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Obacht bei Dax, CAC40, Euro, Anleihen Frankreich-Wahlen: Letzter Aufruf – Nervosität am Markt steigt

Der Anleihemarkt zeigt: Die Nervosität steigt wieder, denn nun steht die Frankreich-Wahl am Wochenende unmittelbar bevor.

Marine Le Pen
Marine Le Pen. Foto: Nathan Laine/Bloomberg

Letzter Aufruf für Börsianer! Heute und morgen kann man sich bei Aktien, Euro und Anleihen noch positionieren. Denn am Wochenende steht die erste Runde der Parlamentswahlen in Frankreich an. Werden Rechte und Linke für enorme politische Instabilität sorgen? Marine Le Pen liegt in den Umfragen jedenfalls klar vorne. Und der Markt ist nervös!

Die Grafik zeigt, wie der Aufschlag für Anleiherenditen aus Frankreich gegenüber Deutschland gestiegen ist, seit der Europawahl am 9. Juni von 0,48 Prozentpunkten auf jetzt 0,77 Prozentpunkte. Jüngst steigt dieser „Spread“ wieder an von 0,71 auf 0,77 Prozentpunkte. Je höher dieser Aufschlag, desto mehr Zinsen wollen Anleger für französische Staatsanleihen sehen im Vergleich zu deutschen. Es ist wie überall in der Kreditwirtschaft: Sehen die Gläubiger bei einem Schuldner ein höheres Risiko, wollen sie mehr Zinsen haben – die sogenannte Risikoprämie! Also sieht der Anleihemarkt das Risiko einer erhöhten politischen Instabilität in Frankreich ab Montag.

Grafik zeigt Renditeaufschlag für Staatsanleihen aus Frankreich gegenüber Deutschland.

Blick auf Wahlen in Frankreich – aktueller Expertenkommentar

Einen aktuellen Marktkommentar kurz vor den Frankreich-Wahlen haben die Experten von PGIM Fixed veröffentlicht. Hier die Aussagen im Wortlaut: „Anleger zurückhaltend vor französischen Parlamentswahlen“. Die Anleger stellen sich auf schwierige Bedingungen in Frankreich ein, wo an den kommenden beiden Sonntagen Parlamentswahlen stattfinden. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf mögliche Auswirkungen, falls die Linke (Nouveau Front Populaire, NFP) oder die Rechte (Rassemblement National, RN) eine bedeutende Anzahl von Sitzen in der Nationalversammlung gewinnen sollten. Während der französische Präsident (derzeit Emmanuel Macron von der Mitte-Partei Renaissance) auf der Weltbühne als zentrale Führungspersönlichkeit gilt, entscheidet die Nationalversammlung in der Regel über innenpolitische Angelegenheiten wie z. B. den Haushalt.

Das französische Haushaltsdefizit liegt derzeit bei 5,5 % des BIP und damit bereits über dem EU-Ziel von 3 %. Die Ausgabenpläne der Nouveau Front Populaire könnten das Defizit jedoch um 6 Prozentpunkte erhöhen, so dass es theoretisch auf 11 % ansteigen könnte, was zu negativen Marktreaktionen führen könnte. Umfragen vom Wochenende zeigen, dass der Rassemblement National mit 210 bis 250 Sitzen in der Nationalversammlung in Führung liegt, gefolgt von den Linken mit 180 bis 210 Sitzen und dem Bündnis der Mitte mit 75 bis 105 Sitzen.

Wir erhöhen zwar nicht aktiv das Risiko bei französischen Wertpapieren oder Titeln, die mit französischem Risiko gehandelt werden, aber wir evaluieren die Möglichkeiten, dies zu tun. So haben sich beispielsweise die Spreads von Finanztiteln mit hohem Beta in Europa (z. B. einige in Italien) aufgrund der Entwicklungen in Frankreich ausgeweitet, auch wenn sie selbst nicht in Frankreich engagiert sind, und dies könnten erste Positionen sein, in denen wir Risiko hinzufügen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns auch, das französische Risiko zu berücksichtigen, sobald wir dazu bereit sind, möglicherweise dann, wenn die französischen Banken mit erheblichen Spread-Zugeständnissen auf den Markt zurückkehren.

Die Ereignisse in Frankreich gehen den Wahlen in den USA im November voraus (die erste Präsidentschaftsdebatte zwischen den Kandidaten findet diesen Donnerstag statt). Da die US-Wahl erhebliche Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Ausgabenpolitik hat (neben anderen wichtigen makroökonomischen Auswirkungen), denken wir, dass die Anleger zunehmend zögern könnten, Positionen in eine der beiden Richtungen aufzubauen, insbesondere angesichts der positiven Renditen in allen Anlageklassen im bisherigen Jahresverlauf. Mit dem Abflauen der Ereignisse in Frankreich könnten die Märkte im Sommer und bis in den Herbst hinein eine ruhige Phase erleben – es sei denn, die eingehenden Wirtschaftsdaten weichen erneut deutlich vom Trend ab.



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3 Kommentare

  1. Moin, moin,

    es geht doch nicht nur um Frankreich. Macron ist nun 7 Jahre im Amt, welche Probleme der Bevölkerung löst er? Keine. Dito in der BRD. Scholz grinst sich durch seine Amtszeit. Welche Probleme löst er? Keine. Gilt auch für andere Staaten, insbesondere ums Mittelmeer. Hauptsache von irgendwo kommt Geld.

    Die Bevölkerungen in der EU wollen langsam Lösungen sehen und keine guten Worte mehr hören (davon haben sie genug). Der Algorithmus dazu geht wie folgt Problem erkennen und Lösung, fertig, nächstes Problem (frei nach Stefan Hentschel).

    Die westlichen EU Staaten sind seit 1945 verfettet. Leistung und Anstrengung gibt es nicht mehr. Jetzt schreien natürlich die Hängematteninhaber nach Verbot von Jedem, der das ändern will. Ist verständlich oder?

    Fazit: Wenn die etablierten Politiker nicht die Probleme der Bevölkerung lösen, dann werden sie selbst (ab-)gelöst. Da hilft dann die links-grüne gefälligkeits Presse auch nicht mehr.

    1. Macron ist tigergleich als moderat liberaler Modernist gestartet und landet als Bettvorleger vor französischen Betten. Soweit sind wir uns einig. Bei den Lösungen wird das schon schwieriger, wir leben in einer Welt der Fließgleichgewichte (Panta Rei), alles ist gekoppelt und Ursache und Wirkung sind nicht kausal. Da ist der Ansatz schneller isolierter Lösungen naiv, wird aber weiterhin gern allmachtstrunken vermittelt. Die Lösung ist das Problem. Das heißt nicht, das sich nichts ändert.

  2. „Falls die Linke (Nouveau Front Populaire, NFP) oder die Rechte (Rassemblement National, RN) eine bedeutende Anzahl von Sitzen in der Nationalversammlung gewinnen sollten.“
    Die Rechten sind in Frankreich die Gaullisten, die Republikaner. Aber nicht Le Pen.

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