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Neuer Plan zur Rentensicherung schützt nicht vor dem Kollaps Rente: Ampel-Koalition will 200 Milliarden in Aktien investieren

Bund will das Rentensystem reformieren und bis 2036 dazu auch massiv in Aktien investieren.

Bild: pvproductions | Freepik
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Die Ampel-Koalition hat Pläne zum „Rentenpaket II“ veröffentlicht, mit dem die Finanzierung der Rente in Deutschland längerfristig gesichert werden soll. Dazu zählt auch ein Fonds für Investitionen in Aktien, der bis zum Jahr 2036 einen Wert von ca. 200 Milliarden Euro erreichen soll.

Ampel-Koalition plant auch Kauf von Aktien auf Kredit

Der staatliche Rentenfonds, der von einer unabhängigen öffentlichen Stiftung verwaltet werden soll, wird gemäß der Pläne der Regierung sowohl durch Kredite der Bundesregierung als auch durch Erlöse aus dem Verkauf staatlicher Beteiligungen gespeist.

Die Gewinne aus dem gigantischen Investment in Aktien sollen nach Angaben von Bloomberg News ab dem Jahr 2036 in die Kassen der gesetzlichen Rente fließen und dazu beitragen, die Zahlungen mindestens bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts (bis zum Ende der 2030er-Jahre) stabil bei 48 Prozent des letzten Einkommens zu halten.

Gleichzeitig sollen so die Arbeitnehmer und der Bundeshaushalt entlastet werden. Im Jahr 2022 finanzierte der Bund die Rentenversicherung mit rekordhohen 81,024 Milliarden Euro bzw. rund 30 Prozent der Rentenausgaben. Die Zuschüsse werden nach Meinung von Finanzminister Christian Lindner (FDP) in den kommenden Jahren weiter steigen.

Bund finanziert gesetzliche Rente 2022 in Deutschland mit rekordhohen 81 Mrd. Euro

Geplant ist, dem Rentenfonds mit dem Namen „Stiftung Generationenkapital“ jährlich ca. 10 Milliarden Euro an frischem Kapital zuzuführen. Die Stiftung soll ihr Vermögen am Kapitalmarkt anlegen und die jährlichen Erträge an die Rentenkasse überweisen. Damit sollen Beitragseinnahmen ersetzt sowie der Beitragssatzanstieg gebremst werden.

Das „Generationenkapital“ rettet die Rente nicht vor dem Kollaps

Finanzminister Christian Lindner und Arbeitsminister Hubertus Heil präsentierten die Vorschläge zum Rentenpaket II am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Berlin. Sie sind Teil der Bemühungen der Ampel-Koalition, das deutsche Sozialversicherungssystem an die alternde Bevölkerung anzupassen.

„Das System muss auch für zukünftige Generationen gerecht bleiben“, sagte Lindner laut Bloomberg gegenüber Reportern. „Das hätten wir schon vor 20 Jahren tun sollen.“

Er beklagte außerdem, dass Deutschland das Potenzial der Kapitalmärkte für die Finanzierung der Rente zu lange ignoriert habe. Das soll sich nun durch Investitionen auch in Aktien ändern.

Bisher wurden Beiträge in das Rentensystem direkt zur Finanzierung laufender Ausgaben verwendet. Das bedeutet, dass Beitragszahler keine eigenen Rücklagen bilden, sondern Auszahlungen für die aktuelle Rentnergeneration finanzieren.

Die Fonds-Gesellschaft Fidelity Investments nennt den Entwurf in einem ersten öffentlichen Statement „Flickwerk“. Ein Schritt in die Richtige sei immerhin die Aufstockung des Generationenkapitals auf 200 Milliarden Euro bis Mitte der 2030er-Jahre und der Einstieg in eine partielle Kapitaldeckung. Dies begrüßen wir ausdrücklich.“

Der Gesamteindruck von Fidelity zur Reform der Rente fällt gleichwohl ernüchternd aus: Eine Lösung der Finanzierungslücke ist dies allerdings nicht. Um die zusätzlichen Kosten zu decken, müsste der Kapitalstock ein Vielfaches der 200 Milliarden Euro sein (laut Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft: 877 Mrd. Euro bis 2035).“

Somit würde eine Finanzierungslücke von ca. 677 Mrd. Euro bis Mitte der Dreißigerjahre verbleiben. Daher müssten wir laut Fidelity „… umgehend weitere Maßnahmen ergreifen, um das Rentensystem vor dem Kollaps zu retten. Dazu zählt auch, die Altersvorsorge breiter aufzustellen und die betriebliche sowie die private Altersvorsorge attraktiver zu gestalten.

Keine Beitragserhöhungen, keine Rentenkürzungen

Nach aktueller Gesetzeslage darf der Rentenbeitrag der Arbeitnehmer bis zum Jahr 2025  20 Prozent des Bruttolohns nicht übersteigen. Ab dem Jahr 2025 wären höhere Beiträge zur gesetzlichen Rente möglich.

Die Rentenreform soll durch die partielle Kapitaldeckung, auch in Aktien, stark steigenden Beiträgen entgegenwirken und noch vor dem Sommer verabschiedet werden. Arbeitsminister Hubertus Heil betonte, dass man im Zuge des Rentenpakets II weder die Zahlungen kürzen noch das Renteneintrittsalter anheben wolle.

Renten-Fonds unterdimensioniert

Um den Beitragssatz bis 2035 stabil bei 21,1 Prozent zu halten, wären statt 200 Mrd. Euro ca. 877 Milliarden Euro nötig. Um den Beitragssatz für die Rente auch in den Folgejahren stabil zu halten, bedarf es noch mehr Kapital.

In diesem Jahr will die Bundesregierung die erste Tranche in Höhe von 12,5 Milliarden Euro an die Stiftung Generationenkapital überweisen und zum Teil auch in Aktien investieren. Bleibt es bei den bislang geplanten Einzahlungen des Bundes in den Fonds, hätte dieser bis zum Jahr 2035 gerade einmal 177 Mrd. Euro eingesammelt. Bei einer Rendite von 3 Prozent wären es 223 Milliarden Euro.

Mehr Kapital könnte also nur durch eine höhere Rendite zur Verfügung stehen. Mit höheren Renditechancen sind bekanntermaßen i. d. R. auch höhere Anlage-Risiken und eine geringere Liquidität verbunden. Der goldene Wurf zur Lösung des Demografie- und Einwanderungsproblems der gesetzlichen Rentenkasse ist auch diese Rentenreform somit nicht.

FMW/Bloomberg



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6 Kommentare

  1. Moin, moin,

    es ist doch kein Geld vorhanden in der Staatskasse, aber 200 Mrd. ausgeben wollen. So würden auf Pump 200 Mrd. in womöglich Wirecard etc. „investiert“ werden und dann? „Investition“ geht gegen Null, aber die 200 Mrd. Schulden (Pardon, „Sondervermögen“). Wie hoch wäre der Kapitaldienst für die 200 Mrd. Euro vs. Dividenden der Aktien? Eine meiner Grundregeln für die Börse, nie etwas auf Pump investieren, sondern nur aus Eigenkapital (=Oldschool).

    Vielleicht sollte man einmal schauen, ob jeder der hier in die BRD einreist eine BRD Rente erhalten sollte. Und außerdem muss man nicht X Mrd. im Rest der Welt verteilen und dann überlegen wie man die Rentenlücke schließen will. So ein staatlicher Blödsinn, wieder einmal mehr.

  2. Da kann man nicht meckern.
    In Spanien und in Österreich gibt es sogar 14 Monatsrenten im Jahr.
    Da spanische Rentner keine Krankenkassenbeiträge zahlen müssen, wäre das nocheinmal der Gegenwert von etwa 2 Monatsrenten im Jahr.
    Was läuft da in Deutschland anders/falsch.

    Schau dir „Renten-Sensation: 8,3 Prozent Rentenerhöhung bei 13. Monatsrente!“ auf YouTube an

    https://youtu.be/ollzZhQr8BA?si=84anc7YlyYU8CSZQ

    Viele Grüße aus Andalusien
    Helmut

  3. Hallo asyoulike,

    was meinen Sie wohl was passiert, wenn tatsächlich ein erheblicher Kapitalstock entstehen würde, und eine zukünftige Bundesregierung benötigte dringend einige hundert Milliarden.
    Natürlich würde man es sich nur „ausleihen“ und „garantiert“ wieder zurückzahlen. Alles natürlich abgesichert mit Staatsanleihen.
    Genau wie die Deutsche Einheit zu einem erheblichen Teil aus den Sozialkassen finanziert wurde, wird dann der Kapitalstock „ausgeliehen“.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  4. Jeder sollte nur soviel gesetzliche Beiträge in die bestehenden Rentenkassen zahlen müssen, damit es für die Grundsicherung im Alter reicht. Wer mehr Rente im Alter haben möchte, kann dann ja privat vorsorgen.
    Dann würde der Beitragszahler auch einmal merken, welche Summen mindestens eingezahlt werden müssen, damit überhaupt eine Rente zusammenkommt, die der Grundsicherung entspricht.

  5. Echt jetzt? Für die € 200 Mrd. kann man SAP kaufen, mehr aber auch nicht. Aus dem Kapitalstock lassen sich dann zurzeit jährlich ca. € 2 Mrd. (SAP) für die Rentenkasse generieren. Vielleicht auch mal das Doppelte. Das reicht gerade mal für die Pensionsansprüche der Gleichstellungsbeauftragten des Bundes und der Länder. Die haben wirklich keinen Plan.

  6. Die Hälfte von dem ganzen Kapitalstock muss doch heute schon jedes Jahr den Rentenauszahlungen zugeschossen werden, damit sie nicht an den versicherungsfremden Leistungen die aus der Rentenkasse seit vielen Jahrzehnten gezahlt werden, pleite gehen.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

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