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Warum Fliegen deutlich teurer wird Fluggesellschaften rechnen mit weiter steigenden Ticketpreisen

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Die Anforderungen in Sachen Klimaschutz, höhere Löhne und die explodierten Treibstoffpreise zwingen die weltweiten Fluggesellschaften zu weiteren Preisanpassungen: Die Ticketpreise werden trotz des harten Wettbewerbs deutlich teurer.

Fluggesellschaften ab 2023 wieder profitabel – Ticketpreise gestiegen

Die International Air Transport Association (IATA), dem Branchenverband, dem die meisten Airlines der Welt angehören, erwartet für die globale Luftfahrtindustrie im Jahr 2023 eine Rückkehr zur Rentabilität. Für die Passagiere ist das aber wegen der massiv gestiegenen Kosten nicht zwangsläufig eine gute Nachricht. Die Ticketpreise sind bereits in diesem Jahr durchschnittlich um ca. 40 Prozent gestiegen (siehe letzter Abschnitt).

Für die Fluggesellschaften weltweit werden sich die Nettoverluste in diesem Jahr dennoch auf fast 7 Milliarden US$ summieren (ca. 6,9 Mrd. US$). Dies ist laut IATA gleichwohl ein beachtlicher Turnaround gegenüber den Verlusten von 42,0 Milliarden US$ im Jahr 2021 und horrenden 137,7 Milliarden US$ Verlust im Jahr 2020.

Für das kommende Jahr rechnen die Experten der IATA voraussichtlich mit einem kleinen Nettogewinn in Höhe von 4,7 Milliarden US$ bei einem Branchenumsatz von geschätzten 779 Milliarden US$, was einer äußerst schmalen Nettogewinnmarge von 0,6 Prozent entspricht. Es wäre der erste Überschuss seit dem Jahr 2019, als der Nettogewinn der Branche 26,4 Milliarden US$ und die Nettogewinnmarge noch 3,1 Prozent betrugen.
Angetrieben von höheren Passagierzahlen und teureren Flugpreisen werden die Einnahmen resultierend aus der Personenbeförderung weltweit voraussichtlich auf 438 Milliarden US$ ansteigen (gegenüber 239 Milliarden US$ im Jahr 2021).

Die stabilen Einnahmen aus der Luftfracht spielen ebenfalls eine Rolle bei der Verringerung der Verluste, die in diesem Jahr voraussichtlich über 200 Milliarden US$ erreichen werden. Das entspricht ungefähr dem Niveau des Vorjahres und einer Verdopplung der Umsätze in Höhe von 100,8 Milliarden US$ im Jahr 2020.

Überlebt haben viele Fluggesellschaften die Corona-Krise nur dank massiver staatlicher Hilfen, so wie auch der deutsche Branchenprimus Lufthansa, der insgesamt Zuwendungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro erhielt. Bereits im November letzten Jahres gelang es dem Konzern, diese aus Steuermitteln finanzierten Überbrückungshilfen vollständig zurückzuzahlen.

Der Generaldirektor der IATA, Willie Walsh, fasst die Lage der Branche auf der Jahrestagung in Genf am 6. Dezember wie folgt zusammen:
„Dass die Fluggesellschaften ihre Verluste im Jahr 2022 trotz steigender Kosten, Arbeitskräftemangel, Streiks, Betriebsstörungen an vielen wichtigen Drehkreuzen und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit reduzieren konnten, spricht Bände über den Wunsch und das Bedürfnis der Menschen zu Fliegen. Da einige Schlüsselmärkte wie China die Beschränkungen länger als erwartet beibehalten, blieben die Passagierzahlen etwas hinter den Erwartungen zurück. Wir werden das Jahr mit etwa 70 Prozent des Passagieraufkommens des Jahres 2019 beenden. Aber mit Ertragsverbesserungen sowohl im Fracht- als auch im Passagiergeschäft werden die Fluggesellschaften die Grenze der Rentabilität knapp erreichen“.

Die wesentlichste Prognoseunsicherheit resultiert aktuell aus der Null-Covid-Strategie Chinas mit massenhaften Lockdowns und Einschränkungen des Luftverkehrs. Die Flugrouten zwischen China und den Zieldestinationen Europa, Amerika und Afrika sind der größte Markt bei Langstreckenflügen.

Weiter steigende Ticketpreise unvermeidlich

Die verbesserten Aussichten der Fluggesellschaften für 2022 sind neben steigender Buchungszahlen v. a. auf Kapazitätsanpassungen, Preiserhöhungen und eine extreme Kostenkontrolle zurückzuführen. Eine besondere Herausforderung bleiben der Personalmangel, höhere Löhne und die im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent gestiegenen Treibstoffpreise, die mit anziehender Nachfrage mehr und mehr auf die Ticketpreise überwälzt werden.

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Auf der Kostenseite wird erwartet, dass die Kerosinpreise für das Jahr 2022 durchschnittlich 138,8 $/Barrel betragen. Dieser starke Anstieg ist zum einen auf höhere Rohölpreise zurückzuführen, aber laut IATA auch auf einen aktuell hohen „Jet-Crack-Spread“ der Raffinerien. Also der Verarbeitungsmarge. Kerosin wird aus Rohöl gewonnen und ist eine Vorstufe von Diesel.
Obwohl die niedrigere Nachfrage gegenüber dem Jahr 2019 zu einem geringeren Verbrauch führte, stieg die Kraftstoffrechnung der Flugbranche in diesem Jahr bislang auf einen neuen Rekord von 222 Milliarden US$ (deutlich über den im Juni erwarteten 192 Milliarden US$).

Beitrag zum Klimawandel treibt die Kosten der Airlines nach oben

Passagiere sehen sich in den kommenden Jahren mit immer höheren Ticketpreisen konfrontiert, da sich die Fluggesellschaften dem Ziel verpflichtet haben, ihre CO2-Emissionen bis zum Jahr 2050 auf Netto-Null zu reduzieren.
Walsh von der IATA fordert daher rascheres Handeln, vor allem in Europa, um die knappe Produktion von umweltfreundlicherem nachhaltigem Flugbenzin (SAF) anzukurbeln.
SAF steht für Sustainable Aviation Fuels und ist ein sauberer, direkter Ersatz für fossilen Düsentreibstoff und reduziert die Treibhausgasemissionen (THG) um bis zu 80 Prozent im Vergleich zu Kerosin. Drei Alternativen stehen zum fossilen Flugbenzin zur Verfügung:

1. Brennstoffzellen (H2)
2. Elektrobatterien
3. Synthetische Kraftstoffe

Der Luftverkehr ist für etwa 2 bis 3 Prozent der jährlichen weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, und da sich die Passagierzahlen in den nächsten 15 Jahren voraussichtlich verdoppeln werden, wird dieser Anteil schnell zunehmen.

Die Umstellung der weltweiten Flugzeugflotte auf SAF befinden sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium und die Industrie braucht Lösungen, um die direkten CO2-Emissionen des Fliegens durch noch effizientere Motoren und umweltfreundlicheren Treibstoff zu reduzieren.
Dank des anziehenden Passagiergeschäfts und höherer Ticketpreise wollen die Fluggesellschaften 2023 Einnahmen in Höhe von 522 Milliarden US$ erzielen, nach voraussichtlich 438 Mrd. US$ in diesem Jahr. Es wird erwartet, dass die Passagiernachfrage im Laufe des kommenden Jahres 85,5 Prozent des Niveaus von 2019 erreichen könnte. Ein Großteil dieser Erwartung berücksichtigt die Unsicherheiten der Kosten durch die chinesische Null-COVID-Politik, die sowohl die nationalen als auch die internationalen Märkte einschränken sowie die Investitionen in nachhaltigeres Fliegen (Treibstoffe, Motoren, Infrastruktur).

Erstmals wieder über 4 Milliarden Passagiere

Nach dem Abflauen der Pandemie erwarten die Fluggesellschaften bis Jahresultimo voraussichtlich ca. 8,4 Prozent mehr Passagiere als im Vorjahr.
Die Fluggastzahlen werden laut IATA 2022 erstmals seit 2019 wieder über der Marke von 4 Milliarden beförderten Personen liegen (e: 4,2 Mrd.).
Dabei werden die gesamten Treibstoffausgaben voraussichtlich 229 Milliarden US$ betragen, was ca. 30 Prozent der Gesamtkosten entspricht. Die IATA-Prognose basiert auf Preisen für Jet-Kerosin von voraussichtlich durchschnittlich 111,9 US$/Barrel (bislang durchschn. 138,8 $/Barrel in 2022).

Dieser Rückgang spiegelt eine relative Stabilisierung der Treibstoffversorgung nach den anfänglichen Störungen durch den Krieg in der Ukraine wider, ist aber mit Risiken verbunden, da sowohl die Dauer des Krieges als auch die Aufrechterhaltung der Sanktionen gegen russisches Rohöl und russische Raffinerieprodukte schwer kalkulierbar sind. Die Prämie für Flugzeugtreibstoff (Crack-Spread) bleibt nach Überzeugung der IATA-Experten in der Nähe historischer Höchststände wegen fehlender Kapazitäten, deren Ausbau nicht kurzfristig möglich ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass ab Februar auch Raffinerieprodukte aus Russland nicht mehr in die EU eingeführt werden dürfen. Russland ist bei Diesel und Kerosin einer der größten Exporteure weltweit. Daher ist die Prognose deutlich fallender Kerosinpreise der IATA davon abhängig, dass der Rohölpreis wieder deutlich sinkt und die Sanktionen gelockert werden. So oder so kommen auf die Passagiere Kostensteigerungen in durchschnittlich zweistelliger prozentualer Höhe zu.

Laut dem „Consumer Airfare Index Report“ von hopper sind die Reisepreise mit Fluggesellschaften im zweiten Quartal 2022 mit 330 US$ Hin- und Rückflug (Inlandsflugpreise) gegenüber Anfang des Jahres um 40 Prozent gestiegen.
In den USA, die vom Kraftstoffmangel weniger stark betroffen sind, haben sich die Flugpreise von Dezember letzten Jahres bis Oktober dieses Jahres (letzte verfügbare Daten) um durchschnittlich 36,7 Prozent erhöht.

Ticketpreise Fluggesellschaften

 



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7 Kommentare

  1. Die bisherige rein entfernungsbezogene Luftverkehrssteuer muß auch Flottenerneuerung und die Beimischung von alternativen Kraftstoffen zu Kerosin aus fossilem Erdöl im Rahmen der Staffelung berücksichtigen.

    1. Die Vorsitzende des sogenannten Sachverständigenrates der Bundesregierung zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Monika Schnitzer bezichtigt Bundesfinanzminister Christian Lindner aktuell, Kerosin zu begünstigen/Quelle: ZDF-Fernsehtext.

      1. Die erste Reihe Deutscher Bundestag Katharina Droge erklärt im aktuellen ARD-Morgenmagazin, daß sie die bestehenden Wettbewerbsverzerrungen am Luftverkehrsstandort Deutschland weiter verschärfen möchte.

    2. Der Energiepolitiker MdB Jens Spahn spricht sich in der aktuellen Ausgabe der ard-Sendung maischberger für klimaneutrale Flugzeuge nach Sylt aus. Diskussionswürdig. Stichwort: Lufthansa-First-Class-Private-Jet(s).

    3. Siehe hierzu aktuell ggf. auch die Instagram-Seite vestager.

    4. Mein Lob und Dank gilt dem ehemaligen Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dafür, daß er ein Luftverkehrskonzept auf den Weg brachte. Seine Nachfolger Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und Bundesverkehrsminister Volker Wissing hingegen gehören aus meiner Sicht zur Axis of Evil.

  2. Pingback: Jahrestag des Ukraine-Krieges: Welche Entwicklungen sind zu erwarten? - A3M Global Monitoring

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