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Ölpreis-Sturz: „Freiwillige Kürzungen“ sorgen für Enttäuschung

Der Ölpreis ist 3 Dollar gefallen nach der gestrigen OPEC-Entscheidung. "Freiwillige" Fördermengenkürzungen sorgen für Enttäuschung.

Öl-Pumpen
Öl-Pumpen. Photographer: Sergio Flores/Bloomberg

Nach der Hoffnung kam gestern die Enttäuschung für die Öl-Bullen! Seit Tagen gab es die Hoffnung, dass Saudi-Arabien noch mehr Ölmengen vom Markt nehmen würde, und dass die Saudis andere Mitglieder aus dem Kreis der OPEC und OPEC+ überzeugen würden, ebenfalls weniger Öl zu fördern. Ein klares Signal für eine Verknappung der Angebotsmenge am Weltmarkt hätte den Ölpreis kräftig hoch pushen können.

Ölpreis fällt – sehr maues OPEC-Statement

Warum der Ölpreis aber gefallen ist? Schauen wir, was gestern vermeldet wurde – nämlich so gut wie nichts. Im offiziellen Statement der OPEC fand man kein Wort zu Mengenkürzungen von Saudi-Arabien, Irak, Kuwait, VAE etc. Man schrieb nur von den Fördermengen dreier afrikanischer Länder, ohne Bezug auf tatsächliche vorige Fördermengen. Und Angola kam sogar nach Veröffentlichung des OPEC-Statements mit einer Aussicht auf eine höhere Fördermenge als offiziell erwähnt. (hier unser gestriger LIVE-Blog)

Weniger Öl-Fördermenge – wichtiges Detail

Wichtig: Nach dem OPEC-Statement kam Saudi-Arabien mit der Information, dass man seine seit Juli laufende Fördermengenkürzung um 1 Million Barrel pro Tag bis Ende März 2024 verlängern wird. Danach folgten Länder wie die VAE, Kuwait, Russland, Kasachstan und Algerien. Insgesamt bringen diese Kürzungszusagen nochmal einen Entzug von gut 900.000 Barrel Öl pro Tag. Dann hätte der Ölpreis eigentlich steigen können? Aber nein!

Wichtig dabei zu beachten ist: Diese Meldungen der einzelnen Mitglieder der OPEC waren nicht Bestandteil der offiziellen OPEC-Bekanntmachung, was wichtig gewesen wäre. Es waren allesamt einzelne Meldungen über freiwillige Mengenkürzungen. Als das klar wurde, sackte der Ölpreis schnell um 3 Dollar ab. Dieser Preisrückgang hält bis heute an mit Preisen um die 76 Dollar im WTI-Öl und knapp unter 81 Dollar im Brent-Öl. Der TradingView Chart zeigt den WTI-Verlauf seit dem 20. November. Zwar hat die OPEC nach ihrem offiziellen mauen Statement nochmal ein zweites Statement über diese freiwilligen Kürzungen einzelner Mitglieder hinter her geschickt (hier ist die Rede von zusätzlichen 1,2 Million Barrel), aber das hat dieKurse auch nicht mehr steigen lassen.

Kursverlauf im WTI-Ölpreis seit dem 20. November

Enttäuschung am Markt

Die Enttäuschung der Öl-Bullen ist klar erkennbar in Form dieses 3 Dollar-Rückgangs im Ölpreis. Denn was man im Rahmen der OPEC seit Jahren sehen kann: Während vor allem Saudi-Arabien professionell agiert, halten sich Mitglieder aus der zweiten und dritten Reihe all zu oft nicht an Absprachen. So lässt sich dieses Mal erneut vermuten, dass Zusagen einzelner Länder für freiwillige Fördermengenkürzungen in der Realität nicht oder nicht komplett umgesetzt werden.

Man kann es auch so sehen: Diese Verlängerung der saudischen Mengenkürzung und die Zusagen einiger anderer Länder sind zu wenig Kürzung, um die drohende Nachfrageschwäche durch Rezessionstendenzen in Europa und China auszugleichen. Wenn dort nämlich deutlich weniger Öl nachgefragt wird, und das Angebot gleichzeitig nicht stark genug reduziert wird, schwächt das den Ölpreis. Vor diesem Szenario steht der Ölmarkt derzeit.

Überraschen die Saudis erneut und pushen den Ölpreis plötzlich hoch?

Im Sommer hatte Saudi-Arabien – wie schon früher – den Ölmarkt überrascht mit seiner eigenmächtig verkündeten Fördermengenkürzung um 1 Million Barrel pro Tag. Dies pushte den Ölpreis eine Zeit lang nach oben. Wenn die Preisschwäche jetzt weiter anhält, könnte Saudi-Arabien erneut alleine agieren, und die Fördermengenkürzung von 1 Million Barrel pro Tag ausweiten – vielleicht auf 1,5 oder 2 Million Barrel pro Tag? Den Saudis vertraut man am Ölmarkt, was Fördermengenaussagen angeht. So eine Maßnahme könnte den Ölpreis sprunghaft hoch pushen.

Ölpreis fällt weiter, da „freiwillige“ OPEC+ Kürzungen für Verwirrung sorgen

Hier eine aktuelle Einordnung von Bloomberg zum gestrigen Geschen um die OPEC und die Gesamtgruppe OPEC+: Der Ölpreis stabilisierte sich nach einem Absturz im Anschluss an ein OPEC+-Treffen, bei dem weitere Produktionskürzungen versprochen wurden, die Einzelheiten jedoch unklar blieben. Brent-Rohöl für Februar wurde unter $ 81 pro Barrel gehandelt, nachdem es in der vorangegangenen Sitzung um 2,4 % gesunken war, während West Texas Intermediate bei etwa $ 76 lag. Das Bündnis kündigte neue Produktionskürzungen von etwa 900.000 Barrel pro Tag ab Januar an, aber die Kürzungen sind freiwillig, wobei Angola seine Quote bereits abgelehnt hat. Saudi-Arabien kündigte unterdessen an, seine separate Kürzung um 1 Million Barrel pro Tag bis zum ersten Quartal zu verlängern.

Die Rohölpreise stiegen am Donnerstag zunächst an, nachdem die OPEC+ eine vorläufige Einigung über Kürzungen erzielt hatte, in der Hoffnung, dass dies dazu beitragen würde, einen erwarteten Überschuss zu Beginn des nächsten Jahres einzudämmen. Dieser Optimismus verblasste jedoch schnell, da es an Details mangelte – einschließlich des Fehlens einer abschließenden Pressekonferenz und abschließender Kommuniqués, was die Händler verblüffte.

Das Ergebnis des OPEC+-Treffens sei ein „verwirrendes Durcheinander“, sagte Vandana Hari, Gründerin von Vanda Insights, in einem Bloomberg-TV-Interview. „Das sind alles noch freiwillige Kürzungen, und das ist einer der Gründe für die Enttäuschung“, sagte sie und fügte hinzu, dass es abzuwarten bleibe, ob die zusätzlichen Kürzungen von 900.000 Barrel pro Tag im ersten Quartal geliefert würden.

Der Rohölpreis dürfte die Woche nach der OPEC+-Achterbahnfahrt mit einem flachen Ergebnis beenden, nachdem er aufgrund von Signalen eines zunehmenden Angebots außerhalb der Gruppe und wackeliger Nachfrageaussichten seinen zweiten monatlichen Rückgang verzeichnet hatte. Diese Befürchtungen wurden am Donnerstag unterstrichen, als die USA meldeten, dass die Rohölproduktion des weltweit größten Produzenten im September ein Rekordhoch von 13,2 Millionen Barrel pro Tag erreichte.

Unterdessen erklärte Brasilien, das zum Anstieg des weltweiten Angebots beigetragen hat, dass es im nächsten Jahr der Kooperations-Charta der OPEC+ beitreten werde, sich aber vorerst nicht an Produktionskürzungen beteiligen werde.

Das Ergebnis des Treffens ist ein „bittersüßer Sieg“ für Saudi-Arabien, da seine Unfähigkeit, eine gruppenweite Vereinbarung zu erzielen, nichts Gutes für die Einheit der Gruppe und ihre Fähigkeit, den Markt auszugleichen, verheißt, so Jorge Leon, Senior Vice President of Oil Market Research bei Rystad Energy, in einer Notiz. In der ersten Jahreshälfte dürfte es aufgrund der Förderkürzungen zu einem Angebotsdefizit von etwa 400.000 Barrel pro Tag kommen, und Brent dürfte in den kommenden Monaten zwischen 80 und 85 Dollar pro Barrel gehandelt werden, sagte er.

FMW/Bloomberg



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2 Kommentare

  1. Öl-Allianz OPEC+-Generalsekretär Haitham al-Ghais ist aufgerufen(,)den, wie man so schön sagt, „Laden Öl-Allianz OPEC+“ zusammenzuhalten. Dies gilt auch im Zusammenhang mit dem designierten Öl-Allianz OPEC+-Kooperations-Charta-Mitgliedsland Brasilien. Hierbei muß es auch dabei bleiben, daß die Öl-Allianz OPEC+ und die US-Texas-Ölindustrie/ExxonMobil ein Gleichgewicht im Ölgeschäft bilden.

    1. Brasilien beabsichtigt als designiertes OPEC+-Kooperations-Charta-Mitglied energie- und rohstoffpolitisches Durcheinander.

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