Anleihen

Kritische Lage am britischen Kapitalmarkt Fallende UK-Anleihen treiben Bank of England weiter in die Enge

Fallende britische Anleihekurse treiben die Bank of England weiter in die Enge. Die Renditen lagen heute Nachmittag höher als Ende September.

Hochhäuser in der City of London

Der britische Anleihemarkt treibt derzeit die Bank of England vor sich her und offenbar auch in die Enge. So sieht es derzeit aus. Seit dem 28. September hat die Notenbank mehrmals Bekanntmachungen über verschiedene Interventionen verkündet, und man kaufte britische Staatsanleihen gekauft. Man drückt damit die Kurse hoch und senkt die Renditen. Damit verhindert man vor allem, dass stark auf Kredit arbeitende britische Pensionskassen zu große Verluste erleiden, und im Zuge von Margin Calls und Zwangsverkäufen den Bach runtergehen. Das britische Finanzsystem ist derzeit also angeschlagen – nur wie stark, das ist die Frage. Der Markt schaut auf die Renditen für UK-Anleihen und die Reaktionen der Bank of England.

Alleine diese Woche hat die Bank of England an jedem Tag etwas kundgetan. Heute früh kam dank der Financial Times das Gerücht auf, die Bank of England würde ihre bis Freitag den 14. Oktober laufenden Anleihekäufe verlängern, um den Markt weiter zu stützen. Kurz darauf aber mache die Bank of England klar, dass an diesem Freitag wie geplant Schluss ist. Und das bedeutet? Ab Montag, ohne Hilfe der Notenbanker, ist Chaos und Wildwest angesagt? Niemand kann das vorhersehen.

Auf jeden Fall zeigte der Anleihemarkt die letzten Tage, dass die Stützungen der Bank of England verpufft sind. Das ist ein Alarmzeichen. Heute hat die Rendite für die zehnjährigen britischen Staatsanleihen (Gilts) das dramatische Hoch vom 28. September bei 4,57 Prozent überschritten. Heute Nachmittag sah man das Hoch bereits bei 4,64 Prozent – das ist der höchste Stand seit dem Jahr 2008! Auch wenn die Rendite aktuell etwas zurückkommt auf 4,53 Prozent, so bleibt die Lage dramatisch. Man schaue dazu auf den Chart, der bis zum 26. September zurückreicht. In blau sieht man die Rendite auf 10 Jahre, in orange auf 30 Jahre. Die längere Laufzeit stieg heute im Hoch auf 5,10 Prozent – Ende September lag das Hoch bei 5,08 Prozent. Also erreicht auch die lange Laufzeit heute ein höheres Niveau – die Anleihekurse fielen also tiefer als Ende September.

Der britische Schatzkanzler Kwasi Kwarteng lässt die Bank of England aktuell im Regen stehen mit der Aussage, es sei eine Angelegenheit der Notenbank, dass ihre Anleihekäufe am Freitag auslaufen. Er hätte ja beispielsweise auch andeuten können, dass die britische Regierung angeschlagenen Pensionskassen zu Hilfe kommt? Oder sonst irgendetwas Nettes? Aber nein. Nun hat sich die Bank of England heute früh mit ihrem Email-Statement festgelegt, dass die Anleihekäufe am Freitag enden, wie geplant. Eine kurzfristige Kehrtwende würde ihre Glaubwürdigkeit ankratzen. Und muss man möglicherweise weiter steigenden Renditen zuschauen? Oder kann die Notenbank bis Freitag noch mit kräftigen Käufen die Renditen runter drücken? Aber was dann am Montag geschehen wird am britischen Kapitalmarkt, und auch darüber hinaus, das ist die große Unbekannte.

Verlauf der Renditen von britischen Staatsanleihen seit dem 26. September Chart: TradingView



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3 Kommentare

  1. Die Position der Bank of England ist auch verständlich, denn dort befürchtet man das man am Ende doch wieder die berühmte Karte zieht und verpflichtet wird, weil alle auf die BoE setzen und zu unfähig sind es selbst zu tun. Die Regierung und ihr Schatzkanzler müssten dringen umsteuern, und vor allem die schuldenfinanzierten Steuersenkungen kippen. Dazu ist es an den Pensionsfonds ihre Hebelungen aufzulösen, und ihre Risiken in den Griff zu bekommen.

    Ich hatte das heute schon einmal kommentiert: Was Andrew Bailey gesagt hat das die Pensionsfonds ihre Positionen verkaufen/abwickeln müssen ist nicht generell falsch, er hat es nur zu offensiv formuliert.

  2. Nicht nur in England oder Europa, sondern in der ganzen westlichen Welt werden die Menschen erfahren, was die Pensionsversprechen von den Menschen wert ist, die darüber bestimmen können, in welcher Form die Gelder angelegt werden.

    Viele Grüße aus Andalusien Helmut

  3. So ist das eben, wenn sich der Wähler eine Clownstruppe nach der anderen als Regierung zusammenstellt.

    Das ist ein langer Trend in vielen Ländern durch den anhaltenden Wohlstand: geistige Windstille, Dekadenz.

    Ich bin völlig bei Herrn Fugmann: Wir leben von der Substanz. Allerdings ist das schon über 30 Jahre so.

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