEC in der Schuldenfalle

Ein weiterer Aspekt, der die Kontroversen um den CPEC verstärkt, ist die finanzielle Belastung, die durch die aufgenommenen Kredite entsteht. Pakistan hat im Juli einen erneuten Aufschub für die Rückzahlung von Krediten an den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 7 Milliarden US-Dollar (ca. 6,4 Milliarden Euro) erhalten, um seine wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bewältigen. Ein wesentlicher Grund für diese finanzielle Notlage sind die hohen Schulden, die Pakistan im Rahmen des CPEC aufgenommen hat. Die Schuldenlast ist erheblich gestiegen, insbesondere durch unbezahlte Rechnungen für Energieprojekte, die im Rahmen des CPEC durchgeführt wurden. Bis Ende des letzten Geschäftsjahres beliefen sich die unbezahlten Schulden für diese Projekte auf 401 Milliarden pakistanische Rupien (ca. 1,3 Milliarden Euro), was einem Anstieg von 44 % entspricht.

Um die finanziellen Belastungen zu verringern, hat Pakistan China offiziell um eine Umschuldung gebeten. Premierminister Shehbaz Sharif reiste Anfang Juni nach Peking, um die Vorschläge zur Reprofilierung der Schulden persönlich zu präsentieren. Diese Reprofilierung würde bedeuten, dass die Fälligkeitstermine für die Rückzahlung verlängert werden, ohne dass der Schuldenbetrag reduziert wird. Zusätzlich hat Sharif einen Brief an die chinesische Regierung geschrieben, in dem er um Unterstützung bei der Umschuldung bittet. Die chinesische Regierung zeigte sich offen für diese Bitte, und es wurden Gespräche über die genauen Bedingungen der Umschuldung aufgenommen.

CPEC: Ein Lehrstück für China und die Seidenstraße

Der CPEC ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Projekte im Rahmen der „Neuen Seidenstraße“ (BRI) nicht so reibungslos und vorteilhaft verlaufen, wie China sie gerne darstellt. Es wäre jedoch zu einfach, zu behaupten, dass China die Empfängerländer absichtlich in eine Schuldenfalle lockt. Vielmehr zeigt sich ein durchgehendes Muster des unsensiblen Verhaltens Chinas, indem Projekte im Ausland vornehmlich mit eigenem Personal und eigenen Ressourcen durchgeführt werden. Dies führt oft zu Spannungen und Widerstand in den betroffenen Regionen.

Peking scheint häufig die regionalen Konflikte und die damit verbundenen Risiken zu unterschätzen, während die erwarteten Vorteile überschätzt werden. Die Herausforderungen und Kontroversen rund um den CPEC verdeutlichen, dass solche groß angelegten Infrastrukturprojekte sorgfältiger geplant und umgesetzt werden müssen, um sowohl wirtschaftliche als auch soziale Vorteile für alle Beteiligten zu gewährleisten.



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