Anleihen

Wird man Anleiherenditen beeinflussen? Direkt vor Frankreich-Wahl: Lindner warnt EZB

Am letzten Börsentag vor der Frankreich-Wahl warnt Christian Lindner die EZB, nicht die Anleiherenditen zu beeinflussen!

Christian Lindner
Christian Lindner. Foto: Liesa Johannssen/Bloomberg

Heute ist nun aber wirklich der allerletzte Aufruf für die Märkte. Heute kann man sich bei Anleihen, Aktien und Euro noch positionieren, je nachdem, wie man den Wahlausgang an diesem Wochenende in Frankreich erwartet. Richtig gute Resultate für die extremen Ränder könnten die Märkte verunsichern, Anleihen und Aktien könnten am Montag fallen. Und die EZB? Wird sie ihr TPI-Programm aktivieren und französische Staatsanleihen kaufen, wenn die Renditen zu stark ansteigen? Aktuell sehen wir, dass der Aufschlag im Vergleich zu deutschen Staatsanleihen (Rendite-Spread) den Hochpunkt vom 14. Juni erreicht hat bei 0,82 Prozentpunkten. Wer also französische Papiere kauft, erhält jetzt schon 0,82 Prozentpunkte mehr Rendite als wenn er vergleichbare deutsche Papiere mit zehn Jahren Laufzeit kauft. Vor der EU-Wahl am 9. Juni lag der Aufschlag nur bei 0,48 Prozentpunkten. Jetzt warnt Christian Lindner die EZB!

Grafik zeigt Renditeaufschlag für Staatsanleihen aus Frankreich gegenüber Anleihen aus Deutschland

Lindner warnt EZB vor Eingreifen bei Frankreich-Renditen

Bundesfinanzminister Christian Lindner würde ein mögliches Eingreifen der EZB rechtlich prüfen lassen, sollte der Ausgang der französischen Parlamentswahlen einen massiven Ausverkauf von Staatsanleihen des Landes auslösen. “Hoffen wir bitte alle darauf, dass die EZB nicht bemüht werden muss”, sagte Lindner gestern laut Bloomberg, als er bei einer Veranstaltung des ifo-Instituts in München zu einem solchen Szenario befragt wurde. “Das sagen wir aus Empathie gegenüber Frankreich, aber auch weil eine starke Intervention der EZB einige ökonomische und verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen würde.”

Er verwies auf die Instrumente, die der EZB im Rahmen ihres Transmissionsschutz-Instruments (TPI) zur Verfügung stehen, “die bislang nur als Pressemitteilung existiert hatten”. Deren Einsatz würde dem Bundesfinanzminister nichts anderes übrig lassen, als zu prüfen, “ob das alles noch mit dem Vertragsrecht übereinstimmt — deswegen wünsche ich mir das nicht auch noch.“

Die überraschende Entscheidung von Präsident Emmanuel Macron vom 9. Juni, Neuwahlen einzuberufen, verunsicherte die Anleiheinvestoren, die den höchsten Renditeaufschlag für Staatsanleihen aus Frankreich gegenüber deutschen Bundesanleihen seit der Krise im Euroraum vor mehr als zehn Jahren fordern. Der aktuell wieder erhöhte Renditeaufschlag ist ein Zeichen dafür, dass die Anleger weiterhin über mögliche Turbulenzen durch die Wahl besorgt sind, die am Sonntag beginnt und eine Woche später endet.

TPI-Programm der EZB – eine bisher noch nicht genutzte Option

Ausgelöst wurden die Befürchtungen durch die Ausgabenpläne des rechten Rassemblement National von Marine Le Pen und ihrer Verbündeten, die in den Umfragen führen, und des Volksfront-Linksbündnisses, das auf Platz zwei liegt. Die EZB schuf das TPI im Jahr 2022 — kurz bevor sie begann, die Zinsen zu erhöhen, da sie befürchtete, dass eine Straffung der Geldpolitik zu Marktturbulenzen führen würde. Ähnlich wie bei den Anleihekäufen, die ein Jahrzehnt zuvor auf dem Höhepunkt der europäischen Schuldenkrise angekündigt wurden, hielten sich die Währungshüter über die Ausgestaltung des Programms bedeckt, um rechtliche Probleme von vornherein zu vermeiden.

Zwar sind Anleihekäufe mittlerweile ein fester Bestandteil des Instrumentariums der EZB, doch sie sind nach wie vor umstritten und bringen die Institution regelmäßig vor Gericht. Bislang haben sich die deutschen Verfassungsrichter auf die Seite der EZB gestellt und argumentiert, dass die Anleihekäufe legal seien. Allerdings haben sie auch strenge Beschränkungen und Bedingungen auferlegt.

FMW/Bloomberg



Kommentare lesen und schreiben, hier klicken

Lesen Sie auch

5 Kommentare

  1. Moin, moin,

    wer immer auch in Frankreich gewinnen wird, Geld müssen alle Parteien ausgeben. Der Gewinner wird unter dem Zwang des „Lieferns“ sein. Er muss also als „Gegenleistung“ für das Wahlverhalten seiner Wähler Geld bzw. Vorteile (in welcher Form auch immer) im Gegenzug an diese zurück fließen lassen.

    Und Lindner? Was soll jemand von der FDP auch anderes sagen. Seine Wählerschaft erwartet, dass er vor zu viel Geldausgaben einer zukünftigen französischen Regierung warnt.

  2. Es wird Zeit die EU in der jetzigen Form aufzulösen und zurück zu einer Wirtschaftsunion.
    Der Euro(war sowieso nur ein Versuch) muss weg und zurück zur jeweiligen Landeswährung.
    Wenn man bedenkt das unter der Führung einer verurteilten Verbrecherin Lagarde und einer kriminellen und korrupten von der Leyen die EU regiert wird und das Wahlvolk verarscht wird,muss schnellstens gehandelt werden,zumal speziell für unser Land die horrenden Schulden anderer Länder,bekannt als Target 2 immer mehr werden.

    1. Volle Zustimmung!

    2. @Deutscher, der Vorschlag stammt wahrscheinlich direkt aus dem Kreml bzw. vom Drachenthron: Wir richten wieder Handelshemmnisse in die Hauptabsatzlaender Deutschland ein. Super Idee. Jaja, alles fuer Diktatoren, aber keinesfalls fuer Deutschland. Wie toll die Idee ist, sich vom europaeischen Binnenmarkt zurueckzuziehen, sehen wir ja an den Britten. Wie kann man nur wollen, dass sich Deutschland sich ins Knie schiesst. Moegen solche Gehirnakrobaten niemals eine deutsche Regierung stellen.

  3. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    „Whatever it takes“ gilt immer noch.

    Es war der 26.Juli 2012 als Draghi diese verhängnisvollen Worte sprach, gegen 11 .30 Ortszeit in London ( 12.30 Uhr MEZ)… im Vorfeld der Olympischen Spiele, die am Samstag offiziell begannen…

    Wie entwickelte sich damals der Börsentag…? Pünktlich mit dem Börsenbeginn, um 9.00 Uhr MEZ ging’s wieder nach unten, für die Bankenwerte, vor allem europäischen Bankenwerte kamen wieder unter Druck, BNP ,SocGen,Commerzbank, Deutsche Bank, UniCredit, Banco Santander usw…

    Im Gegenzug stiegen die Renditen der PIIGS?..Italien auf über 7 Prozent, ebenso Spanien, Griechenland konnte nicht gehandelt werden, war schon unterm Rettungsschirm der EU…

    Was war der Auslöser…? Die Eurokrise…langfristig, seit dem Zusammenbruch Griechenlands, im April 2010 und kurzfristig das ARD Sommerinterview von Philipp Rössler am Sonntagabend ,dem 22.Juli 2012,gegen 19.30 Uhr MEZ…

    „Der Austritt Griechenlands aus der Eurozone habe seinen Schrecken verloren…“ O – Ton Rössler..

    Damit begann schon am Montagmorgen,pünktlich um 8.00 Uhr, außerbörslich über Tradegate,der Ausverkauf bei den Banken..Deutsche Bank sofort minus 7 Prozent, UniCredit minus 11 Prozent usw…

    Denn man befürchtete wieder einen massiven Schuldenschnitt, sollte der Euro scheitern…

    Das vorherige Jahr 2011 war noch in guter Erinnerung…auf über 100 Milliarden Euro mussten hier die Banken verzichten ,zugunsten Griechenlands…

    Und was wenn nun die PIIGS pleite gehen…? Dann geht der Euro flöten und die Banken sind Geschichte…so der Tenor in den Medien…

    Deutsche Bank also auch am morgen des 26.Juli 2012 wieder unter Druck, bis ja bis Mario Draghi gegen 12.30 Uhr MEZ in London seine verhängnisvollen Worte sprach: Whatever it takes…

    Später folgte daraus das OMT Programm der EZB…

    Viele Jahre später urteilte Karlsruhe, das Draghische OMT Programm sei verfassungswidrig..aber der Europäische Gerichtshof hob das Urteil später wieder auf…

    Und Draghi bekam nochmals später das Bundesverdienstkreuz…auf Vorschlags von Merkel verliehen…

    Daraus folgt für mich als Investor“ Whatever it takes“ gilt noch immer…

    Noch am selben Tag aber, innerhalb von Sekunden, als Drahis Worte noch nicht verhallt waren, drehten die Börsen massiv in’s plus, es war eine der größten Intraday Bewegungen ever…

    Ein Nachteil oder besser gesagt Umstand hatte aber jener 26.Juli 2012 auch noch…Er führte zur Gründung der Afd…

    Denn was war denn passiert…? Drahis Whatever it takes Garantie Versprechen Rede,war nichts anderes als das zu Grabe tragen der No Bail Out Klausel…das muss man sich mal vorstellen…

    Deshalb erfolgte im Jahre 2013 die Gründung der Afd unter Bernd Lucke…

    Jener 26.Juli 2012 war sozusagen die Geburtsstunde der Afd…die wieder viele Jahre später zur stärksten Kraft im Osten werden sollte, allerdings mit einer ganz anderen Programmatik…die Afd hatte sich inzwischen mehrfach gehäutet und radikalisiert..und Bernd Lucke war längst Geschichte und vergessen, genau wie der Auslöser, der 26.Juli 2012…

    In wenigen Tagen jährt sich dieser Tag übrigens zum 12.male…und wieder stehen die Olympischen Spiele vor der Tür, diesmal allerdings in Paris…

Hinterlassen Sie eine Antwort

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert




ACHTUNG: Wenn Sie den Kommentar abschicken stimmen Sie der Speicherung Ihrer Daten zur Verwendung der Kommentarfunktion zu.
Weitere Information finden Sie in unserer Zur Datenschutzerklärung

Meist gelesen 7 Tage