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Kommentar von US-Vermögensverwalter „EZB wird trotz Turbulenzen bei US-Banken Zinsen um 0,5 % erhöhen“

Ein großer US-Vermögensverwalter geht davon aus, dass die EZB übermorgen die Zinsen doch um 50 Basispunkten anheben wird. Hier seine Argumente.

EZB-Zentrale in Frankfurt

Die EZB wird die Turbulenzen im US-Bankenwesen ignorieren und ihre Zinsen doch um 50 Basispunkte erhöhen, so sagt es in einem aktuellen Kommentar ein großer amerikanischer Vermögensverwalter. Bereits übermorgen steht die Zinsentscheidung der EZB an. Eigentlich geht man am Markt dank der gestrigen Tumulte im US-Bankensektor davon aus, dass Fed wie auch EZB etwas vorsichtiger agieren bei ihren Zinsanhebungen. Aber Tomasz Wieladek, Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price, ist anderer Meinung. Hier sein Kommentar im Wortlaut:

Trotz der Marktturbulenzen im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch der SVB halte ich es für wahrscheinlich, dass auf der EZB-Sitzung in dieser Woche eine Anhebung um 50 Basispunkte angekündigt wird. Die Gründe dafür sind folgende:

Erstens haben die Daten zur Kerninflation beim Verbraucherpreisindex deutlich nach oben überrascht. Viele Beobachter gehen nun davon aus, dass die Kerninflation auf dem derzeitigen Niveau verharrt, und einige sind der Meinung, dass sie noch vor dem Sommer 6 % erreichen könnte, woraufhin die VPI-Inflation wahrscheinlich nach unten drehen wird. Diese erhöhten Spot-Inflationsdaten werden die Europäische Zentralbank trotz der derzeitigen Marktinstabilität in einer restriktiven Haltung halten.

50 Basispunkte sind ein wichtiges Signal für die Märkte

Es gibt auch wichtige Gründe für die Finanzstabilität, warum die EZB diese Woche an einer Anhebung um 50 Basispunkte festhalten sollte. Präsidentin Lagarde stellte zwar klar, dass die „Absicht“, die Zinsen um 50 Basispunkte anzuheben, keine Vorfestlegung sei, betonte aber auch, dass es ein extremes Szenario erfordern würde, damit die EZB dieser Absicht nicht nachkäme. Wenn die EZB die Zinsen um 25 Basispunkte anhebt, wäre dies ein Signal an die Finanzmärkte, dass die Banken im Euroraum für ähnliche Risiken anfällig sein könnten wie das US-Bankensystem. Die EZB muss sich also an ihr zuvor kommuniziertes Drehbuch halten, wenn sie den Markt nicht verschrecken will.

Die Aussichten für den Euroraum haben sich jedoch verschoben

Wie so oft, gibt es viele komplizierende Faktoren, wenn wir in die Zukunft blicken. Die mittelfristigen Inflationserwartungen sind von 3 % auf 2,5 % gesunken, was die Ansicht der Befürworter stützen wird, dass die Geldpolitik bereits straff genug ist. Was die Haushalte im Euroraum betrifft, so ist das makrofinanzielle Ökosystem bereits etwas unter Druck geraten. Die Kreditnachfrage und die Kreditkonditionen für Unternehmen haben sich jedoch nicht annähernd so stark verschlechtert wie in früheren Abschwüngen.

Schließlich könnte jede Ansteckung der SVB auf das europäische Bankensystem zu einer Kreditklemme führen, welche die Wirtschaft in eine Rezession stürzen würde. Und schließlich besteht das Risiko eines weiteren Anstiegs der Gaspreise im Sommer, wenn die Länder normalerweise ihre Lager für den Winter auffüllen. Diese Faktoren bedeuten, dass sich die EZB meiner Meinung nach in Bezug auf ihre künftige geldpolitische Ausrichtung deutlich vager ausdrücken wird – sie könnte sogar sagen, dass sie zu einem datengesteuerten Ansatz übergeht (Bezug zur Fed-Sprache).

Tomasz Wieladek ist Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price
Tomasz Wieladek ist Chefvolkswirt für Europa bei T. Rowe Price.



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1 Kommentar

  1. Natürlich wird die EZB die Zinsen um 0,5 anheben, das wird solange stattfinden bis auch hier in Europa „etwas kaputt“ geht, die Inflation ist natürlich der Grund, aber das eigentliche Ziel ist ein ganz anderes.

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