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Ölpreis fällt – die Schwäche kommt aus China

Der Ölpreis fällt derzeit. Heute belasten Nachrichten aus China, die auf konjunkturelle Schwäche und damit weniger Ölnachfrage hindeuten.

Öltanks
Öltanks. Foto: Bing Guan/Bloomberg

Der Ölpreis fällt seit letzter Woche Freitag Mittag von 83,70 Dollar im amerikanischen WTI-Öl auf derzeit 80,50 Dollar. Der Chart zeigt den Kursverlauf seit Februar. Gerade heute ist der Abrutsch verschärft zu beobachten. Die aktuelle Schwäche basiert vor allem auf Nachrichten über eine schwache Konjunktur in China, die auf weniger Nachfrage nach Öl schließen lässt.

Grafik zeigt Entwicklung im Ölpreis in den letzten sechs Monaten

Ölpreis fällt – genauer Blick auf China

Das Nationale Statistikbüro Chinas hat am Montag Daten zur Rohölverarbeitung im Juni veröffentlicht. Diese belief sich auf 58,32 Millionen Tonnen bzw. 14,2 Millionen Barrel pro Tag. Auf Tagesbasis entsprach das dem niedrigsten Niveau seit sechs Monaten, so schreiben es heute die Rohstoffexperten der Commerzbank. Weiter äußern sie sich wie folgt zum Ölmarkt: Im ersten Halbjahr lag die Verarbeitung in China 0,4% niedriger als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Dies war vor zuletzt zwei Jahren der Fall, als die Ölnachfrage wegen der Corona-Lockdowns auch im gesamten Jahr einen Rückgang verzeichnete. Derartige Sonderfaktoren scheiden diesmal als Begründung aus.

Die reduzierte Verarbeitung der Raffinerien in China soll laut den Commerzbank-Experten auf eine verhaltene Ölnachfrage in China hindeuten, worauf auch die Internationale Energie-Agentur in ihrem Monatsbericht am vergangenen Donnerstag hingewiesen hatte. Die am Freitag von der Zollbehörde veröffentlichten Zahlen zu den Rohölimporten hatten ebenfalls eine gedämpfte Rohölverarbeitung erwarten lassen. Die Einfuhren lagen im Juni 11% unter dem Vorjahresniveau, im ersten Halbjahr belief sich das entsprechende Minus auf 2,3%.

Angesichts der gedämpften Nachfrage und dem im Juni gestiegenen Ölpreis seien die Verarbeitungsmargen in China niedrig, was die Profitabilität für die Raffinerien einschränkt, so die Experten. Dies gelte offenbar insbesondere für die kleineren unabhängigen Raffinerien, die laut dem chinesischen Beratungsunternehmen Oilchem im ostchinesischen Verarbeitungszentrum Shandong im Juni nur noch einen Auslastungsgrad von gut 50% aufwiesen, was einem Rückgang um zehn Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Dagegen hätten größere staatliche Raffinerien ihre Verarbeitung nach dem Ende von Wartungsarbeiten erhöht.

Offenbar gelingt es den Raffinerien auch nicht, das überschüssige Angebot zu exportieren. Die Exporte von Ölprodukten lagen im ersten Halbjahr laut chinesischer Zollbehörde knapp 4% niedriger als im Vorjahr, was laut den Experten auf eine schwächere Nachfrage auch außerhalb Chinas hindeutet. Rückenwind für den Ölpreis würden die aktuellen Zahlen aus China nicht bedeuten, weshalb die Experten trotz der aktuellen angespannten Marktlage auch nur ein begrenztes Aufwärtspotenzial sehen.

Weitere Expertenaussagen

Der Ölpreis erlitt den stärksten Rückgang innerhalb eines Tages seit drei Wochen, da Sorgen über die chinesische Wirtschaft und der schwächere Aktienhandel in Europa ihn belasteten, so die aktuelle Einordnung von Bloomberg. Weiter schreibt man: Die europäischen Aktienmärkte wurden schwächer gehandelt, und der Dollar legte einen zweiten Tag lang zu, was beides als Gegenwind für den Ölpreis wirkte.

Der Rückgang folgte auf Daten, die ein schwaches Bild für den größten Ölimporteur der Welt zeichneten, da sich das Wirtschaftswachstum des Landes auf das langsamste Tempo seit fünf Quartalen verlangsamte. Ein weiteres Anzeichen für eine kurzfristige Abkühlung sind die in den letzten Tagen gesunkenen Preisaufschläge für wichtige Rohstoffe. Die Aufschläge für Benzin gegenüber Rohöl fielen auf den niedrigsten Stand seit fast einem Monat.

Obwohl der Rohölpreis auf Jahressicht immer noch höher liegt, schwankt er weitgehend zwischen 75 und 95 Dollar, da die Angebotskürzungen der OPEC+ mit den vorsichtigen Aussichten für den chinesischen Verbrauch konkurrieren. Dies hat die Volatilität im Vorfeld des dritten Plenums in dieser Woche, auf dem die allgemeine Wirtschafts- und Politik-Richtlinien festgelegt wird, auf ein Mehrjahrestief gedrückt.

„Die Märkte haben die Sommerflaute zu spüren bekommen, und keiner so sehr wie der Ölmarkt“, sagte Tamas Varga, Analyst beim Maklerunternehmen PVM Oil Associates. „Diese Trägheit wurde durch die schlechten Daten aus China noch verschlimmert“.

FMW/Bloomberg/Commerzbank



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2 Kommentare

  1. Die Kommunistische Partei Chinas trifft sich aktuell/diese Woche zu einem Parteitag, auf dem wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen erörtert, diskutiert und beschlossen werden.

    1. Nachdem fünf syrische Bürger im Libanon von den Israel Defence Forces I.D.F. angegriffen wurden, fällt es mir mittlerweile schwer zu erkennen, daß Premierminister Benjamin Netanyahu an einer diplomatischen Lösung des Konflikts mit Libanon interessiert ist. Der Vergeltungsschlag von Hisbollah-Generalsekretär Hassan Nasrallah mittels ca. 80 Raketen auf Israel ist somit für mich nachvollziehbar. Der Ölpreis agiert diesbezüglich noch nicht als Frühindikator. Eine gefährliche Entspannung?

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