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Auffällige Handelsdaten Sanktionen gegen Russland umgehen? Handel mit Nachbarn boomt

Die westlichen Warenströme nach Russland sind wegen Sanktionen deutlich gesunken, in Russlands Nachbarstaaten aber deutlich gestiegen.

Russland ist seit Kriegsausbruch vor einem Jahr mit umfassenden westlichen Sanktionen belegt worden (hier ein Überblick der EU-Sanktionen). Auch wenn die russische Wirtschaft zunehmend an vielen Stellen Probleme spüren dürfte – von Zusammenbruch scheint das Land weit entfernt zu sein. Der Verdacht liegt nahe, dass Russland nicht nur verstärkt benötigte Produkte in China einkauft – sondern auch westliche Produkte über Drittländer importiert. Dazu liegt ein aktueller Bericht vor. Der boomende Außenhandel mit Nachbarländern Russlands könnte laut Bloomberg ein Zeichen dafür sein, dass die verhängten Sanktionen umgangen werden. Diese Befürchtung hegt die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

Die USA und die EU haben Handelsbeschränkungen für fast alle Bereiche der russischen Wirtschaft verhängt und damit die Einfuhr von Luxusgütern bis hin zu Computerchips und Rohstoffen blockiert, die für den Bau von Waffen und den Betrieb der russischen Kriegsmaschine verwendet werden können. Die deutschen Exporte nach Russland fielen laut EBRD von Mai bis Juli letzten Jahres auf 38 % des Durchschnittswerts des gleichen Zeitraums zwischen 2017 und 2019. Dafür haben sich die Ausfuhren nach Armenien fast verdoppelt und nach Kirgisistan mehr als verdreifacht — ein Trend, der auch bei den Warenströmen aus den USA, Großbritannien und anderen EU-Staaten in den Kaukasus und nach Zentralasien zu beobachten ist.

“Dies könnte mit dem Bruch der Sanktionen zusammenhängen”, sagte Beata Javorcik, die Chefvolkswirtin der EBRD, in einem Interview. Sie ergänzte, dass sich die ukrainische Wirtschaft nach einem Einbruch von 30 % im Jahr 2022 in diesem Jahr stabilisieren werde.

Sanktionen gegen Russland umgehen

Im Vorfeld des Jahrestages der Invasion in der Ukraine wird die EU nächste Woche ein zehntes Sanktionspaket gegen Russland verabschieden. Im Rahmen dieses Pakets wollen die Staats- und Regierungschefs der EU Banken zwingen, Vermögenswerte mit Bezug zur russischen Zentralbank zu melden, und weitere 11 Milliarden Euro an Waren durch Handelsverbote und Technologiekontrollen ins Visier nehmen.

Zwar gibt es kein pauschales Embargo für alle Waren, und der Handel mit Russlands Nachbarn wurde nicht eingeschränkt, doch sind große Veränderungen erkennbar. Laut Javorcik könnte dies darauf zurückzuführen sein, dass Unternehmen die ihnen aufgetragene Sorgfaltspflicht gegenüber ihren Geschäftspartnern umgehen wollen. Einige Unternehmen könnten auch Probleme mit der Zahlungsabwicklung haben, sagte sie.

Armenien, Kirgisistan und Kasachstan befinden sich als Mitglieder der Eurasischen Wirtschaftsunion in einer Zollunion mit Russland und Belarus. Für Waren, die in diese Länder exportiert werden, gibt es keine Hindernisse für die Weiterreise nach Russland. Die Ausfuhren nach Russland aus den Partnerländern der Eurasischen Wirtschaftsunion sind im vergangenen Jahr ebenso gestiegen wie die Exporte aus der Türkei nach Russland. Einige der Waren, die über die Grenze gelangen, haben den Verdacht aufkommen lassen, dass Russland zu kreativen Maßnahmen greift, um an Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu gelangen, aus denen auch Waffen wie Panzer und Marschflugkörper hergestellt werden können.

Letztes Jahr hatten europäische Offizielle berichtet, dass Teile von Kühlschränken, Waschmaschinen und sogar Milchpumpen in russischer Militärausrüstung aufgetaucht seien, nachdem die Exporte dieser Produkte in Länder der Kaukasusregion und Zentralasiens stark angestiegen waren. Der Premierminister des EU- und NATO-Mitgliedslandes Lettland, Krisjanis Karins, forderte diesen Monat ein hartes Durchgreifen gegen alle, die versuchen, die Sanktionen zu umgehen.

“Ich denke, es ist sehr wichtig, die Schlupflöcher zu untersuchen”, sagte er am 3. Februar. “Es scheint ziemlich klar zu sein, dass Händler Wege finden, um legal mit Waren zu handeln, zum Beispiel mit der Türkei, Kasachstan oder Armenien, die dann nach Russland geschickt werden, weil diese Länder sich nicht an das Sanktionsregime halten.”

FMW/Bloomberg

Binnenschiff in Duisburg
Binnenschiff in Duisburg. Photographer: Ben Kilb/Bloomberg


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