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Commerzbank: Bund greift ein? Mein „wildes Szenario“

Kann die Bundesregierung noch verhindern, dass die UniCredit aus Mailand die Commerzbank übernimmt? Ich habe dazu Ideen.

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Commerzbank Logo. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Gestern verkündete die italienische Großbank UniCredit, dass sie ihren 9 %-Anteil an der Commerzbank über Derivate auf 21 % aufgestockt hat. Der Großteil der Anteile liegt im Streubesitz, was einem Aufkäufer zu Gute kommt, der die Mehrheit der Bank erwerben möchte. Der Bund hält noch 12 %. Wie man ganz klar hört, ist die Bundesregierung ziemlich sauer, dass die Italiener quasi ohne Vorsprechen in Berlin immer mehr Anteile kaufen. Ich habe da eine Theorie, wie der Bund die Italiener noch blockieren könnte.

Commerzbank: UniCredit stock massiv auf – Bund unglücklich

Es geht um eine nicht ausgesprochene, aber sicherlich vorhandene Finanz-Staatsraison. Es gab mal vier richtige Großbanken in Deutschland. Die Dresdner Bank war am Ende und ging in der Commerzbank auf. Die HypoVereinsbank wurde von der UniCredit 2005 aufgekauft, und seitdem ordentlich entkernt. Heute ist sie quasi nur noch eine verlängerte Werkbank der Zentrale in Mailand, und in dem Sinne keine eigenständig agierende Bank mehr. Da bleiben nur noch Deutsche Bank und Commerzbank übrig. Aber mit nur 18,6 Milliarden Euro ist die zweitgrößte deutsche Bank relativ billig zu haben für einen finanzstarken Aufkäufer wie die UniCredit.

Nun muss sich der deutsche Staat – und hier in erster Linie die SPD – entscheiden, ob man weiterhin in Deutschland zwei eigenständige Großbanken haben möchte, oder ob es auch nur mit einer gehen soll. Oder soll man dem Markt einfach seinen Lauf lassen? Die gestrigen Äußerungen von Olaf Scholz lassen vermuten, dass man diesen offensichtlichen Übernahmeversuch der Commerzbank durch die UniCredit alles andere als gut findet.

Kaufen Landesbanken oder private Käufer als Helfer in der Not?

Meine Theorie/Vermutung: Die Bundesregierung hat in ihrem Haushalt keinen Platz für große Zusatzausgaben. Aber man könnte über ein, zwei Ecken Gespräche beispielsweise mit Bundesländern führen, die Einfluss auf ihre Landesbanken haben. Landesbanken könnten zum Beispiel Anteile an der Commerzbank aufkaufen – die Kosten hierfür wären dann kein Belastungsfaktor für den Staatshaushalt. Dennoch wäre es damit de facto so, dass der Staat als Gesamtkonstrukt deutlich mehr Aktienanteile halten würde, weil die Landesbanken nun mal unter der Fuchtel des Staates stehen, wenn auch nur unter der Fuchtel der Bundesländer, direkt oder indirekt über ihre Sparkassen.

Zweite Theorie: Die Bundesregierung könnte die Deutsche Bank bitten einen gewissen Teil der Commerzbank zu kaufen, oder man könnte wohl gesonnene Unternehmer dafür gewinnen, gewisse Anteile an der Commerzbank zu kaufen, damit man damit den Kaufdrang der Italiener ausbremst. Erstens würde man den Aktienkurs der Commerzbank durch solche Käufe in die Höhe treiben, was weitere Aufkäufe der Italiener verteuern würde. Zweitens würden größere Anteile den Italienern vorenthalten.

UniCredit CEO Orcel könnte über so ein Manöver schnell die Lust an einer Komplettübernahme verlieren. Man beachte, was Orcel die letzten Tage sagte: Er könne sich eine Komplettübernahme der Commerzbank vorstellen. Er könne sich aber genau so gut vorstellen, seine Anteile wieder zu verkaufen. Wenn man seinen Wunsch hin zur Komplettübernahme also ausbremst, und er gleichzeitig einen hohen Aktienkurs bei der Commerzbank sieht – verkauft er dann seine Anteile wieder mit einem netten Gewinn, und erspart sich den ganzen Ärger einer Übernahme und Integration der Commerzbank? Das wäre gut möglich.

Aber wie man derzeit sieht: Die UniCredit ist dabei ziemlich schnell und leise mit Hilfe anderer Großbanken, seinen Anteil an der Commerzbank aufzustocken. Sollte die Bundesregierung ernsthaft vorhaben die Italiener auszubremsen, sollte sie besser schnell eine kreative Lösung finden. Dass die Bundesregierung selbst über die Finanzagentur Deutschland Anteile zurückkauft und sogar noch kräftig aufstockt, wirkt wenig wahrscheinlich. Denn der Bundeshaushalt ist jetzt schon ausgereizt, und man streitet sich über kleine Beträge. Da wäre sicherlich kaum Platz für unzählige Milliarden für Commerzbank-Aktien. Außerdem würde sich der Bund – der erst vor zwei Wochen 4,5 % an der Commerzbank verkauft hat, ein Stück weit lächerlich machen, wenn er wenige Tage später zu höheren Börsenkursen die Aktien am freien Markt wieder zurückkauft.

Hapag Lloyd zeigt wie es im Idealfall gehen kann

Deswegen meine Vermutung, dass man eine indirekte Lösung über Landesbanken oder andere geneigte finanzstarke Käufer suchen könnte, die den Italienern in die Quere kommen. Es soll ja Unternehmer geben, die zu solchen Geschäften bereit sind. Man denke da zum Beispiel an die Hamburger Reederei Hapag Lloyd: Sie stand im Jahr 2008 massiv unter Druck und sollte von einer asiatischen Reederei übernommen werden. Die Stadt Hamburg suchte sich wohl gesonnene Unternehmer, die bereit waren zusammen mit der Stadt einzusteigen als Blockade gegen die Asiaten. Und bis heute werden Anteile gehalten, die Reederei ist weiterhin eigenständig. Sie ist sogar seit Jahren auch durch eigene Zukäufe massiv gewachsen, und die Gewinne sprudeln. Das ist natürlich ein Ideal-Verlauf so einer „Rettung“. Bei der Commerzbank könnte so etwas auch denkbar sein, eine Aufforderung an Unternehmer, sich zu engagieren. Aber ob die Bundesregierung überhaupt in diese Richtung denkt? Und ob man überhaupt schnell genug handelt im Vergleich zum cleveren und schnell agierenden UniCredit CEO Orcel? Fraglich.

Olaf Scholz kritisiert Vorgehen der UniCredit

Werfen wir nochmal einen Blick auf jüngste Aussagen aus der Politik: Die Spannungen zwischen der deutschen Bundesregierung und der UniCredit nehmen zu, nachdem die italienische Bank verkündet hat ihre Anteile an der Commerzbank weiter zu erhöhen. “Unfreundliche Attacken, feindliche Übernahmen sind nicht das, was für Banken eine gute Sache ist,” sagte Bundeskanzler Olaf Scholz laut Bloomberg am Montag vor Reportern in New York. “Deswegen hat sich die Bundesregierung hier klar positioniert und macht sehr klar, dass wir das nicht für ein angemessenes Vorgehen halten.”

Die Stellungnahme des Kanzlers erfolgte nur wenige Stunden nachdem UniCredit bekannt gegeben hatte, sich über derivative Finanzinstrumente einen zusätzlichen Aktienanteil von 11,5% an der Commerzbank gesichert zu haben. “Die Bundesregierung unterstützt die auf Eigenständigkeit ausgerichtete Strategie der Commerzbank. Das Vorgehen von UniCredit haben wir zur Kenntnis genommen. Eine Übernahme unterstützen wir nicht”, hieß es aus dem Bundesfinanzministerium. Diese Haltung habe man der italienischen Bank “mitgeteilt”.

In der Bundesregierung hat sich Unmut breitgemacht über die Art und Weise wie UniCredit-Chef Andrea Orcel einen Anteil von 9% an einem für die deutsche Wirtschaft wichtigen Finanzinstitut erworben hat. Einige Regierungsmitglieder waren über den vermeintlichen Mangel an Transparenz verärgert, mit dem Orcel diesen Monat ein 4,5%-Aktienpaket an der Commerzbank vom Bund gekauft hat — nachdem er bereits eine Beteiligung unbemerkt am Markt erworben hatte. Dabei wurde UniCredit laut Bloomberg-Informationen von Barclays und der Bank of America unterstützt.

Der Bund hatte ursprünglich geplant, seinen Commerzbank-Anteil an verschiedene Investoren zu platzieren. Am vergangenen Freitag kündigte die Bundesregierung an, vorerst keine weiteren Aktien zu verkaufen. Den UniCredit-Chef hielt diese Entscheidung nicht davon ab, die Beteiligung der UniCredit mithilfe von Derivaten zu erhöhen.

Scholz kritisierte, “dass man gewissermaßen ohne jede Kooperation, ohne jede Rücksprache, ohne jede Rückkopplung versucht, sich mit unfreundlichen Methoden an Unternehmen aggressiv zu beteiligen”.

Italien verärgert über Berlins Kritik an Commerzbank-Vorstoß

In Kreisen der italienischen Regierung wiederum regt sich Unmut über den Widerstand der deutschen Bundesregierung gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch die Mailänder UniCredit. Im Verhältnis Roms zu Berlin zeichnen sich Spannungen ab. Wie laut Bloomberg zu hören ist, kritisieren Beamte der Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni hinter vorgehaltener Hand, dass Berlin sich für mehr europäische Integration einsetzt, und sich dann jedoch gegen eine mögliche Übernahme der Commerzbank ausspricht.

Einige in Rom äußerten indessen jedoch auch die Ansicht, dass UniCredit-Chef Andrea Orcel bei seinem Vorstoß mit Blick auf die Frankfurter Bank zu aggressiv aufgetreten sei. Sie befürchten, dass dies die Beziehungen zwischen den beiden Ländern beeinträchtigen könnte. Ein Sprecher der italienischen Regierung reagierte nicht umgehend auf Anfragen um Stellungnahme. Ein UniCredit-Sprecher wollte sich nicht zum Thema äußern.

“Italien wird oft gebeten, die Tür für Privatisierungen, für die Anwesenheit von Ausländern aufzumachen”, sagte indessen der italienische Außenminister Antonio Tajani am Montag gegenüber CNBC. “Wir müssen wirklich pro-europäisch sein, ich glaube an den Binnenmarkt, UniCredit hat gut daran getan, diese Käufe zu tätigen.”

Chart vergleicht Entwicklung der Commerzbank mit UniCredit seit Anfang 2023 Im Chart sieht man seit Anfang 2023: Die Commerzbank-Aktie legte um 67 % zu, die UniCredit um 176 %.

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Deutsche Banken kaufen ist nicht schwer. Interessant wird‘s, wenn sich die Italiener an die
    Schweizer heranmachen.
    Die Musik spielt wohl zunehmend im Süden.

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