In drei Tagen entscheidet die EZB über ihre Zinsen, und danach erneut am 16. März (hier die Übersicht im Sitzungskalender). Ist der Markt sich schon derart sicher, dass die Notenbanker am Donnerstag 50 Basispunkte anheben werden, dass man sich jetzt schon auf die März-Entscheidung fokussiert? Wird man dann mit der Abschwächung der Zinserhöhungen beginnen, oder wird man weiterhin kräftig anheben?
EZB-Erhöhung der Zinsen am Donnerstag um 50 Basispunkte ausgemachte Sache
Das Interesse hat sich aber schon auf die übernächste Sitzung verlagert, da ein Zinsschritt um ein halbes Prozent am Donnerstag als ausgemachte Sache gilt, so sagt es aktuell Bloomberg. Mit Spannung erwartet werden hingegen Hinweise in den geldpolitischen Beschlüssen und in den Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde nach der Ratssitzung — insbesondere was die März-Sitzung angeht. Die Frage ist, ob Zeichen für einen weiteren Halbprozent-Schritt sich verdichten, oder ob ein Hintertürchen offenbleibt dafür einen Gang zurückzuschalten. Die Argumente für eine Fortsetzung der intensivsten geldpolitischen Straffung der EZB-Geschichte sind stark. Die Inflation ist zwar rückläufig, liegt aber näher am zweistelligen Bereich als am Zielwert von 2%. Und die Kerninflation gewinnt an Fahrt.
Ringen zwischen Falken und Tauben
Doch mit den sinkenden Energiepreisen und der erwarteten Verlangsamung in der geldpolitischen Straffung der Federal Reserve wachsen die Zweifel an der Beibehaltung des Tempos. Einige Mitglieder des 26-köpfigen EZB-Rates denken bereits über langsamere Zinserhöhungen nach. “Wir werden ganz genau hinhören was insbesondere gesagt wird über zukünftige Zinsschritte, ob sie genau so hawkish oder noch hawkisher sind als im Dezember — oder ob da ein bisschen der Ton zurückgenommen wird”, sagt Felix Hüfner, Ökonom bei der UBS. Er rechnet mit einem halben Prozentpunkt im Februar und im März und vielleicht noch einem im Mai.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel und sein französischer Kollege Francois Villeroy de Galhau präferieren zwei Halbpunktschritte, ebenso die Ratsmitglieder aus Österreich, Slowenien, der Slowakei, Finnland, Irland und den baltischen Ländern. Top-Falken wie der Niederländer Klaas Knot sehen keinen Spielraum für eine Verlangsamung vor Mitte des Jahres. Am Tauben-Ende des Spektrums fragte der italienische Notenbankchef Ignazio Visco, ob es “besser sei, eine zu starke Straffung zu riskieren als eine zu schwache”. Der griechische Gouverneur Yannis Stournaras drängte auch “allmählichere” Schritte.
Blick auf Daten
Diese Woche sind die Inflationsdaten für Januar fällig, die spanischen lagen heute deutlich über den Schätzungen. Diese Werte sind allerdings verzerrt durch statistische Effekte und die staatlichen Interventionen gegen die hohen Energiepreise. Im März dürfte der Ausblick für die Inflation nach dem milden Winter und den gut gefüllten Erdgaslagern wahrscheinlich besser ausfallen, und den Falken mehr Munition liefern.
Verbesserte Aussichten für die europäische Konjunktur könnten den Falken Rückendeckung für weitere Anhebungen bieten. Die deutsche Wirtschaft ist im Schlussquartal nun wohl doch um 0,2% geschrumpft, wie das Statistische Bundesamt am Montag meldete. Dennoch dürfte ein tiefer Einbruch vermieden werden. Die Bundesregierung erwartet im Gesamtjahr ein positives Wachstum.
Herausforderung für Lagarde
Die größte Herausforderung für Christine Lagarde wird darin bestehen, eine gemeinsame Sprache für den Rat zu finden, die länger als ein paar Tage hält, meint ING-Volkswirt Carsten Brzeski. “Lagarde muss eine bessere und klarere Kommunikation darüber finden, was die genaue Reaktionsfunktion der EZB ist”, sagt Brzeski. “Was sind die Auslöser für ein Ende der Zinserhöhungen? Headline-Inflation, Kerninflation, Inflationserwartungen, Lohnentwicklung?”
Es könnte schwierig werden, aus den gegensätzlichen Ansichten eine klare Botschaft zu destillieren. Deshalb plädiert Direktoriumsmitglied Fabio Panetta, der selbst eher als Taube gilt, dafür, alle relevanten Daten abzuwarten. “Unsere Entscheidungen vom Dezember basierten auf den zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Prognosen”, sagte er letzte Woche. “Im März werden wir neue Daten haben und sollten die Situation neu bewerten.”
FMW/Bloomberg

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