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"Bereit zu reagieren um Finanzstabilität zu wahren" EZB erhöht Leitzins um 0,50 Prozentpunkte – Statement im Wortlaut

Die EZB erhöht aktuell den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte. Hier dazu unsere Anmerkungen und das EZB-Statement im Wortlaut.

EZB-Zentrale in Frankfurt

Die EZB hat vor wenigen Augenblicken ihre Zinsentscheidung verkündet. Der Leitzins steigt um 50 Basispunkte von 3,00 Prozent auf 3,50 Prozent. Die Erwartungen am Markt waren durch die jüngste Bankenkrise geteilt. Das eine Lager erwartete 50, das andere 25 Basispunkte Anhebung. Der wichtige Banken-Einlagenzins steigt um 50 Basispunkte von 2,50 Prozent auf 3,00 Prozent. Die Marginal Lending Facility steigt um 50 Basispunkte von 3,25 Prozent auf 3,75 Prozent.

FMW-Kommentar: Die Europäische Zentralbank hat sich also nicht beeindrucken lassen von den jüngsten Turbulenzen am Bankenmarkt, und hält an ihrer harten Straffung der Geldpolitik fest. Wichtige aktuelle Aussage: „Der EZB-Rat beobachtet die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, so zu reagieren, wie erforderlich, um Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu wahren.“

Um 14:45 Uhr beginnt die Pressekonferenz von Christine Lagarde. Wir werden in Form eines LIVE-Blogs berichten. Hier abgesehen von den Zinsen die Aussagen der EZB im Wortlaut (wichtige Aussagen fett markiert):

Den Projektionen zufolge bleibt die Inflation für eine zu lange Zeit zu hoch. Der EZB-Rat hat daher heute beschlossen, die drei Leitzinssätze der EZB um jeweils 50 Basispunkte anzuheben. Dies steht im Einklang mit seiner Entschlossenheit, eine zeitnahe Rückkehr der Inflation auf das mittelfristige 2 %-Ziel sicherzustellen. Die erhöhte Unsicherheit verdeutlicht einmal mehr, wie wichtig ein datengestützter Ansatz bei den Leitzinsbeschlüssen des EZB-Rats ist. Diese werden sich nach seiner Einschätzung der Inflationsaussichten vor dem Hintergrund der verfügbaren Wirtschafts- und Finanzdaten, der Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation und der Stärke der geldpolitischen Transmission richten.

Der EZB-Rat beobachtet die aktuellen Marktspannungen genau und ist bereit, so zu reagieren, wie erforderlich, um Preis- und Finanzstabilität im Euroraum zu wahren. Der Bankensektor des Euroraums ist widerstandsfähig: Kapital- und Liquiditätspositionen sind solide. In jedem Fall verfügt die EZB über alle geldpolitischen Instrumente, um das Finanzsystem des Euroraums erforderlichenfalls mit Liquiditätshilfen zu unterstützen und die reibungslose Transmission der Geldpolitik aufrechtzuerhalten.

Die neuen gesamtwirtschaftlichen Projektionen der EZB wurden Anfang März erstellt, bevor es zu den jüngsten Spannungen an den Finanzmärkten kam. Diese Spannungen schaffen zusätzliche Unsicherheit in Bezug auf die Bewertung von Inflation und Wachstum in den Basisprojektionen. Noch vor den jüngsten Entwicklungen war der im Basisszenario für die Gesamtinflation projizierte Pfad nach unten korrigiert worden, was in erster Linie damit zusammenhängt, dass der Beitrag der Energiepreise geringer ausfiel als erwartet. Die EZB-Fachleute gehen nun von einer durchschnittlichen Inflation von 5,3 % für 2023, 2,9 % für 2024 und 2,1 % für 2025 aus. Zugleich ist der zugrunde liegende Preisdruck nach wie vor hoch. Die Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel zog im Februar weiter an. EZB-Fachleute gehen davon aus, dass sie 2023 im Durchschnitt bei 4,6 % und damit über dem in den Projektionen vom Dezember erwarteten Wert liegen wird. Danach wird sie den Projektionen zufolge 2024 auf 2,5 % und 2025 auf 2,2 % fallen, da der aus den vorangegangenen Angebotsschocks und der Wiedereröffnung der Wirtschaft resultierende Aufwärtsdruck nachlässt und eine restriktivere Geldpolitik zunehmend die Nachfrage dämpft.

Die Basisprojektionen für das Wachstum im Jahr 2023 wurden aufgrund der gesunkenen Energiepreise und der größeren Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber dem schwierigen internationalen Umfeld auf einen Durchschnitt von 1,0 % nach oben korrigiert. Die EZB-Fachleute gehen davon aus, dass sich das Wachstum dann in den Jahren 2024 und 2025 weiter auf 1,6 % erhöht. Gestützt wird es durch einen robusten Arbeitsmarkt, ein steigendes Vertrauen und eine Erholung der realen Einkommen. Zugleich ist der Wachstumsanstieg 2024 und 2025 geringer als in den Projektionen vom Dezember erwartet. Grund hierfür ist die geldpolitische Straffung.

Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (APP) und Pandemie-Notfallankaufprogramm (PEPP)

Die APP-Bestände verringern sich in einem maßvollen und vorhersehbaren Tempo, da das Eurosystem die Tilgungsbeträge von Wertpapieren bei Fälligkeit nicht vollumfänglich wieder anlegt. Bis Ende Juni 2023 werden die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Mrd € reduziert. Das Tempo danach wird im Zeitverlauf festgelegt.

Was das Pandemie-Notfallankaufprogramm (Pandemic Emergency Purchase Programme – PEPP) angeht, beabsichtigt der EZB-Rat, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des Programms erworbenen Wertpapiere mindestens bis Ende 2024 weiterhin bei Fälligkeit wieder anzulegen. Das zukünftige Auslaufen des PEPP-Portfolios wird in jedem Fall so gesteuert, dass eine Beeinträchtigung des angemessenen geldpolitischen Kurses vermieden wird.

Der EZB-Rat wird bei der Wiederanlage der Tilgungsbeträge fällig werdender Wertpapiere im Portfolio des PEPP weiterhin flexibel agieren, um pandemiebedingten Risiken für den geldpolitischen Transmissionsmechanismus entgegenzuwirken.

Refinanzierungsgeschäfte

Vor dem Hintergrund von Rückzahlungen der Banken im Rahmen der gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte wird der EZB-Rat in regelmäßigen Abständen bewerten, wie gezielte Kreditgeschäfte zu seinem geldpolitischen Kurs beitragen.

***

Der EZB-Rat ist bereit, alle seine Instrumente im Rahmen seines Mandats anzupassen, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig zu seinem Zielwert von 2 % zurückkehrt, und um die reibungslose Funktionsfähigkeit der geldpolitischen Transmission aufrechtzuerhalten. Die EZB verfügt über alle geldpolitischen Instrumente, um das Finanzsystem des Euroraums erforderlichenfalls mit Liquiditätshilfen zu unterstützen. Darüber hinaus steht das Instrument zur Absicherung der Transmission (Transmission Protection Instrument) zur Verfügung, um ungerechtfertigten, ungeordneten Marktdynamiken entgegenzuwirken, die eine ernsthafte Bedrohung für die Transmission der Geldpolitik im Euroraum darstellen. Dies ermöglicht dem EZB-Rat eine effektivere Erfüllung seines Preisstabilitätsmandats.



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3 Kommentare

  1. Dr. Sebastian Schaarschmidt

    Ein letztes Mal haben sich die Falken, in der EZB, gegenüber den Tauben durchsetzen können, es ist damit zu rechnen, das dies in Zukunft nicht mehr möglich ist, wenn’s mit der Bankenkrise so weitergeht, wie bisher. …

    Mich, als alten Hasen an der Börse , erinnert die Situation an den Herbst 2000 oder Sommer 2008 ….

    Die Älteren unter uns werden sich vielleicht erinnern….

  2. Na ja, nur sehr wenige Markttielnehmer haben noch auf 50 Punkte getippt. Einerseits hat die EZB mal „Rückgrad gezeigt“, damit andererseits auch den Süden verprellt. Doch schon mittelfrstig dürfte sich diese Entschedifung als richtig erweisen…

  3. :D die Märkte feuern Party weil Liquidität enttogen wird. Geil! STONKS ONLY GO UP!

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