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Chance und Risiko für Peking Tim Walz: China-Erfahrungen – von Foshan ins Weiße Haus?

Tim Walz China
Foto: Bloomberg

Tim Walz begann seine Reise, die ihn nun womöglich als Vizepräsident der USA ins Weiße Haus führt, als Lehrer im Provinznest Foshan im Süden von China. Diese Erfahrungen haben nicht nur seine Sicht auf die Welt geprägt, sondern könnten auch die zukünftigen Beziehungen zwischen den USA und China beeinflussen.

1989: China, Walz – The Wind of Change

Im Frühling 1989 lag ein elektrisches Knistern in der Luft. Ein Flüstern ging durch die Straßen, vom eisigen Moskau bis in die staubigen Gassen Pekings. In Europa begannen die ersten Risse im Eisernen Vorhang zu erscheinen. Michail Gorbatschow sprach von „Perestroika“ und „Glasnost“ – Wörter, die wie Frühlingsregen die Herzen der Menschen auftauten. In Berlin warfen die Menschen flüchtige Blicke auf die Mauer, die bald fallen könnte. Hoffnung lag in der Luft.

Auch in China machte sich ein ungewöhnliches Gefühl von Zuversicht breit. In den Universitäten und Teehäusern, selbst auf den staubigen Landstraßen der Provinzen, sprach man in gedämpften Tönen von Veränderung. Die Studenten, die Neugierigen, begannen sich zu versameln.

Inmitten dieser aufgeladenen Atmosphäre befand sich Tim Walz, ein junger Lehrer aus den USA, der in Foshan im Südwesten Chinas unterrichtete. Die Schüler, die in Foshan mit fragenden Augen in den Klassenräumen saßen, sprachen plötzlich über Dinge, die schwerer wogen als die Grammatikregeln, die ein gewisser Tim Walz ihnen beizubringen versuchte. Walz, in jenem Sommer nicht nur Englisch-, sondern auch Geschichtslehrer, sah, wie die Träume seiner Schüler von Freiheit durch die Klassenzimmer flogen. Als Lehrer an der Foshan No. 1 High School war er mitten in den sich wandelnden Strömungen eines Landes, das an der Schwelle zu etwas Großem stand.

Doch die Hoffnung erstickte abrupt. Am 4. Juni 1989, als das Tiananmen-Massaker Peking erschütterte, legte sich eine schwere Stille über Foshan. Die Energie, die die jungen Menschen beflügelt hatte, wich einer lähmenden Angst. Die Schüler, die zuvor über Aufbruch gesprochen hatten, blickten nun stumm auf ihre Bücher. Für Walz, der diese Umwälzungen miterlebte, war dieser Tag unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt.

Von China geprägt: Walz Engagement für Menschenrechte und Handelsbeziehungen

Walz beschrieb später seine Entscheidung, in China zu unterrichten, als „eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe“. Nach seiner Rückkehr in die USA sagte er in einem Interview mit einer lokalen Zeitung, dass es „keine Grenzen“ für das gäbe, was die Chinesen erreichen könnten, „wenn sie die richtige Führung hätten“. Er betonte auch, wie freundlich, großzügig und fähig die Menschen in China seien.

Seine Erfahrungen prägten nicht nur seine Ansichten über China, sondern formten auch seine politische Karriere. Walz besuchte China seitdem über 30 Mal und blieb stets mit den Entwicklungen in der Region verbunden. Besonders engagierte er sich für Menschenrechte: 2017 war er Mitautor des Hongkonger Menschenrechts- und Demokratiegesetzes und unterstützte im US-Repräsentantenhaus eine Resolution, die die Zensur der Ereignisse von 1989 durch die chinesische Regierung verurteilte.

Seine Verbindung zu diesem schicksalhaften Datum zeigte sich auch in seiner persönlichen Lebensgeschichte. Am 4. Juni 1994 heirateten Walz und seine Frau Gwen. Gwen sagte in einem Interview, dass „er ein Datum wollte, an das er sich immer erinnern würde“. Diese Verbindung zwischen seiner persönlichen und politischen Geschichte zeigt, wie tief die Ereignisse von 1989 seine Sichtweise auf die Welt beeinflussten.

Nach seiner Rückkehr in die USA setzte Walz seine Karriere im Bildungswesen fort und engagierte sich zunehmend politisch. 2006 wurde er in das US-Repräsentantenhaus gewählt und vertrat den 1. Kongressbezirk von Minnesota. Während seiner Zeit im Kongress setzte sich Walz für verschiedene Themen ein, darunter Veteranenangelegenheiten, Bildung und Landwirtschaft.

Sein Interesse an China blieb ungebrochen. Walz war Mitglied der Congressional-Executive Commission on China, die sich mit Menschenrechtsfragen und der Rechtsstaatlichkeit in China befasst. In dieser Rolle traf er sich regelmäßig mit Aktivisten und setzte sich für die Rechte der Menschen in China ein.

2018 wurde Walz zum Gouverneur von Minnesota gewählt, wo er sich für internationale Handelsbeziehungen einsetzte. Er betonte die Bedeutung dieser Beziehungen, insbesondere zu China, für die Wirtschaft seines Bundesstaates und sprach sich für faire Handelspraktiken aus.

Trotz seiner Bewunderung für das chinesische Volk blieb Walz realistisch. In einem 2016 veröffentlichten Interview sagte er: „Ich denke, die Idee war, dass eine freie Marktwirtschaft zu einer größeren Öffnung des chinesischen Griffs auf das soziale Leben und die Menschenrechte führen würde. Das ist einfach nicht passiert.“

Michael Sobolik vom American Foreign Policy Council bemerkte dazu: „Das chinesische Volk ist nicht Amerikas Feind, und Walz versteht diese grundlegende Realität. Aber er scheint übermäßig optimistisch zu sein, was den Kampf mit der Kommunistischen Partei Chinas betrifft.“

Walz: Chance und Risiko für Peking

Dass Kamala Harris ausgerechnet Tim Walz als ihren Vizepräsidentschaftskandidaten vorgeschlagen hat, zeigt, wie sehr sie auf seine einzigartige Perspektive und sein Verständnis von China setzt. Mit Walz hätte das Weiße Haus zum ersten Mal einen Vizepräsidenten, der China nicht nur aus Berichten und Analysen kennt, sondern das Land selbst erlebt hat. Walz’ unzählige Besuche und tiefgehenden Erfahrungen verleihen ihm ein einzigartiges Verständnis für die Dynamiken und Herausforderungen des Reichs der Mitte.

Diese Nähe ist für China sowohl Chance als auch Risiko. Die chinesische Führung bekäme einen Gegenüber, der ihre kulturellen Nuancen und historischen Wurzeln kennt und der als Geschäftsmann und Politiker die Feinheiten diplomatischer Beziehungen schätzt. Doch gleichzeitig könnte Walz weniger empfänglich für die taktischen Täuschungen sein, mit denen die chinesische Regierung in der Vergangenheit amerikanische Führer beeinflusst hat.

Geprägt von den Ereignissen des Jahres 1989, bleibt Walz kritisch gegenüber der Rhetorik, dass Menschenrechte in China anders zu bewerten seien als im Rest der Welt. Er hat selbst erlebt, wie die wirtschaftlichen Reformen von Deng Xiaoping bis Hu Jintao dem Land eine neue Stärke verliehen haben. Walz wird Xi Jinping wahrscheinlich daran erinnern, dass diese Offenheit und Reformbereitschaft China bis 2019 zu einer globalen Macht gemacht haben – und dass eine Rückkehr zu ideologischen Fesseln die Fortschritte, die das Land gemacht hat, gefährden könnte.

Walz bringt eine tiefe Verbindung zu China mit, die aus realen Erfahrungen und nicht aus abstrakten Theorien entstanden ist. Diese Verbindung könnte ihn zu einem einzigartigen Vermittler zwischen den USA und China machen, aber auch zu einem unnachgiebigen Verfechter von Werten, die er als unverzichtbar erachtet. China wird es schwer haben, ihm die wahren Konsequenzen seiner innenpolitischen Entscheidungen zu verschleiern – und genau das könnte Walz zu einem der wichtigsten Akteure in den zukünftigen Beziehungen zwischen den beiden Supermächten machen.



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4 Kommentare

  1. Das ist „Nonsens“, Walz ist so „links“, da kann sich Berni Sanders in die Ecke stellen und wenn man Walz „näher betrachtet“, wer seine „Förderer und Geldgeber“ sind und waren, da müsste „fast“ jedem ein „Licht“ aufgehen

    1. @Manfred Wustling
      Einem ist bereits ein Licht aufgegangen: Dem stabilen Genie und Märtyrer „The Donald“!
      Er sah bereits ein helles, warmes Licht, und sein schmutziges, korruptes Leben huschte noch einmal im Schnelldurchlauf vorüber 😂

      Muddled Donny scheint langsam aber sicher auch die beiden letzten noch funktionierenden Gehirnzellen zu verlieren.
      Aktuell fabuliert er von einem Hubschrauberflug mit dem ehemaligen Bürgermeister von San Francisco, Willie Brown. Von einem Absturz, der dann nur eine Notlandung war. Naja, jedenfalls habe ihm Brown von schrecklichen Dingen über Kamala Harris erzählt…

      Nur leider weiß Mr. Brown nichts von einem solchen Flug und solchen Erzählungen.
      Und auch sonst niemand.
      Vielleicht war es ja auch 1990 in New Jersey?

      Ein Grund mehr für Insane Donny, die New York Times nun wegen der kritisch hinterfragenden Berichterstattung über seine Hubschraubergeschichten zu verklagen.
      Was diese extremen linken Kommunisten sich aber auch alles erlauben!

      https://www.n-tv.de/politik/Trump-erzaehlt-wilde-Fluganekdote-alle-Beteiligten-widersprechen-article25149414.html

  2. Eine Chance ja.
    Aber bitte nicht mit Werten prahlen. Von unserer Eliten.
    Was hast du? Was? Nur eine Milliarde? Da kannst du von unseren Werten nicht mitreden.
    1 ne Milliarde, so ein kleiner Wicht.
    Wir bestimmen die Werte.
    Ach von menschlichen, für gebüldete Leute, humanen Werten reden Sie. Machen Sie sich doch nicht lächerlich. Das sollen die Untertanen denken, was sie glauben, was sie wollen.
    Mit denen haben wir yyNICHTS ZU TUN.
    KLEINGELD. MILLIONEN.PAH.

  3. Glasnost und Perestroika wurden auf dem Parteitag im Februar 1986 verkündet.

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