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Eurozonen-Inflation: Kernrate steigt spürbar – Experten mit Analyse

Die Inflation in der Eurozone bleibt höher als erwartet, aber die Kerninflation steigt spürbar an. Hier dazu die Analysen von Experten.

Geldmünzen

Die Inflation in der Eurozone sollte gemäß Markterwartungen von 8,6 % im Januar auf 8,2 % im Februar fallen. Aber die Daten von 11 Uhr zeigten 8,5 %. Sie bleibt also auf recht hohem Niveau. Aber für die EZB dürfte viel entscheidender sein, dass die Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) von 5,3 % im Januar auf 5,6 % im Februar gestiegen ist. Es ist also ein weiterer grundsätzlicher Preisauftrieb vorhanden. Dies dürfte den Druck auf die EZB erhöhen, nicht nur im März die Zinsen um 50 Basispunkte anzuheben, sondern auch danach in kräftigen Schritten. Hier zeigen wir aktuelle Aussagen von Commerzbank-Ökonomen und Bloomberg zu den aktuellen Eurostat-Daten.

Commerzbank blickt Inflation – Fokus auf Kerninflation

Die Commerzbank-Ökonomen (CoBa) schreiben aktuell, dass sich die Hoffnung auf einen kräftigen Rückgang der Inflation im Februar nicht erfüllt hat. Der deutlich gesunkene Beitrag der Energiepreise wurde durch den höheren Beitrag der Nahrungsmittelpreise und der Kerninflation wettgemacht. Letztere stieg von 5,3 % auf 5,6 %. Angesichts der erneuten Verstärkung des unterliegenden Preisauftriebs erscheint es laut der CoBa nahezu sicher, dass die EZB ihre Leitzinsen auf der Sitzung Mitte März um weitere 50 Basispunkte erhöhen wird.

Überrascht hat laut der CoBa vor allem der fortgesetzte deutliche Anstieg der Kerninflation, die mit 5,6% ein neues Allzeithoch erreichte. Aber auch die erneute Verteuerung von Nahrungsmitteln habe die Inflation weiter angeheizt. Die Interpretation der CoBa: „Der Inflationsschub von Seiten der Energiepreise lässt weiter spürbar nach. Im Vergleich zum Vorjahresmonat verteuerte sich Energie „nur“ noch um 13,7 %. Im Oktober lag der Wert bei 41,5 %. Auch von den Nahrungsmitteln dürften in den nächsten Monaten kein zusätzlicher Schub für die Inflationsrate kommen“.

Dagegen hat sich der unterliegende Preisauftrieb laut CoBA  bis zuletzt weiter verstärkt. Die Kerninflation dürfte erst im Juli den Hochpunkt erreichen und auch danach nur langsam zurückgehen. Inzwischen dürften die Unternehmen zwar einen Großteil der energiepreisbedingten Verteuerung der Produktion an die Verbraucher weitergegeben haben. Aber nun stehe mit den kräftig steigenden Löhnen eine neue Teuerungswelle ins Haus. Diese werde insbesondere die Preise für Dienstleistungen weiter in die Höhe treiben.

Die EZB habe zuletzt wiederholt betont, dass sie aktuell vor allem auf die Kerninflation schaut. Die Inflationszahlen für Februar werden sie laut CoBa in ihrem Vorhaben bestätigen, die Zinsen auf ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung Mitte März weiter deutlich zu erhöhen. Man rechnet mit einer Zinserhöhung um 50 Basispunkte, der voraussichtlich weitere Schritte folgen werden.

Inflation mit Kernrate in der Eurozone

Bloomberg

Die Experten von Bloomberg kommentieren die aktuelle Eurozonen-Inflation wie folgt: Die Zahlen folgen auf starke Verbraucherpreisdaten zu Beginn dieser Woche aus Deutschland, Frankreich und Spanien, die bereits Ökonomen verunsichert hatten und Anleger dazu veranlassten, darauf zu wetten, dass der Einlagensatz der EZB – derzeit 2,5 % – einen Höchststand von 4 % erreichen wird. Die Geldmärkte halten ihre Wetten auf eine Zinserhöhung um 91 Basispunkte bis Mai aufrecht, während der Euro gegenüber dem Dollar kaum verändert notiert.

Der Anstieg der Energiekosten hat sich im vergangenen Monat weiter abgeschwächt, nachdem ein milder Winter die durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Krise gemildert hat. Der Effekt wird sich im März noch verstärken, da die Preise für Erdöl und Erdgas nach dem Einmarsch Russlands in das Nachbarland vor etwas mehr als einem Jahr in die Höhe schossen. Die geldpolitischen Entscheidungsträger haben jedoch ein Auge auf die Kerninflation geworfen. Sie befürchten, dass die hohen Preissteigerungen weiterhin auf die Wirtschaft durchschlagen und die Arbeitnehmer zu größeren Lohnerhöhungen veranlassen werden.

Was Bloomberg Economics schreibt aktuell: „Neben einer Reihe von aggressiven Äußerungen der geldpolitischen Entscheidungsträger erwarten wir nun, dass die EZB die Zinsen bis Juni weiter anheben und den Einlagensatz auf 3,5 % erhöhen wird. Bis dahin sollte sich die Kerninflation auf einem festen Abwärtspfad befinden, was Raum für eine Bestandsaufnahme schafft. Das Risiko besteht darin, dass die anhaltende Kerninflation bedeutet, dass die Kreditkosten im Sommer weiter in den restriktiven Bereich getrieben werden.“
-Jamie Rush, Chefvolkswirt für Europa.

Es ist so gut wie sicher, dass die EZB die Kreditkosten in zwei Wochen um weitere 50 Basispunkte anheben wird. Wie es danach weitergeht, ist Gegenstand einer immer intensiver werdenden Debatte. Die Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, sagte heute im spanischen Fernsehen, dass die Anhebungen möglicherweise fortgesetzt werden müssen, da die Inflation nicht „stabil rückläufig“ sei. „Was sehr sicher ist, ist, dass wir alles tun werden, was nötig ist, um die Inflation wieder auf 2% zu bringen“, so Christine Lagarde.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte am Mittwoch, dass weitere „bedeutende“ Schritte notwendig sein könnten, um die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Der Chef der italienischen Zentralbank, Ignazio Visco, stimmte zwar zu, dass die Straffung fortgesetzt werden müsse, mahnte aber, nicht zu weit zu gehen.

Einige Analysten haben in den letzten Tagen ihre Erwartungen für den Höchststand der Kreditkosten angehoben: Sowohl Goldman Sachs als auch die Deutsche Bank gehen nun davon aus, dass der Einlagensatz 3,75 % erreichen wird.

Die Wirtschaft hat sich gegenüber diesem Gegenwind als relativ widerstandsfähig erwiesen. Umfragen zeigen, dass sich die Stimmung verbessert hat, nachdem das Worst-Case-Szenario für diesen Winter vermieden wurde. Auch der Arbeitsmarkt bleibt robust, die Arbeitslosigkeit ist historisch niedrig.

Das hat die Forderungen der Gewerkschaften ermutigt, die den Kaufkraftverlust ihrer Arbeitnehmer ausgleichen wollen. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Deutschland wollen eine Lohnerhöhung von 10,5 % – weit über dem, was die EZB-Direktoren als mit der Preisstabilität vereinbar ansehen.

FMW/Bloomberg/Commerzbank



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