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9 % der Aktien gekauft Commerzbank-Einstieg der UniCredit – Berlin kalt erwischt

Die UniCredit hat plötzlich 9 % der Commerzbank-Aktien gekauft. Der Bund, der eigentlich weiter verkaufen will, hat nun ein Problem.

Commerzbank-Filiale
Commerzbank-Filiale. Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg

Der Commerzbank-Vorstoß der UniCredit hat die Bundesregierung dem Vernehmen nach auf dem falschen Fuß erwischt und Bundeskanzler Olaf Scholz in eine Zwickmühle gebracht. Heute früh wurde bekannt, dass die Italiener 4,49 % der Commerzbank-Aktie vom deutschen Staat gekauft haben, und weitere 4,5 % am freien Markt. Damit besitzt man auf einmal 9 % der Anteile. Damit wächst die Wahrscheinlichkeit, dass nach der HypoVereinsbank eine zweite Großbank in Deutschland von den Italienern geschluckt wird, und nur noch die Deutsche Bank als letzte deutsche eigenständig agierende Großbank übrig bleibt.

Bundesregierung offenbar überrascht von Commerzbank-Einstieg durch UniCredit

Als der Bund über die deutsche Finanzagentur am Dienstag eine Tranche der Commerzbank-Aktien zum Kauf anbot, war Berlin nach Angaben darüber informierter Personen nicht vorgewarnt, dass der Bankenriese aus Italien zuschlagen würde (so meldet es aktuell Bloomberg). Durch den Kauf befinden sich nun fast so viele Commerzbank-Anteile in den Händen der UniCredit wie im Bundesbesitz. Mit weiteren Aktienkäufen könnte UniCredit sogar zum größten Anteilseigner der Bank aufsteigen.

Wie zu hören ist, hatte die Bundesregierung erwartet, dass bei den angebotenen Commerzbank-Aktien eine Reihe verschiedener Investoren zugreift – sodass die resultierenden Anteile auf bescheidenen Niveau geblieben wären. Dies hätte dazu beigetragen, die Unabhängigkeit der Commerzbank zu gewährleisten, sodass sich die Bank weiter auf die Kreditvergabe an mittelständische Unternehmen in Deutschland konzentrieren könnte.

Eine mit den Umständen vertraute Person verwies indessen aber auch darauf, dass es bereits im Vorfeld des Verkaufs Warnungen gegeben habe. Schon vorab sei Berlin darauf hingewiesen worden, dass die Ankündigung des Aktienverkaufs die Wahrscheinlichkeit erhöhen werde, dass eine ausländische Bank ein großes Paket erwirbt. Finanzministeriumssprecherin Nadine Kalwey sagte heute, die Bundesregierung habe vor dem Verkauf am Dienstag kein Angebot von UniCredit erhalten. Vor einer Entscheidung über die nächsten Schritte, werde nun die Lage geprüft, hieß es. Nach den Börsenregeln darf Deutschland für mindestens drei Monate keine weiteren Aktien verkaufen.

Meloni war informiert

Eine Gruppe, die im Voraus über den Plan von UniCredit-Chef Andrea Orcel informiert wurde, war das Team der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni in Rom, wie eine ihr nahestehende Person sagte. Die deutsche Bundesregierung machte ihre Pläne öffentlich, um zu signalisieren, dass das Verfahren fair sein würde, und um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren, sich endlich von einem Anteil zu trennen, den sie seit 2008 hält, sagten zwei Personen. Aber es gelang ihr auch, UniCredit-Chef Orcel auf eine Gelegenheit aufmerksam zu machen.

In den Tagen vor dem Verkauf baute UniCredit seinen Anteil durch Derivatekontrakte auf, wie mehrere Personen sagten. Ihr Angebot von 13,20 Euro pro Aktie war „deutlich höher“ als alle anderen Angebote, so die Regierung in einer Erklärung. Die Investition von UniCredit erhöht laut Bloomberg die Aussicht auf eine vollständige Übernahme der Commerzbank, und der italienische Kreditgeber hat angekündigt, dass er eine Genehmigung zur Erhöhung seines Anteils beantragen wird. Dies erschwert auch die Bemühungen Berlins, die seit langem bestehenden Zusagen einzuhalten, sich von seiner gesamten Commerzbank-Beteiligung zu trennen. Deutschland hält immer noch 12% an dem Kreditinstitut, und die Regierung hat noch ein Jahr ihres Mandats.

Die italienische Regierung wurde in den letzten Tagen über den Plan der UniCredit informiert, sagte die Meloni nahestehende Person, obwohl italienische Beamte davon ausgehen, dass die Führungskräfte der UniCredit den Schritt schon seit einigen Wochen diskutiert haben. Berlins Plan, seinen Anteil an Deutschlands zweitgrößtem Kreditinstitut zu veräußern – der als Teil eines Rettungspakets während der Finanzkrise erworben wurde – wird auch in Brüssel genau verfolgt, und das bedeutete, dass die Finanzagentur des Landes nicht in der Lage war, potenzielle Investoren auszuloten, bevor sie letzte Woche ankündigte, dass sie mit dem Ausstieg aus der Commerzbank beginnen würde.

Kommentar

Man darf vermuten: Bei der Bundesregierung geht die „Staatsraison-Angst“ um. Schluckt die UniCredit die Commerzbank, würde die Frankfurter Großbank wohl wie auch die HypoVereinsbank ab dem Jahr 2005 letztlich zu einer weisungsgebundenen „Werkbank“ der Zentrale in Italien werden. Und dann nur noch eine echte eigenständig agierende Großbank hierzulande, die Deutsche Bank. Das wäre doch ein bisschen wenig? Es gibt in Deutschland eine Art unausgesprochene Staatsraison, weswegen man zum Beispiel in Schieflage geratene Banken rettet, damit beim Bürger ja nicht das Gefühl entsteht, das Bankensystem oder die eigene Einlagen auf dem Bankkonto seien unsicher. Ebenso wird es vor allem bei CDU und SPD eine Art von unterschwelliger Staatsraison geben, dass nicht auch noch die Commerzbank ihre Unabhängigkeit verliert. Was also tun? Wie wird man wachsende UniCredit-Anteile an der Commerzbank verhindern? Gerade erst verkaufte Anteile an der Börse wieder zurückkaufen? Dass die Bank auf einmal begehrt ist, sieht man heute am Börsenkurs, der 19 % zulegt gegenüber gestern Abend!

FMW/Bloomberg



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1 Kommentar

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Offensichtlich traut man der Aktie nur noch wenig Performance zu, sonst hätte man das ja nicht gemacht.

    Der Einstieg des Bundes liegt aber bei 26 Euro…

    Ursprünglich war geplant die Aktie mit sattem Gewinn wieder zu verkaufen…( Anvisiert waren 50 Euro plus X als Minimum)..

    Zur Erinnerung, im Herbst 96 tanzte die Aktie noch bei 102 Euro rum…

    Der Höchstkurs resultiert aus dem Jahre 2000 bei 263 Euro…

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