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Europäische Aktienmärkte: „Keiner will Short sein“

Für Aktienmärkte scheint es derzeit nur gute Nachrichten zu geben. Niemand möchte wirklich Short sein, auch US-Quartalsdaten helfen.

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Grafik: jakkphoto-Freepik.com

Viele Experten weisen seit einiger Zeit darauf hin, dass europäische Aktienmärkte günstiger bewertet sind als die US-Märkte. Aber kann man auf Rekordhochs noch neu einsteigen, beispielsweise jetzt im Dax? Oder steht sogar ein Absturz bevor? Wie wir letzte Woche analysierten, das aktuelle Dax-KGV liegt bei 13,37, und die Erwartung für die nächsten zwölf Monate liegt bei 13,42. Eine günstige Bewertung! Die Konzerne verdienen prächtig, und die Zinsen dürften die nächsten Quartale durch die EZB mehrmals gesenkt werden. Also, wo ist das Problem? Offenbar gibt es für Anleger derzeit kein echtes Problem, nur die Möglichkeit von plötzlichen Korrekturen, weil die Aktienmärkte überhitzt sind nach zu kräftigen Anstiegen.

Aktienmärkte: Fehlende Gründe für schlechte Laune

Und wie sieht es für ganz Europa aus? „In dem Aktienmarkt will keiner Short sein“, so betitelt es Bloomberg in einem aktuellen Kommentar. Dort schreiben die Experten wie folgt: Die europäischen Aktienmärkte, angeführt vom Dax, erreichen wieder neue Höchststände, getrieben von der festen Erwartung baldiger Zinssenkungen, gepaart mit optimistischen technischen und gesunden fundamentalen Daten. Im Moment hat man den Eindruck, dass niemand längerfristig gegen diese Hauptströmung positioniert sein möchte und Shorts, wenn überhaupt, nur von kurzer taktischer Dauer sind.

Charttechnisch ist der Weg nach oben relativ frei und die Marktbreite im Sinne überkaufter Titel ist wenig bis gar nicht hinderlich. Die bisherige Berichtssaison deutet auf eine Fortsetzung der positiven Gewinnrevisionen und eine Verbesserung des Gewinns je Aktie in den nächsten 12 Monaten hin, so die Strategen der Citigroup.

Grafik zeigt Entwicklung der europäischen Aktienmärkte in Form des Euro Stoxx 50 Index

„Der Euro Stoxx 50 Index notiert wieder über der 5.000-Punkte-Marke und fordert seinen kurzfristigen Widerstand bei rund 5.035 Punkten zum dritten Mal heraus“, sagt der technische Analyst von ActivTrades Pierre Veyret. „Ein bullischer Ausbruch über dieses Niveau würde kurzfristig die Türen für eine ausgedehnte Marktrally in Richtung des letzten historischen Hochs über 5.110 Punkten öffnen.“

Jetzt muss nur noch die EZB den Traum von Zinssenkungen wahr machen, dann könnte 2024 ein weiteres Jahr mit starker Performance werden. Wie immer besteht auf diesen Niveaus ein größeres Restrisiko für Enttäuschungen, und da die Engagements in Euro Stoxx 50- und DAX-Futures fast wieder das Niveau von vor einem Monat erreicht haben und die Positionierung in europäischen Aktien optimistisch ist, sind Gewinnmitnahmen jederzeit möglich, sollte sich die Stimmung aus irgendeinem Grund ändern.

Kommentar

FMW: Die fast komplett hinter uns liegende Quartalssaison in den USA scheint für die Aktienmärkte generell ein unterstützender Faktor zu sein, denn die Gewinne der Unternehmen konnten zum allergrößten Teil die Markterwartungen übertreffen! Nur die Nvidia-Zahlen, die am 22. Mai gemeldet werden, könnten noch eine negative Note in den Markt bringen, denn Nvidia ist nun mal ein Mega-Schwergewicht in den US-Indizes, und sie war die Hype-Aktie in den letzten Monaten! Gerader in diese Woche stehen viele US-Konjunkturdaten an. Gewinnen die Anleger den Eindruck, dass bei hoher Inflation in den USA die Unternehmensgewinne trotzdem weiterhin gut laufen können? Oder dass bei sinkender Inflation die Zinsen gesenkt werden könnten, was die Aktienmärkte ebenfalls pusht? Man wird sehen.

Quartalssaison besser als erwartet

Die 459 Unternehmen des S&P 500, die in diesem Quartal Bericht erstattet haben, erzielten laut den von Bloomberg zusammengestellten Daten im Durchschnitt 8,4 % höhere Gewinne als erwartet. Etwa 79 % haben die Gewinnerwartungen übertroffen, verglichen mit 76 % im letzten Quartal. Die Erwartung einer Rezession könnte zu dieser bemerkenswerten Outperformance beitragen. Die Unternehmen versuchen, ihre Gewinne zu steigern, die Kosten zu senken und Barmittel zu horten, um die Auswirkungen eines wirtschaftlichen Abschwungs abzuwehren. Auch die Gewinnrevisionen sind im ersten Quartal zurückgegangen, was Raum für weiteres Aufwärtspotenzial lässt.

Die Unternehmen haben „versucht, mit weniger mehr zu erreichen“, sagte Florian Ielpo, Head of Macro Research bei Lombard Odier Asset Management, in einem Interview. Die durchschnittliche Größe der so genannten „Double Miss“ im S&P 500 – ein Unternehmen, das sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn unter den Erwartungen liegt – war am Donnerstagmorgen ebenfalls geringer als der Durchschnitt, wie Julian Emanuel, Chief Equity and Quantitative Strategist bei Evercore ISI, in einer Mitteilung schreibt.

„Ein umsichtiges Management wird umsichtig bleiben“, sagte Emanuel in einem Interview. „Es gibt keinen Grund zu glauben, dass die amerikanischen Unternehmen nicht weiterhin auf der Seite der Vorsicht bleiben werden, denn offen gesagt hat es funktioniert. Umgekehrt liegen die Einnahmen nahe an den Erwartungen, da ein stabiles makroökonomisches Umfeld den Analysten die Umsatzprognose und den Unternehmen die Planung erleichtert.

Die Erwähnung des Begriffs „Rezession“ in den Gewinn- und Telefonkonferenzen der S&P 500-Unternehmen erreichte den niedrigsten Stand seit dem ersten Quartal 2022, wie aus den von Bloomberg zusammengestellten Daten hervorgeht. Die überraschend guten Gewinne haben dazu geführt, dass die Analysten optimistischer geworden sind und ihre Gewinnprognosen so schnell wie seit zwei Jahren nicht mehr erhöht haben.

Risikohinweis: Der Handel mit Wertpapieren und Finanzinstrumenten kann Ihr Kapital erheblichen Risiken aussetzen, unter Umständen auch über das eingesetzte Kapital hinaus. Trading ist nicht für jeden geeignet. Vergangene Performance ist keine Garantie für zukünftige Performance. Die hier gezeigten Analysen stellen keine Anlageberatung dar und sind daher auch keine Empfehlung zum Kauf bzw. zum Verkauf eines Wertpapiers, eines Terminkontraktes oder eines sonstigen Finanzinstrumentes. Die bereitgestellten Analysen sind ausschließlich zur Information bestimmt und können ein individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Eine Haftung für mittelbare und unmittelbare Folgen aus diesen Vorschlägen ist somit ausgeschlossen.

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. der umkehrpunkt scheint langsam erreicht zu sein. die realwirtschaft hat einen maximalabstand zu den gewinnen erreicht. die konzerne quetschen das letzte aus ihren nullzins-polstern heraus, um margen/gewinne gut aussehen zu lassen.

    die zinssenkungen werden „zu spät“ kommen. egal was sie machen. graduelle absenkungen wird die fremdkapitalkosten über längere zeit in die höhe für den staat und die corps treiben und somit für letztere absehbar margenwirksam und erstere ein gelddruckproblem in einem stagflationsszenario. schnelle senkungen in diesem an der oberfläche chilligen „all and for ever long szenario“ wird eine unmittelbare panik auslösen, die man bisher noch nicht kannte. jedenfalls bleibt es spannend wann dieser kipppunkt kommt. und ich prophezeihe, dass er kommt. ein gigantisches problem auf diese art und weise vor sich her zu schieben ist ein echtes verbrechen an der arbeitenden und steuerzahlenden bevölkerung, die dieses system am laufen hält (und manchmal was in etfs gespart hat).

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